Gefangene aus Liebe. Lara Greystone

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Название Gefangene aus Liebe
Автор произведения Lara Greystone
Жанр Языкознание
Серия Unsterblich geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847683582



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wie bittere Medizin.

      Sie erkannte, wie sehr ihr so etwas all die Jahre gefehlt hatte in ihrer wunderschönen, aber einsamen Mühle, inmitten von Feldern.

      „Komm schon, setz dich endlich. Oder soll ich deinem knurrenden Magen eine Sonde verpassen?“, scherzte die Ärztin.

       Arabella stellte ihr den Kaffee hin, setzte sich und meinte zu ihr: „Mann, siehst du geschockt aus. Hast du was anderes erwartet? Heute ist hier Mädelsrunde. Das Ciabatta und die kleinen Brötchen hat mein Schatz Vinz übrigens aus dem Mehl von deiner Mühle gebacken.“

       Wortlos setzte sich Lara an den Tisch, der alles bot, was das Herz begehrte. Aber das Beste war, dass die anderen sie wie selbstverständlich in ihren Kreis aufnahmen. Es war so angenehm, wie in eine warme Badewanne zu steigen, wie gute Freunde zu treffen und nicht, wie „die Neue“ zu sein und am Rand zu stehen.

      Sie lachten und scherzten auch mit ihr, als wären sie alte Freundinnen und säßen in einem Pariser Straßencafé, nicht in einem Vampir-Hauptquartier.

       Nichts und niemand an diesem Tisch war 08/15 und das gefiel ihr umso mehr. Wie sich herausstellte, war ihre Gastgeberin in den 80er Jahren ein Topmodel gewesen.

      Rose, zur Hälfte Spanierin, war eine im Nahkampf versierte Personenschützerin und hatte früher eine eigene Bodyguardagentur.

       Alva hatte sie ja bereits kennengelernt. Sie war die Ärztin, die sich nach ihrem Sprung von der Brücke, durch den sie ohne John gestorben wäre, um sie gekümmert hatte. Ihr charakterstarkes Gesicht mit den typisch nordischen Wangenknochen und einem beinahe kantigen Kinn, wirkte durch die stufig geschnittenen, braunen Haare, die es umspielten, etwas weicher. Ganz nebenbei erfuhr sie, dass Alva seit dem 14. Jahrhundert und durch alle Zeitalter hindurch Heilerin und Ärztin gewesen war.

      Als Schriftstellerin historischer Romane ging die Neugierde mit ihr durch und sie löcherte Alva mit tausend Fragen über das Leben in früheren Zeiten.

       Die Ärztin musste sie mehrmals ans Essen erinnern, sonst hätte sie darüber sogar das Frühstücken vergessen.

      Lara gefiel das herzliche und ehrliche Miteinander.

       Während sie dort am Tisch saß, ging ihr viel durch den Kopf. Die Art, wie diese Frauen miteinander umgingen, ließ keinen Zweifel daran, dass sie nicht nur miteinander scherzten. Sie würden auch ihre Sorgen miteinander teilen und sich bedingungslos beistehen, wenn es hart auf hart kam. Und sie dachte wieder an die fünf leeren Stühle an ihrem Tisch zu Hause.

       Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal Besuch gehabt?

      Als Alva, Rose und Alice sich schließlich verabschiedeten und ihr einen schönen Tag wünschten, hatte sie das Gefühl, in eine große Familie aufgenommen worden zu sein.

       „Ich geh jetzt in die Halle, um zu trainieren, Lara“, meinte Rose beim Gehen. „Damit solltest du auch anfangen, falls du nicht bei Niespulver und Zahnstocher bleiben willst.“

      Lara seufzte. „Das hat also schon die Runde gemacht?“

      Ara grinste sie unverhohlen an. „Jep.“

       „Nettes Angebot“, meinte sie wenig begeistert zu Rose, „aber ich werde Arabella erst mal beim Aufräumen helfen und dann muss ich auch los.“

      Rose sagte nichts, hob jedoch erstaunt eine Augenbraue und warf Ara einen skeptischen Blick zu, bevor sich die Wohnungstür hinter ihr schloss.

       Eine schlimme Ahnung beschlich sie, doch sie versuchte, das zu ignorieren, und machte sich nützlich, reichte Arabella, die am Kühlschrank stand, die Reste des Serrano-Schinkens und die Wurstplatte. Als Ara sie fragend ansah, wurde ihr mulmig und sie lenkte rasch ab: „Übrigens vielen Dank für deinen Einkauf. John wird sich bestimmt freuen.“

      „Nur John? Und was meinst du mit: ‚Ich muss los?‘“

       Nun wurde sie nervös und wich Aras Frage aus: „Endlich bekommt Johns Luxus-Kühlschrank mal eine Aufgabe. Die gähnende Leere hat sich in ein Schlaraffenland verwandelt und alles ist nur vom Feinsten. In welchem Geschäft warst du denn?“

       „Tja, Glück gehabt! Ich konnte nur bei unserem hiesigen Feinkostgeschäft bestellen, denn das ist der einzige Laden, der Lebensmittel auch liefert. Vinz hätte mich sicher nicht allein zum Einkaufen aus dem Haus gelassen und als Vampir kann er tagsüber ja nicht raus.“

      Lara erstarrte mitten in ihrer Bewegung und hätte beinahe den Stapel abgeräumter Rosenthal-Teller in ihrer Hand fallen gelassen.

       „Dieser Vampir lässt dich tagsüber nicht raus? Er sperrt dich hier ein?“

       Während Ara ihr die Teller abnahm und in die Spülmaschine räumte, protestierte sie vehement: „Nein! Glaub mir, ich würde ihm die Augen auskratzen, wenn er das täte! Aber Ramón hat so eine Art schwarze Liste von uns Frauen angelegt und Jagd auf uns machen lassen.“

      „Warum?“

      Ara hörte plötzlich auf, Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, und sah sie todernst an. Ihre Stimme wurde leise.

      „Du warst ihre Gefangene. Du kennst das ‚Warum‘ und weißt inzwischen, was die Kerle mit uns anstellen, wenn sie uns in die Finger kriegen.“

       Lara schluckte. Jedes Wort blieb ihr im Hals stecken. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.

      „Ich – ich kann hier aber nicht bleiben. Ich muss los – sofort!“

      Weil Ara sie verständnislos ansah, ergänzte sie: „Dann müsst ihr eben wieder mein Gedächtnis löschen.“

       Mit einem Schubs ihrer Hüfte schloss Ara die Spülmaschine und meinte: „So einfach ist das dieses Mal aber nicht. Ich glaube, du solltest unbedingt mit John reden.“

      Sie fühlte sich mit einem Mal wie taub, strebte wie von selbst zur Wohnungstür.

       „Warte! Beinahe hätte ich’s vergessen. Ich hab noch eine Glock für dich.“

      „Was ist denn eine Glock?“

       Aber Arabella spurtete schon ins nächste Zimmer. Binnen Sekunden stand sie wieder vor ihr und drückte ihr, mit einem strahlenden Lächeln, eine Pistole und etwas Undefinierbares aus weichem Leder in die Hand.

       „Das ist eine Glock. Sozusagen ein Willkommensgeschenk von Vinz. Eine Safe Action, die sichert sich automatisch.“

      Ara zwinkerte ihr zu. „Damit du dir nicht versehentlich in den Fuß schießt, hat mein Schatz gesagt.“

      Mit einer Leichtigkeit, in der andere Süßstoff aus einer Dose drücken, nahm Ara die Glock noch einmal in die Hand und ließ das Magazin herausgleiten.

       „Und schau mal“, sagte Ara und präsentierte ihr das Magazin, „Ambi, unser Chemiefuzzi, hat dir extra Gaspatronen mit seiner eigenen Mischung gebastelt, speziell gegen Vampire. Das wird dein neues Niespulver. Super, was?“

      Sie hob skeptisch eine Augenbraue. „Selbst gebastelt?“

      „Jep!“

       Arabella schaute sie enthusiastisch an, deshalb ergänzte sie trocken: „Super.“

      „Hey, nicht enttäuscht sein.“

      Das Exmodel stupste sie mit der Schulter aufmunternd an, während sie schon fast nebenbei das Magazin wieder in die Pistole schob.

      „Wenn John dir erst mal ordentlich schießen beigebracht hat, bekommst du natürlich richtige Munition.“

       „Klasse“, erwiderte sie staubtrocken, „dann kann ich mich jetzt ja in Livingstone-Rambo umbenennen.“ Mehr zu sich selbst fügte sie sarkastisch hinzu: „Vermutlich habt ihr auch ein riesiges Waffenarsenal im Keller und einen geheimen, unterirdischen Vampir-Schießstand.“

       Grinsend boxte Arabella ihr leicht in der Schulter: „Was dachtest du denn? Und wo sollen die denn sonst üben?“

      Lara fuhr sich seufzend durch ihre Haare.

      „Wo