Название | Religionsbegründung ohne Erkenntnis Gottes |
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Автор произведения | Xiaolong Zhou |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Tübinger Studien zur Theologie und Philosophie |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772001819 |
Wie bereits ausgeführt wurde, behandelt Kant in der Ersten Analogie. Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz der KrV die Kategorie der Substanz-Akzidenz mit Hilfe der Zeit als Substratum des Wechsels, welches eine Analogie zur Beziehung zwischen Substanz und Akzidenz ist.7 Was die Substanz hier angeht, haben viele Forscher festgestellt, dass sie die Materie ist. Der Absatz, aus dem die Forscher ableiten, dass die Substanz als Materie verstanden werden muss, lautet: „Bei allem Wechsel der Erscheinungen beharrt die Substanz und das Quantum derselben wird in der Natur weder vermehrt noch vermindert.“8 Carl Friedrich von Weizsäcker verbindet diesen Absatz mit Kants Naturuntersuchung.9 Für diese Verbindung hat Weizsäcker viele Argumente: in den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft definiert Kant z. B. das Erste Gesetz der Mechanik wie folgt: „Bei allen Veränderungen der körperlichen Natur bleibt die Quantität der Materie im Ganzen dieselbe, unvermehrt und unvermindert.“10 Dazu erklärt Kant: „nun entsteht und vergeht bei allem Wechsel der Materie die Substanz niemals; also wird auch die Quantität der Materie dadurch weder vermehrt, noch vermindert, sondern bleibt immer dieselbe und zwar im Ganzen“. 11 Gleichzeitig weist Kant im Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen darauf hin: „in allen natürlichen Veränderungen der Welt wird die Summe des Positiven […] weder vermehrt noch vermindert.“12 Diese Absätze geben uns einen Schlüssel, um die Bedeutung der Materie in Kants Metaphysik und Naturforschung zu verstehen.13
Wenn wir feststellen, dass in den oben genannten beiden Zitaten „die Quantität der Materie“ und „die Summe des Positiven“ dieselbe Bedeutung haben, dann können wir daraus ableiten, dass das Positive mit der Materie gleichzusetzen ist. Also bedeutet die Materie das Positive (Realität) und so entspricht bei Kant die Materie metaphysisch der Summe der Realität. Nun prüfen wir dieses Argument in Verbindung mit Kants Naturforschung und seinem metaphysischen Denken in der vorkritischen Zeit.
In der Naturgeschichte veröffentlicht Kant seinen physikotheologischen Beweis von der Existenz Gottes: „Die Materie, die der Urstoff aller Dinge ist, ist also an gewisse Gesetze gebunden, welchen sie frei überlassen nothwendig schöne Verbindungen hervorbringen muß. Sie hat keine Freiheit von diesem Plane der Vollkommenheit abzuweichen. Da sie also sich einer höchst weisen Absicht unterworfen befindet, so muß sie nothwendig in solche übereinstimmende Verhältnisse durch eine über sie herrschende erste Ursache versetzt worden sein, und es ist ein Gott eben deswegen, weil die Natur auch selbst im Chaos nicht anders als regelmäßig und ordentlich verfahren kann.“14 In Kapitel 7 des 2. Abschnittes betont Kant gleichzeitig: „allein die Grundmaterie selber, deren Eigenschaften und Kräfte allen Veränderungen zum Grunde liegen, ist eine unmittelbare Folge des göttlichen Daseins: selbige muß also auf einmal so reich, so vollständig sein, daß die Entwicklung ihrer Zusammensetzungen in dem Abflusse der Ewigkeit sich über einen Plan ausbreiten könne, der alles in sich schließt, was sein kann, der kein Maß annimmt, kurz, der unendlich ist.“15 Gemäß diesen beiden Zitaten kommen wir zum Schluss, dass die Materie der Welt unendlich ist, dass sie sich weder vermehrt noch vermindert. Natürlich entspricht die Materie in der Naturforschung dem Begriff der metaphysischen Materie nicht direkt. Zum Verständnis von Kants metaphysischem Materiebegriff können wir auf die nova dilucidatio verweisen. In PROP. VII der nova dilucidatio wird das Sein Gottes dargestellt. Dieser Beweis ist in zwei Schritte unterteilt: (1) Kant schließt vom Stoff für alle möglichen Begriffe auf das absolut notwendige Wesen und (2) von dem absolut notwendigen Wesen auf das unendliche und einzige Wesen.16 Der Stoff der möglichen Begriffe ist Realität. In PROP. X der nova dilucidatio schlägt Kant vor: „Quantitas realitatis absolutae in mundo naturaliter non mutatur, nec augescendo nec decrescendo.“17 Das bedeutet, dass Gott als Inbegriff aller Realitäten notwendig alle Realitäten enthält. Der Beweis vom Sein Gottes a posteriori in der Naturgeschichte und der Beweis a priori in der nova dilucidatio sind formal unterschiedlich, aber am Ende beweisen sie beide, dass Gott ein ausreichender Grund für die Unendlichkeit und Vielfältigkeit der Dinge sein kann. Aus diesem Grund glauben einige Forscher, dass die beiden Arbeiten grundsätzlich konsistent sind.18 In Bezug auf die Forschungsfrage dieser Dissertation wird daraus abgeleitet, dass die Materie in Kants Naturforschung mit der Realität im metaphysischen Denken verglichen werden kann, oder dass Kants Materie aus metaphysischer Sicht Realität ist und die Realität mit der Möglichkeit der Dinge gleichzusetzen ist.19 Mit anderen Worten, unabhängig davon, wie sich die Form der Dinge ändert, ändert sich die Summe der Möglichkeiten oder Realitäten hinter den Dingen nicht. Wie Kant selbst gesagt hat: „auch wurde in Ansehung der Dinge überhaupt unbegrenzte Realität als die Materie aller Möglichkeit, Einschränkung derselben aber (Negation) als diejenige Form angesehen.“20 Hier ist der Begriff der „unbegrenzten Realität“ dem Inbegriff der Realitäten, der Summe des Positiven gleich, ebenso wie der Quantität der Materie in der Naturforschung, die als Materie aller Möglichkeiten betrachtet wird.
Daraus folgt, dass die Materie der Summe der Möglichkeit oder der Realität entspricht. Jetzt können wir festhalten, dass Gott, wenn er als ens realissimum betrachtet wird, das Substratum für die Materie der Welt ist, und zwar in dem Sinn, dass der Inbegriff der Materie die Summe der Realität bedeutet.
(2) Des Weiteren kann jetzt die Frage beantwortet werden, warum Gott das Substratum der Materie ist. Die Antwort ist einfach: Weil Gott als das ens realissimum betrachtet wird, das doch in Relation zu „dem Inbegriff aller möglichen Prädikate“ steht. Genauer gesagt, ist die Materie der Welt der Inbegriff aller möglichen Prädikate. Aus diesem Grund ist es plausibel, dass Gott mit der Materie der Welt zu tun hat. Dieser Zusammenhang muss noch ausführlicher interpretiert werden.
An dieser Stelle halten wir fest, dass die Materie der Summe (dem Inbegriff) der Realitäten entspricht. Ich habe den folgenden Absatz oben zitiert: „Wenn also der durchgängigen Bestimmung in unserer Vernunft ein transzendentales Substratum zum Grunde gelegt wird, welches gleichsam den ganzen Vorrat des Stoffes, daher alle mögliche Prädikate der Dinge genommen werden können, enthält, so ist dieses Substratum nichts anders, als die Idee von einem All der Realität (omnitudo realitatis). Alle wahren Verneinungen sind alsdann nichts als Schranken, welches sie nicht genannt werden könnten, wenn nicht das unbeschränkte (das All) zum Grunde läge.“21 Hier sehen wir, dass das ens realissimum als Substratum eine Überlagerung aller Realitäten zu sein scheint, so dass andere Dinge als Beschränkungen an diesem Substratum betrachtet werden können. Daher scheint die Beziehung zwischen diesem Substratum und anderen endlichen Dingen die Beziehung zwischen dem Ganzen und dem Teil zu sein. Diese Bedeutung ist am deutlichsten, wenn Kant sagt: „alle Mannigfaltigkeit der Dinge ist nur eine eben so vielfältige Art, den Begriff der höchsten Realität, der ihr gemeinschaftliches Substratum ist, einzuschränken, so wie alle Figuren nur als verschiedene Arten, den unendlichen Raum einzuschränken, möglich sind.“22 Aber ist die Beziehung zwischen allen Dingen und Gott als Substratum wirklich der Beziehung zwischen allen Figuren und dem unendlichen Raum ähnlich?
In Abschnitt 1.2 haben wir darauf hingewiesen, dass das ens realissimum als omnitudo realitatis nicht dem Inbegriff aller möglichen Prädikate gleich ist, weil jenes die abgeleiteten und nicht nebeneinanderstehenden Prädikate ausschließt. Obwohl Kant zu glauben scheint, dass die Beziehung zwischen allen Dingen und Gott eine zwischen dem Teil und dem Ganzen ist, korrigiert er bald seine Meinung: „Die Ableitung aller anderen Möglichkeit von diesem Urwesen wird daher, genau zu reden, auch nicht als eine Einschränkung seiner höchsten Realität und gleichsam als eine Theilung derselben angesehen werden können; denn alsdann würde das Urwesen als ein bloßes Aggregat von abgeleiteten Wesen angesehen werden. […] Vielmehr würde der Möglichkeit aller Dinge die höchste Realität als ein Grund und nicht als Inbegriff zum Grunde liegen und die Mannigfaltigkeit der ersteren nicht auf der Einschränkung des Urwesens selbst, sondern seiner vollständigen Folge beruhen.“23 Daher ist die Beziehung zwischen Gott und allen Dingen die zwischen dem Grund und der Folge und nicht die zwischen dem Ganzen und dem Teil. Das ens