Название | DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis |
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Автор произведения | Daniel Jödemann |
Жанр | Языкознание |
Серия | Das Schwarze Auge |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783963319761 |
»Sicherlich sammeln sich alle, die noch aufrecht stehen, bei Ullbjerns Halle, um die Angreifer zurückzuschlagen.« Der junge Skalde lugte um die nächste Ecke. »Sie haben uns auseinandergetrieben wie Wölfe die Schafsherde. Hoffen wir, dass Ullbjern besonnen genug war, sich zurückzuziehen. Seine Halle lässt sich besser verteidigen als die verwinkelten Gassen.«
Sie wagten es, den Schutz des Langhauses zu verlassen, und eilten weiter – so rasch, wie es Xelias schmerzender Fuß und die Beinverletzung, die Faravid durch die Kentema eines Myrmidonen erlitten hatte, nur erlaubten.
Eine brennende Kugel, einem stürzenden Stern gleich, fiel brüllend vom Himmel, erhellte für einen Moment die umstehenden Häuser und schlug ein Stück weit vor ihnen ein. Schreie hallten heran, neue Feuerbrände loderten gierig fauchend empor.
Xelias verharrte, blickte sich um. »Gibt es noch einen anderen Weg?«
Faravid wies in eine schmale Gasse. »Dort entlang …«
Ein dunkler Schatten mit Flügeln, einem gewaltigen Vogel gleich, fiel auf sie. Xelias packte seinen Begleiter und zog ihn mit sich, in den Schutz einer Hauswand. Der Schatten flog brummend über sie hinweg.
Xelias stützte sich schwer atmend an der Wand ab. »Wo sind die Aldangara?« Er lugte die Straße hinab. Leblose Körper lagen darauf verstreut – nur bei einigen davon handelte es sich um totes Vieh. Die Leichname waren verkohlt und kaum wiederzuerkennen.
»Die Imperja?« Faravids Hand zitterte, als er nach der Wunde an seinem Bein tastete. Immer noch rann Blut an seiner Wade herab.
»Antimelia hat uns Truppen ihres Hauses versprochen. Wir brauchen ihre Soldaten.«
»Wenn du mich fragst, war das ein Trick – eine Täuschung, damit wir uns sammeln und hier auf die Imperja warten. Bestimmt wollte sie sogar verhindern, dass zu viele Leute Jurga über das Meer folgen.« Er winke Xelias. »Gehen wir.«
Sie hasteten zwischen den Langhäusern hindurch. Weiter vorne erhob sich auf einem Hügel im Zentrum von Hjaldingafjord die Halle von Ullbjern Eirikssun. Doch das gewaltige Reetdach stand nun in hellen Flammen, nur die gekreuzten goldenen Drachengiebel ragten noch daraus hervor und trotzten dem Feuer.
Xelias trat hinter Faravid ins Freie.
»Firns Speer!«, stieß der Skalde aus.
Tote und Verletzte säumten die Wege, die zur Halle führten. Myrmidonen in glänzenden Panzern, über denen kleine Wimpel emporragten, bedrängten die Verteidiger. Immer wieder fiel ein Imperi, gefällt von einer mächtigen hjaldingschen Axt, doch es trat sofort ein anderer in die Bresche, die Kentema in beiden Händen.
Inmitten der verbissen streitenden Hjaldinger stand Ullbjern Eirikssun, Hersir der Groa-Sippe, die mit goldenen Knotenbändern versehenen hohen Tore seiner Halle im Rücken. Er schwang Laujakweldiz mit einer solchen Leichtigkeit, als hätte die Schlacht gerade erst begonnen und würde nicht bereits seit einem halben Tag toben. »Rondris’ Kralle!« Die Flammen glänzten auf den mit silbernen Bändern verzierten Klingen der Doppelaxt und auf den goldenen Armreifen an seinen mit unzähligen Runen übersäten Armen, von denen jede von einem bezwungenen Gegner oder einer erfolgreichen Seefahrt kündete. Wann immer Laujakweldiz herabfuhr, spaltete sie einen Schädel, trennte einen Arm vom Leib eines Myrmidonen oder verpasste einem bemalten Insektenpanzer eine furchtbare Delle. Und jedes Mal gellte Ullbjerns Schlachtruf über die Kämpfenden hinweg: »Groa!«
Xelias starrte den Hersir einige bange Herzschläge lang reglos an.
»Er wird sie alle eigenhändig erschlagen!«, stieß Faravid hervor.
Xelias’ Blick fiel auf eine zusammengekrümmte Gestalt, die an der Ecke eines Langhauses hockte. Ein Vargaz stand über ihr. Das Fell des Halbwolfs war struppig und Blut glänzte darin im Feuerschein.
Xelias’ Herz machte einen Sprung. »Firnvild!« Er hastete auf sie zu.
Wrekar, der Vargaz, wirbelte herum. Seine blutbesudelten Lefzen enthüllten seine Zähne.
Xelias schrak zurück und hob hastig die Hände. Der Halbwolf gab ein warnendes Grollen von sich, das tief aus seiner Kehle aufstieg.
Firnvild regte sich nicht. Ihr Speer lag neben ihr, Blut sickerte aus einer Wunde an ihrer Seite. Ihr sommersprossiges Gesicht war geschwärzt, ihre Augen geschlossen. Ein Verband war fest um ihre Wade geschlungen.
Xelias’ Brust zog sich zusammen wie eine kalte Faust, die ihn packte. »Firnvild?« Er wagte es, einen weiteren Schritt zu machen.
Der Halbwolf setzte zum Sprung an.
»Wrekar, nein!« Firnvild sah auf und hob die Hand. Ihre Stimme war rau und bebte. »Nein!«
Der Vargaz wandte sich ihr sofort wieder zu, schnupperte kurz an ihrer zitternden Hand, dann leckte er sie winselnd ab.
Xelias wagte es, neben ihr niederzuknien. Auch Faravid trat näher, ließ den Halbwolf aber nicht aus den Augen.
Erschrocken griff Xelias nach ihrer Wunde. »Du bist verletzt!«
Ullbjerns Tochter stieß seine Hand beiseite. »Dachte, du bist schon längst weggerannt«, presste sie hervor und verzog schmerzerfüllt das Gesicht.
Ein Kommando hallte laut von den Langhäusern wider. Die Myrmidonen wichen zurück, sammelten sich und schlossen ihre Reihen. Dutzende ihrer Kameraden blieben leblos liegen.
Der Hersir reckte grimmig Laujakweldiz empor – die ›Löwendämmerung‹. »Habt ihr denn schon genug, ihr Kindsfäuste? Ich werde gerade erst warm!«
Hinter ihm nährten sich die Flammen an seiner Halle, fraßen sich durch das alte Holz, das vielen Generationen seiner Familie ein Zuhause gewesen war. Fünf weitere Frauen und Männer standen immer noch aufrecht, wenn auch schwer atmend, aus unzähligen Wunden blutend und kaum in der Lage, ihre Waffen zu heben. Xelias erkannte Serkaz unter ihnen, den breitschultrigen Krieger mit dem zu Zöpfen geflochtenen roten Bart, der fast ebenso viele Kriegerrunen trug wie Ullbjern.
Die Myrmidonen regten sich nicht. Wie Statuen standen sie da, der Feuerschein spiegelte sich auf ihren Rüstungen wider.
Der Hersir der Groa spuckte verächtlich aus. Mit den Flammen hinter ihm erschien sein Haar mehr als jemals zuvor wie die Mähne eines Löwen. »Kehrt besser zu eurem dreiäugigen Kuninga zurück, solange ihr das noch mit erhobenem Haupt tun könnt!«, schleuderte er den Soldaten entgegen. »Sagt ihm, dass Ullbjern Eirikssun noch immer steht, dass er Havars Axt trägt und niemanden passieren lässt, der die Halle seiner Ahnen betreten will! Er muss schon selbst herkommen und sie sich holen, wenn sie ihm so wichtig ist!«
Die Myrmidonen blieben stumm, die Kentemen in Händen und ihre Spitzen auf die schwer atmenden Hjaldinger gerichtet. Auf ein knappes Kommando hin öffnete sich ihre Formation. Sie bildeten eine Gasse.
Wrekar, der Vargaz, knurrte.
Drei weitere Krieger schälten sich aus dem Rauch hervor. Sie überragten die imperialen Soldaten um mehr als einen Schritt. Sie bewegten sich geschmeidig, lediglich leichte Rüstungen schützten ihre muskulösen Leiber. Ihr rotgoldenes Fell, durchzogen von schwarzen Streifen, glänzte matt im Feuerschein. Unruhig peitschten ihre Schwänze den Boden.
Xelias hatte noch nie einen mit eigenen Augen gesehen, doch es gab keine Zweifel daran, womit sie es zu tun hatten. Sein Mund war staubtrocken. »Tighrir«, stieß er hervor. Er wagte es nicht, seine Stimme zu erheben. »Die Tigergarde des Thearchen!«
Faravid duckte sich hastig hinter die Hausecke. »Die was?«
»Tighrir«, zischte Xelias. Er suchte nach dem richtigen Begriff im Hjaldingschen. »Tigramaniz!«
Die drei Tighrir passierten gelassen das Spalier, das die Myrmidonen gebildet hatten. Die Soldaten blickten stumm geradeaus. Die Tigergestaltigen trugen Schwertlanzen. Blut klebte an den Klingen und an ihren Rüstungen. Ihre Brustplatten zierten drei Augen auf schwarzem Grund – das Zeichen des Hohen Hauses, dem der Thearch angehörte.
Ullbjerns