Название | DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis |
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Автор произведения | Daniel Jödemann |
Жанр | Языкознание |
Серия | Das Schwarze Auge |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783963319761 |
»Es wird nicht zu einer Schlacht kommen«, widersprach Jurga scharf. »Ich bin hier, um euch den Weg in das neue Land zu zeigen. Nicht, um euch vorzuschreiben, wie ihr eure Sippen zu führen habt. Vertraut meinem Schutzgeist und er wird euch retten.«
Gautaz hob amüsiert die Brauen.
»Du bist dir sicher, dass Land auf der anderen Seite des Ozeans wartet?« Das war Alsvinn, der Hersir der Hallaz-Sippe. Er war mit seinen Schiffen erst am Morgen dazu gestoßen. »Niemand von uns zieht in Hraiwagard ein, wenn wir auf dem Meer sterben.«
»Die Götter werden uns beistehen!«, rief jemand von weiter hinten aus der Menge.
»Götter«, schnaubte Katla. »Welche Götter? Effar? Er ließ uns gegen die Hrangadiener im Stich, als sie unsere Ottas mitsamt ihren Besatzungen in die Tiefe rissen! Rondris, Agiz oder Khorraz kamen uns ebenfalls nicht zu Hilfe.«
Andere nickten zustimmend. Selbst Gautaz verzog verächtlich das Gesicht, ehe er einen Schluck aus seinem Trinkhorn nahm.
»Mein Schutzgeist lässt uns nicht im Stich«, versicherte Jurga der Runde. »Und wenn wir uns auf ihn, und auf Drawina verlassen, auf unsere Stärke und unseren Zusammenhalt, dann erreichen wir unser Ziel.«
Niemand in der Halle widersprach.
Jurga starrte ins Feuer. »Ich habe es deutlich gesehen, er hat es mir wieder und wieder gezeigt: Eis – ein weites, graues Eismeer, und jenseits davon das neue Land – eine neue Heimat, die nur auf uns wartet.« Sie fing sich wieder. »Ihr alle wisst, was zu tun ist: Jede Sippe ist für den Schutz der Frachtschiffe zuständig, die mit ihr reisen. Die Sippen, die kein eigenes Drachenschiff mit Kriegern stellen, teilen ihre Schiffe auf die Übrigen auf. Die Runaleudi«, sie wies auf Thidrik, »teilen sich ebenfalls, so gut es geht, auf die Ottas auf. Wenn einer Sippe mehrere Runaleudi angehören, unterstützt sie weniger begünstigte Sippen, indem sie ihnen einen Runaman oder eine Runakwena abgibt.«
Vardur musterte den Zauberer, der stumm hinter Jurga stand, sein Gesicht reglos und nicht zu lesen. Seinen Stab aus dunklem, knorrigem Holz hielt er in der Rechten.
»Gibt es sonst noch etwas?« Jurga sah in die Runde. »Wenn ja, dann sprecht es jetzt aus.«
Solweig räusperte sich. »Ich möchte sprechen.«
Jurga setzte sich.
Die alte Hersirin lächelte wehmütig. »Auch wenn es mich schmerzt, auch wenn ich mir nichts sehnlicher wünsche, als das Eiwara zu überqueren, das neue Land auf der anderen Seite des Meeres zu sehen und unter meinen Füßen zu spüren, bin ich doch zu alt, um dieses Abenteuer auf mich zu nehmen. Ich kann zwar noch eine Axt heben und das Ruder packen, aber wenn ich es gegen einen Feind führen soll oder in einem Sturm den Kurs halten muss, reicht meine Kraft nicht aus.«
Gemurmel setzte ein. Katla schüttelte den Kopf. »Du bist weise und dein Ratschlag ist mehr wert als zehn starke Hände, Solweig. Du wirst das neue Land erreichen und du wirst dabei zusehen, wie deine Enkel dort zu Frauen und Männern heranwachsen.«
Die Umstehenden nickten zustimmend. Jurga senkte den Blick.
Die Hersirin der Isleif schmunzelte. »Ich danke euch für euer Vertrauen, aber der Entschluss ist gefasst. Ich spreche nicht nur für mich, sondern für alle, deren Hände nicht mehr stark genug sind, deren Augenlicht nicht mehr ausreicht. Für alle, die mehr eine Last als eine Hilfe sind, und diejenigen, die ohnehin nicht mehr viele Winter sehen werden. Ich spreche auch für alle, die nach den Kämpfen immer noch mit Wunden dahinsiechen.« Sie erhob sich langsam. Ihre Hand zitterte, doch sie stand aufrecht und ihr Blick war fest. »Wir bleiben und kehren in die Erde zurück, in der auch unsere Vorfahren ruhen. Gebt unsere Plätze auf den Schiffen Vieh und Wasserfässern. Noch nie, nicht seit Yoldras Zeiten, fiel eine Hjaldingerin ihrer Sippe weiter zur Last, wenn sie zu alt, schwach oder krank wurde. Nicht, wenn sie so das Überleben ihrer Familie sichern kann. Heute ist nicht der Tag, an dem wir mit diesem Brauch brechen.« Sie stockte. »Die Isleif werden meinen Nachfolger wählen – jemanden, der die Sippe in das neue Land führt. Wenn die Imperja hier eintreffen, werden sie nur brennende Häuser und Tote vorfinden, die lächelnd und in dem Wissen aus dem Leben geschieden sind, dass ihre Sippen weiterleben. Dass ihre Taten in den Sagas weiterleben, die ihr in der neuen Heimat singen werdet.« Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich habe nur einen Wunsch: Wenn ihr mich dereinst in Hraiwagard wiederseht, berichtet mir vom neuen Land und wie es meinen Enkeln ergangen ist.«
Für einen Moment herrschte Stille. Nur das Knacken der Holzscheite war zu hören. Dann erhob sich Solwa und nickte der alten Hersirin zu. »Die Sagas werden von eurem Opfer berichten. Eure Namen und Taten werden nicht vergessen.«
»Eine kluge Entscheidung«, brummte Gautaz und nippte an seinem Trinkhorn. »Nur die Jungen und Starken haben Aussicht, bei einem solchen Unternehmen zu überleben. Die Alten wären nur Ballast.« Er sah zu Katla und Odda hinüber.
Die Hersirin der Gunna runzelte die Stirn, dann trat Entsetzen in ihr Gesicht. »Gautaz Dagurssun, wenn du damit sagen willst …«
»Du hast die weise Solweig gehört«, brummte der Hersir der Aasa, »zweifelst du ihre klugen Worte etwa an? Auch die Alten meiner Sippe werden zurückbleiben und ich werde ihr Opfer ehren.«
Katla sah zu Odda. Sie rang mit sich.
»Verzeiht mir.« Jurga erhob sich. »Das sollte nicht in dieser Runde besprochen werden. Darüber hinaus«, sie warf Vardur einen Blick zu, »sind wir im Haus der Havar lediglich zu Gast. Überlassen wir ihnen wieder ihre Halle und klären alles Weitere im Freien, innerhalb unserer Sippen.«
Der Raum leerte sich. Katla trat zu Odda, die ihr mit versteinertem Gesicht entgegensah. Gautaz beobachte dies mit einem selbstzufriedenen Grinsen, ehe er sich abwandte und hinaustrat. Hrok folgte ihm wie ein Hund dem Herrn.
Nur die Mitglieder der Havar-Sippe blieben zurück: Horm Ohnehand und dessen Gefährtin Arnthrud. Vardurs Onkel Otur und die Heilerin Esa. Die kluge Yoldra, die erfahrenen Krieger Fridgerd und Eindridi. Erla, die das Ruder der Thurehs übernehmen sollte. Auch Wulfaz’ Schwester Mardal, die selbst erblindet als eine der wenigen Saithaleudi noch von Nutzen für die Sippe sein würde, blieb zurück. Sie war inzwischen alt genug, um im Hjalding zu sprechen.
Natürlich vermisste er auch Gesichter und das schmerzlich: Ingjald und Wulfaz, deren Verlust er niemals überwinden würde, ebenso wenig wie den seiner Großmutter Salbjerg. Er würde viel dafür geben, wäre sie noch am Leben und könnte die Havar selbst nach Osten führen. Er vermisste Hjaldvaig, die immer an ihn geglaubt hatte, sowie Urdrun und Arinbjern. Weniger vermisste er Snevar und Swartaz, auch wenn er dieser Tage keinem seiner Sippe den Tod wünschte. Es gab schon so wenige von ihnen und noch weniger würden im neuen Land ankommen – wenn überhaupt.
Solwa trat neben den Sitz des Hersirs und winkte ihn näher. Ein Gedanke zuckte durch Vardurs Kopf: Das ist die letzte Gelegenheit. Wenn ich mich jetzt umdrehe und sie alle verlasse, sind sie vor mir sicher – vor meinem Fluch. Ich führe dann niemanden mehr ins Verderben.
Sein Blick fiel auf Horm, der ihm aufmunternd zunickte. Natürlich hatte er recht.
Ich bin ein Abkömmling Havars, der sich hoch erhobenen Hauptes dem löwenhäuptigen Uskur stellte. Was würde er sagen, wenn er mich jetzt zögern sieht? Was würde Salbjerg sagen?
Vardur räusperte sich. »Ihr alle wisst, was ich sagen will, also fasse ich mich kurz. Wir haben immer noch keinen neuen Hersir gewählt. Swartaz steht nicht mehr länger zur Wahl. Wenn ich könnte, ich würde meine Großmutter zurückholen, denn es gab seit Havars Zeiten keine bessere Hersirin.«
Die Umstehenden starrten ins Feuer.
»Salbjerg fürchtete den Tag, an dem die Schiffe der Imperja vor der Küste von Eikey erscheinen und Havarskog in Asche und Blut versinkt. Asche können sie gerne haben, und reichlich davon, denn wir hinterlassen ihnen kein einziges Haus, keinen Hof, kein Vieh oder Getreide. Unser Blut erhalten sie jedoch nicht, das tragen wir mit