Rebellen gegen Arkon. Hans Kneifel

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Название Rebellen gegen Arkon
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan: Traversan-Zyklus
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783948675264



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Kuriol bedeutungsschwer. »Der nächste Angriff auf Traversan wird bald erfolgen.«

      »… also müssen wir dem Sonnenkur zuvorkommen!«, platzte Irakhem heraus. »Bevor er weitere Flotten in Marsch setzt.«

      Irakhem forderte das mit der Risikofreude des jungen Heißsporns, der er nun mal war. Er war fachlich durchaus kompetent, jedoch keineswegs mit der taktischen und strategischen Erfahrung ausgestattet, die sich altgediente Kommandanten in oftmals schmerzvollen Jahren erworben hatten. Einen gesicherten Sektoral-Stützpunkt anzugreifen war ein Selbstmordunternehmen, vor allem, wenn dies mit einer zahlenmäßig unterlegenen Flotte geschah und die Besatzungen gerade mal auf zwei leidlich überstandene Gefechte zurückblickten.

      »Sie scheinen einen Präventivschlag nicht gutzuheißen, Admiral Atlan«, stellte Eshveran on Keithy richtig fest. »Was ist Ihrer Ansicht nach zu unternehmen?«

      »Die Parteien sollten Friedensverhandlungen führen.«

      Alle starrten mich an, als hätte ich soeben behauptet, die Methanatmer stünden mit einer Flotte ihrer Walzenschiffe nur wenige Lichtstunden vor Travs Stern.

      Bist du verrückt?, protestierte der Extrasinn. Traversan hat sich nicht nur gegen den Sonnenkur aufgelehnt, sondern damit auch gegen den Imperator, und das zieht früher oder später Kreise.

       Der Sonnenkur wird sich hüten, sein Versagen vorschnell preiszugeben.

      Alle redeten durcheinander. Mein Hinweis auf Verhandlungen hätte beinahe die Grenzen ihrer Welt zum Einsturz gebracht. Niemand auf Traversan zog ernsthaft in Erwägung, der Sonnenkur könnte nach einer entsprechend dotierten Entschädigung zur Tagesordnung übergehen. Für den Statthalter des Brysch-Sektors ging es jetzt vor allem darum, das Gesicht und zugleich seine Macht zu wahren.

      Nur Tamarena schwieg. Sie musterte mich abwartend, als wisse sie genau, dass mein letztes Wort noch nicht gesprochen war.

      »Wir müssen BRY 24 angreifen!«, verlangte Irakhem. »Ob mit oder ohne Atlan, uns bleibt keine andere Wahl.«

      »Welche Chance hätten Sie, Pal‘athor, eine solche Offensive zu überleben?«, fragte ich ihn, nicht ohne Ironie in der Stimme.

      »Keine schlechte«, antwortete der Kommandeur. »Das hoffe ich zumindest. Wir haben viel von Ihnen gelernt, Atlan.«

      »Viel vielleicht, aber ganz sicher noch nicht genug.«

      Mit einer knappen Handbewegung wischte ich jeden Protest vom Tisch.

      »Was, glauben Sie, geschieht, wenn sich Ihre Schlachtschiffe BRY 24 nähern?«

      Eshveran on Keithy verkrampfte die Hände ineinander. Um seine Mundwinkel zuckte es verhalten. Dennoch hielt er meinem forschenden Blick stand und presste nach einigen Sekunden trotzig die Lippen aufeinander.

      »Unsere Mannschaften werden kämpfen«, behauptete Lesantre bitter. »Sie wissen, dass es für Traversan nichts anderes mehr geben kann als Sieg oder Untergang.«

      »Wem nutzen tote Helden?«, fragte ich.

      Alle starrten mich an. Tamarena versuchte sich zum wiederholten Mal mit ihren telepathischen Fähigkeiten an mir.

      Balzgehabe!, dröhnte die Stimme des Extrasinns durch meine Gedanken. Warum spannst du sie auf die Folter, alter Arkonide? Doch nur, um Tamarena zu imponieren. Dabei solltest du über das Alter pubertärer Emotionen längst hinaus sein.

      Ich zerbiss eine deftige Verwünschung zwischen den Zähnen. Nein, nicht dass ich mich ertappt gefühlt hätte …

       Der zweite Frühling ist angebrochen, würde dein Freund Perry jetzt sagen. Jahrtausende liegen zwischen Tamarenas Welt und deiner Zeit, Beuteterraner. Was erwartest du? Eine Liebesnacht mit Tamarena als Dank für die Rettung Traversans …?

      Sei still!, herrschte ich den Extrasinn an.

      »Keines unserer Schiffe wird sich Brys Stern weiter als bis auf wenige Lichtstunden nähern können, ohne abgeschossen zu werden«, hörte ich mich sagen. »Um ans Ziel zu kommen, brauchen wir ein Raumschiff mit Territorial-Kennung.«

      Die einfachsten Methoden waren häufig die wirkungsvollsten. Ich musste mich wundern, weshalb keiner vor mir auf diese Idee gekommen war. Immerhin zeigten die Ortungen deutlich die Überreste der Raumschlacht: treibende Wracks überall zwischen den elf Planeten des Traversan-Systems. Die unbeschädigten Einheiten der Heimatflotte befanden sich im Einsatz, um Überlebende aufzuspüren und zu bergen. Alle übrigen Schiffe hatten die Werften aufgesucht. Es sah wahrlich nicht gut aus mit unserer Verteidigungskraft. Schon deshalb mussten wir dem Sonnenkur zuvorkommen.

      »Ich gehe davon aus, Admiral Atlan«, sagte der Nert anerkennend, »dass Sie bereits einen Plan haben. Verfügen Sie über Pal‘athor Irakhem und sein Flaggschiff. Ich bin überzeugt, egal, was Sie tun werden, Sie tun es zum Wohle von Traversan.«

      Er erhob sich und gab damit zu verstehen, dass er die Unterredung als beendet betrachtete. Es war nun meine Aufgabe, ein geeignetes gegnerisches Schiff zu finden.

      2.

      Eben noch hatten die Messwerte Anlass zur Hoffnung gegeben – nun war der Patient tot, innerhalb von Sekunden unter großen Schmerzen gestorben. Blut quoll aus seinen Mundwinkeln, und die Augen blickten in fiebrigem Glanz starr zur Decke empor. Eine stumme Anklage lag in diesem Blick, zugleich auch ein Hauch von Erleichterung. Haggar on Teska hatte den Tod als Freund empfangen, wahrscheinlich sogar als Erlösung.

      Einer der besten Triebwerkstechniker innerhalb der Sektoralflotte hatte sein Leben in einer unsinnigen Schlacht verloren. Arkoniden kämpften gegen Arkoniden und zerfleischten sich gegenseitig, anstatt ihre Kräfte dem gemeinsamen Gegner, den Maahks, zu widmen.

      Zögernd schob Oros die Injektionsphiole in die sterilisierende Hülle zurück. Der Tote brauchte keine Droge mehr, die seinen Körper vorübergehend schmerzunempfindlich machte und die letzten Reserven mobilisierte.

      Ein Name mehr in den Verlustdateien, an den sich schon in wenigen Jahren niemand mehr erinnern würde. Oros‘ Lippen bebten in ohnmächtigem Zorn. Zu viele brauchten Hilfe und Versorgung; von den vierhundert Männern und Frauen der Besatzung hatten mehr als einhundertachtzig die Strafexpedition gegen Traversan mit dem Leben bezahlt. Der 200-Meter-Kreuzer PADOM war ein Wrack, von Hüllenbrüchen und Energieeinschlägen schwer in Mitleidenschaft gezogen, aus eigener Kraft nicht mehr manövrierfähig.

      Mit einem heftigen Kopfschütteln versuchte der Mediziner, den brennenden Schweiß und die Tränen aus den Augenwinkeln zu vertreiben. Verbissen kämpfte er um das Leben der Verwundeten, von denen viele großflächige Verbrennungen erlitten hatten. Doch vielleicht tauchte das Wrack der PADOM ausgerechnet in dieser Sekunde in die Atmosphäre eines der Planeten ein, um wie ein Meteor in den dichteren Luftschichten zu verglühen. Ohne Kontrolle über den Antrieb …

      Die zentrale Energieversorgung war ausgefallen. Nur ein Notkonverter arbeitete noch, ausreichend für die medizinische Station und einige wenige lebenserhaltende Funktionen …

      Oros drückte die Augen des Toten zu und zog ihm das bleiche Laken über das Gesicht. Tai Ark‘Tussan, wohin des Wegs? – diese Frage stellte er sich nicht erst seit heute. Man musste schon mit Blindheit geschlagen sein, übersah man die vielen kleinen verräterischen Zeichen, die einer verderblichen Selbstzufriedenheit und Lethargie das Wort redeten. Längst fehlten die Kraft und die Aufbruchsstimmung früherer Imperatoren. Das Große Arkon-Imperium war satt und träge geworden, ein Tempel der Macht, dessen Säulen zunehmend knirschten.

      Spitze, abgehackte Schreie ließen Oros herumfahren. Noch ehe er den Regenerationstank erreichte, in dem eine junge Frau mit dem Tod rang, verstummte sie wieder. Achtzig Prozent ihrer Haut waren verbrannt und hätten längst abgetragen werden müssen, doch für eine Operation fehlte die notwendige Energie. Außerdem hatte die Frau hohe Strahlendosen abbekommen; ihr Ableben war nur mehr eine Frage weniger Stunden.

      Zwei nahezu bloßliegende Augen starrten Oros an, als er sich über den Plasmatank beugte und die Zufuhr des Anästhetikums