Udela hatte niemals die Möglichkeit gehabt, so edle Pferde zu reiten, wie die des Herzogs.
Erst als sie auf gleicher Höhe mit ihnen war, bemerkte sie, daß einer der Reiter der junge Lord Eldridge war, den ihr Vater verachtet hatte.
Sie machte einen höflichen Knicks, und er hielt sein Pferd an und sagte: »Guten Morgen, Miss Hayward. Es tut mir leid, daß Ihr Vater gestorben ist.«
»Es geschah ganz plötzlich, Mylord.«
»Mein Verwalter sagt, daß ich einen Ersatz für ihn brauche«, fuhr Lord Eldridge fort, »aber Sie können sich ruhig Zeit lassen und vorläufig noch im Pfarrhaus wohnen bleiben.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, wo ich hingehen könnte.«
»Sie haben doch sicher Verwandte, nehme ich an?« fragte Lord Eldridge leichthin.
Er hatte ein unangenehmes rotes Gesicht.
Er hatte seinen Vater enttäuscht, denn man hatte ihn aus Oxford hinausgeworfen. Sein einziger Ehrgeiz schien es zu sein, Geld für ein ausschweifendes Leben auszugeben.
Sobald er den Titel geerbt hatte, hatten seine Vergnügungen im Eldridge Park das ganze Dorf schockiert. Und Udela war nicht überrascht gewesen, daß der Kirchenstuhl der Eldridges Sonntag um Sonntag leer blieb.
Aber jetzt war Lord Eldridge freundlich zu ihr, und sie sagte dankbar: »Nein, ich habe keine Verwandten, zu denen ich gehen könnte. Aber ich werde mir so rasch wie möglich eine Arbeit suchen, wenn ich das Pfarrhaus in Ordnung gebracht habe.«
»Dann ist ja alles in Ordnung«, sagte er.
Lord Eldridge wollte weiterreiten, aber sein Begleiter sagte: »Stelle mich der jungen, hübschen Dame vor, Edward. Vielleicht kann ich ihr helfen.«
Lord Eldridge sah ihn überrascht an und sagte dann: »Miss Hayward, darf ich Ihnen Lord Julius Westry vorstellen, der Ihre Bekanntschaft zu machen wünscht.«
Udela machte wieder einen Knicks, und Lord Julius stieg zur Überraschung seines Freundes vom Pferd und ging zu Udela hinüber.
»Ich habe Sie sagen hören, daß Sie eine Arbeit suchen, Miss Hayward. Haben Sie etwas Besonderes im Sinn?«
»Nein, Mylord«, erwiderte Udela. »Vielleicht könnte ich als Gouvernante tätig sein, ... ich habe Kinder sehr gern...«
»Sie sind für so einen Posten viel zu jung«, bemerkte Lord Julius. »Wie alt sind Sie?«
»Ich bin achtzehn Jahre alt, Mylord.«
Als sie sprach, sah sie ihn an und fand, daß er ihr nicht gefiel.
Er war groß und breitschultrig, aber seine Augen standen zu dicht beieinander und waren hart. Das gab seinem Gesicht einen furchterregenden Ausdruck.
»Ich glaube, ich kann Ihnen helfen«, sagte er. »Nehmen Sie keine feste Stellung an, bis Sie von mir hören.«
Er musterte sie kurz, und zwar nicht nur ihr Gesicht, sondern ihren ganzen Körper, was sie unbehaglich bemerkte.
Ihr wurde plötzlich bewußt, daß ihr Baumwollkleid, das sie schon seit einigen Jahren trug, ihre Figur abzeichnete, und während Lord Julius sie musterte, spürte sie, wie ihr die Farbe in die Wangen stieg.
»Vielen Dank, Mylord«, sagte sie.
»Warten Sie auf eine Nachricht von mir«, sagte er, und es klang wie ein Befehl.
Udela machte einen Knicks vor ihm, und dann noch einen vor Lord Eldridge.
Als sie mit ihren Blumen den Weg zum Friedhof entlangging, empfand sie plötzlich ein unerklärliches Bedürfnis zu laufen und immer weiter wegzulaufen, das sie sich nicht erklären konnte.
Da Lord Julius ihr befohlen hatte, auf seine Nachricht zu warten, hatte sie nicht, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte, an ein Arbeitsvermittlungsbüro geschrieben, das es ihres Wissens in Huntingdon gab.
Sie war sich nicht im Klaren darüber, was sie hätte schreiben sollen oder in welcher Eigenschaft sie sich hätte bewerben können.
Wie sie nur zu gut wußte, gab es für sie zwei Beschäftigungen, entweder als Gouvernante oder als Gesellschaftsdame tätig zu sein, und sie hatte das unbehagliche Gefühl, daß Lord Julius recht gehabt hatte, als er sagte, sie wäre für die Arbeit als Gouvernante viel zu jung.
Ich könnte ganz kleine Kinder betreuen, dachte Udela.
Als sie sich im Spiegel betrachtete, wünschte sie, sie würde älter aussehen.
Sie hatte Angst vor der Zukunft, aber sie hätte sich noch mehr gefürchtet, wenn sie das Gespräch zwischen Lord Julius und Lord Eldridge mitangehört hätte.
»Ich hätte nie gedacht, Edward, eine solche Schönheit hier in deinem Dorf zu finden«, sagte Lord Julius, als sie die staubige Straße entlangritten.
»Sie ist sehr hübsch«, gab Lord Eldridge zu.
»Hübsch!« rief Lord Julius. »Wenn sie gut gekleidet ist, und Mutter Crawley weiß, wie man die Mädchen anzieht, wird sie eine Sensation in London sein!«
»Das hast du also mit ihr vor!« rief Lord Eldridge.
»Natürlich!« erwiderte Lord Julius. »Ich bin immer auf der Suche nach geeignetem Material, aber ich ziehe nicht oft das große Los, wie ich es heute morgen getan habe.«
Sie ritten einige Minuten schweigend weiter.
Dann sagte Lord Eldridge: »Das arme kleine Ding! Sie tut mir leid. Aber ich glaube, es gibt keine andere Beschäftigung für sie.«
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.