Vertrauen. Niklas Luhmann

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Название Vertrauen
Автор произведения Niklas Luhmann
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783846340042



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und nicht in jeder Hinsicht2. Man gelangt auf diese Weise zu ethischen oder naturrechtlichen Maximen – zu Prinzipien mit eingebauter Zulassung des Gegenteils, deren Brauchbarkeit so umstritten ist.

      Für jede Art realer Systeme in der Welt, und seien es physische oder biologische Einheiten, Steine, Pflanzen oder Tiere, ist die Welt übermäßig komplex: Sie enthält mehr Möglichkeiten als die, auf die das System sich erhaltend reagieren kann. Ein System stellt sich auf eine selektiv konstituierte „Umwelt“ ein und zerbricht an etwaigen Diskrepanzen zwischen Umwelt und Welt. Dem Menschen allein wird jedoch die Komplexität der Welt selbst und damit [6]auch die Selektivität seiner Umwelt bewußt und dadurch Bezugsproblem seiner Selbsterhaltung. Er kann Welt, kann bloße Möglichkeiten, kann sein Nichtwissen thematisch erfassen und sich selbst erkennen als jemanden, der entscheiden muß. Beides, Weltentwurf und eigene Identität, wird ihm zum Bestandteil seiner eigenen Systemstruktur und zur Verhaltensgrundlage dadurch, daß er andere Menschen erlebt, die jeweils aktuell erleben, was für ihn nur Möglichkeit ist, ihm also Welt vermitteln, und die zugleich ihn als Objekt identifizieren, so daß er ihre Sichtweite übernehmen und sich selbst identifizieren kann.

      Dies Offenhalten der Welt und die Identifikation von Sinn und Selbstsein in der Welt sind also nur möglich mit Hilfe einer ganz neuartigen Dimension der Komplexität: der erlebten (wahrgenommenen) und verstandenen subjektiven Ichhaftigkeit des anderen Menschen. Der andere Mensch hat originären Zugang zur Welt, könnte alles anders erleben als ich und kann mich daher radikal verunsichern. Über die Fülle sachlich verschiedenartiger Gegenstände und über die Potenzierung dieser Vielfalt durch ihren zeitlichen Wechsel hinaus wird die Komplexität der Welt durch die Sozialdimension, die den anderen Menschen nicht nur als Ding, sondern als anderes Ich ins Bewußtsein bringt, nochmals erweitert. Deshalb werden zugleich mit dieser zusätzlichen Komplizierung neuartige Mechanismen der Reduktion von Komplexität erforderlich – allen voran natürlich die Sprache und das reflexible Selbstbewußtsein als Mechanismen