Lidwicc Island College of Floral Spells. Andreas Dutter

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Название Lidwicc Island College of Floral Spells
Автор произведения Andreas Dutter
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783959915700



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Es tut uns leid. Wir haben nicht nachgedacht und wir haben Hunger, wir leben auf der Straße und –«

      Der Zwilling mit Halbglatze winkte ab und Daphne stoppte, scharf die Luft einsaugend. Es kümmerte sie nicht.

      Meine beste Freundin auch noch schluchzen zu hören, brachte mich – abgesehen von der fiesen Migräne – um den Verstand. Zusammen mit der Schwüle im kleinen Hinterhof, in dem Tropfen vom vorherigen Platzregen in Tonnen plumpsten, quälten mich meine Schmerzen, sodass ich mich fragte, wie diese Messerklingen das noch toppen konnten. Sie könnten es.

      Sie kamen näher.

      Daphne wackelte einen Schritt zurück und stieß gegen mich, als hätte sie vergessen, dass ich da lag. Ich, die ihrem Leben ein Ende setzte. Ich, die alle enttäuschte.

      Das war nicht das Ende von Daphne. Mit dieser Sicherheit mobilisierte ich all meine Kräfte und stieß einen schmerzverzerrten Schrei aus. Mein gesamter Körper zitterte und kleine Lichtpunkte flogen aus meinen Poren, die um mich herum vibrierten.

      Dann passierte alles ganz schnell.

      Zwei

      Was wäre mit mehr Furcht vor der Magie passiert?

      Die Kletterpflanze, die vom Dach wuchs, zog sich wieder zurück. Langsam schlängelte sich der Efeu wie eine Welle die Steinmauer hinauf, bis er an der Stelle stoppte, an der sie vorher geendet hatte. Ein paar Ziegelteilchen blätterten dabei von der maroden Fassade ab und rieselten sanft auf den Boden.

      Währenddessen zeigten meine beiden Hände zu den Typen vor mir auf den Boden. Zwei Schlafende, die aneinandergeschmiegt dalagen, sich nicht bewegten, und der friedliche Ausdruck in ihrem Gesicht machte alles noch unheimlicher. Na ja, und ich, ich stand wie festgefroren da. Daphne sog neben mir laut die Luft ein und atmete daraufhin so kräftig aus, dass ich glaubte, den Windstoß an meiner Wange zu spüren.

      »Du hast nicht gerade wirklich –«

      »O Gott, sag es nicht«, unterbrach ich sie.

      Eine Wolke schob sich über uns und legte einen grauen Filter über das Szenario. Wieder tauchte er auf. Der plötzlich auftretende Platz-regen. Wasser prasselte auf mich hinab und als die ersten Tropfen mich trafen, kam es mir vor, als zischte mein aufgeheizter Körper. Meine Finger zitterten, doch ich wollte meine Arme nicht senken.

      Der kahle Hinterhof verwandelte sich in einen dunstigen Schauplatz, als wären wir in einem Londoner Thriller gefangen. Die alten Häuser, die uns förmlich einkesselten, engten mich ein und ein wenig hatte ich die Befürchtung, dass sich die Mauern zusammenschoben. Der Spalt, durch den wir hierhergekommen waren, schloss sich und der Durchgang, den die beiden Typen benutzt hatten, wurde kleiner und kleiner, bis selbst ein Nadelöhr größer war. Okay, es war amtlich, ich drehte durch.

      Ein Kopfschütteln später und alles sah wieder normal aus.

      »Margo, du hast die Kerle mit zwei Ranken ausgeknockt.« Daphne ratterte diesen Satz so rasch hinunter, dass es mir unmöglich war, sie aufzuhalten.

      So. Es war geschehen. Sie hatte es ausgesprochen. Zu allem Übel verließ mich die Kraft in meinen Armen und sie schlugen gegen meine Seiten. Die klitschnassen Klamotten gaben ein patschendes Geräusch von sich.

      Ein Regentropfen traf genau meine Nase und spritzte in mein linkes Auge. Mit meinen Fingern wischte ich das Wasser weg und benutzte sie als Kamm, um meine feuchten Haare zurückzustreichen.

      »Margo?«

      Nein, noch konnte ich nicht antworten, daher legte ich meinen Kopf in den Nacken und blickte auf die Zuckerwattewolken. Zuckerwatte, die eher aussah wie dreckiger Schnee neben schmutzigen Straßen, lenkte mich für einen Moment ab. Mehr und mehr Tropfen benetzten mein Gesicht, bis ich das, was passiert war, nicht mehr verdrängen konnte.

      Das Gedankenkarussell sprang an, schnallte mich ohne Erlaubnis fest und ich musste das Geschehene Revue passieren lassen.

      Ein Film in meinem Kopf zeigte mir, wie Lichtpunkte mich umhüllt hatten, ich mich wieder hatte bewegen können, ich aufgesprungen war und ohne zu überlegen die Hände vorgereckt hatte.

      Die restlichen Erinnerungen waren verzerrt.

      Wie auf Befehl waren die Kletterpflanzen neben uns gewachsen, schlangengleich zu den Typen gekrabbelt, hatten ihre Knöchel umschlungen und ihnen dann den Boden unter den Füßen weggerissen. Zuerst hatten ihre Köpfe wieder Kontakt zum Steinboden gefunden, dann der Rest ihrer Körper.

      »Margo, du … das … wow.«

      »Ich habe keine Ahnung, was da gerade passiert ist.« Lange könnte ich es ohnehin nicht mehr abwenden, also guckte ich Daphne ohne zu zögern in die dunklen Augen. Was ich fand, war, was ich erwartet hatte. Furcht.

      Meine beste Freundin zu verlieren, durfte nicht passieren. Sofort sauste ich zu ihr und stürzte auf die Knie. Direkt in eine Pfütze, die sich gebildet hatte.

      »Daphne, keine Ahnung, was das für ein Scheiß gewesen ist. D-d-d, ähm, ich, was soll ich sagen? Kann das nicht irgendetwas Naturphänomenmäßiges sein? Du belauschst doch diese Alte vor der Kirche, die zu laut Podcasts hört.«

      »Sie hört True Crime Podcasts, keine Physiklektionen.« Vermutlich wollte sie es unauffällig wirken lassen, aber ich merkte, wie sie sich stärker gegen die Steinmauer drückte.

      »Daphne. Hast du Angst vor mir? Wir sind eine Familie, wir haben uns geschworen, uns so etwas nie anzutun.« Meine Empörung brach aus mir, ohne dass ich sie verbergen konnte.

      »Ja. Nein. Ich weiß es nicht.«

      Ihre nassen Haare rahmten ihr Gesicht ein. Verzweiflung rumorte in meinem Magen und ich wischte mir genervt das Wasser aus dem Gesicht.

      »Wie, du weißt es nicht?«

      »Bist du eine Hexe?«

      »Mach dich nicht lächerlich, Daphne. Ich? Du faselst doch ständig etwas von Universen, Karma und Schicksal.«

      »Und du streitest alles ab, wie es Hexen tun würden.«

      »Ich klaue mir auch Heftromane, in denen Lords Zofen verführen und bin deswegen keine Historikerin.«

      Daphnes Mundwinkel gingen nach unten und sie biss sich auf die Unterlippe, wie sie es stets tat, wenn sie ein Lachen unterdrückte. Ein, zwei Sekunden versuchte ich es auch, bis wir beide loslachten und uns umarmten.

      »Scheiße, Margo. Hat uns heute Morgen jemand von den anderen etwas in den Kaffee geschmissen?« Ihre Stimme an meinem Ohr beruhigte mich.

      »Schon wieder?«

      »Wenn du … Wenn du davon wirklich nichts gewusst hast, also von dem Hexending.«

      »Daph!«

      »Von dem Pflanzending. Besser? Dann, Shit, weißt du, was wir damit alles machen können?«

      Wollte ich das wieder machen? Könnte ich das überhaupt wieder machen?

      Ein rasselndes Husten holte mich zurück ins Hier und Jetzt.

      »Sie wachen auf.« Daphnes Wispern wäre nicht nötig gewesen, ich hörte es ebenfalls.

      »Komm! Weg von hier.« Ich zog sie auf die Beine und wir hauten durch den Spalt, durch den wir gekommen waren, ab.

      Genussvoll leckte ich meine Finger ab, nachdem ich mir das letzte Stück Bougatsa in den Mund geschoben hatte. Der Blätterteig knisterte zwischen meinen Zähnen und ich schmeckte den Grießpudding mit der Zimt-Zucker-Mischung, der das perfekte Verhältnis von Süße und Würze hatte. Wie ich das genoss. Der Puderzucker, der Daphnes Mund wie ein Lippenstift