Lidwicc Island College of Floral Spells. Andreas Dutter

Читать онлайн.
Название Lidwicc Island College of Floral Spells
Автор произведения Andreas Dutter
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783959915700



Скачать книгу

ich mir sicher, sie hatte die drei ebenfalls erspäht. Mein Magen verkrampfte sich und wurde nur noch schlimmer, als ich das darauffolgende »Ach du Scheiße«, von Daphne wahrnahm. Warum musste sie mir immer meine Hoffnungen nehmen, dass ich nur halluzinierte?

      »Da sind sie.« Spätestens jetzt hatten sie uns offensichtlich entdeckt.

      Der kleine Typ mit der verdreckten Schürze stürmte mit seinen zwei Panzern hinter ihm auf uns zu. Kam es mir nur so vor oder bebte der Boden?

      Daphne schmiss die Tüten in den Kiosk. »Ist jetzt Panik angesagt?«

      Ohne auf meine Umgebung zu achten, sauste ich über den Kapani Markt, den ich besser als meine verdrängten Gefühle verstand. Die meisten hier kannten dieses Schauspiel, dass Daphne und ich mal wieder vor jemandem davonliefen. Nur war es dieses Mal ernst. Wirklich ernst. Das ahnte ich von dem Moment an, an dem ich die kleine Messertasche eines Typen an seinem Fußgelenk erblickt hatte.

      Das Blut rauschte in meinem Ohr und vermischte sich mit dem Gebrüll der Händlerinnen und Händler, die sich gegenseitig in ihren Preisen unterboten. Eine Duftwolke aus unzähligen Gewürzen, Gemüse, Obst, Fische und Fleisch empfing mich, als durchbrach ich eine unsichtbare Mauer. Wie Regenbogen reihten sich Zimt, Oregano, Knoblauch, Tomaten, Wassermelonen und Fische neben uns auf. Das ließ mich alles kalt, selbst die Gedanken daran, was mir passieren könnte, waren zweitrangig. Doch Daphne durften sie kein Haar krümmen. Nicht mal die bunten Loukoumi konnten mich heute von meinem Ziel abbringen. Denn nur in unserem Unterschlupf waren wir sicher. Nur wenn wir es dorthin schafften, konnte ich überhaupt noch daran denken, das Zuckergelee auf meiner Zunge zergehen zu lassen.

      Während ich über den Kleinpflasterboden eilte, bemerkte ich, wie sich eine Migräneattacke ankündigte.

      »Warum?« Meine Frage verlor sich zwischen einem hektischen Hauchen und griechischen Schimpftiraden zweier Händler neben mir.

      Das reichte nicht, nein, so leicht machte es mir mein Leben nicht. Denn urplötzlich erdrückten mich Hitzewellen. Mich? Kaum einer Griechin war es jemals zu heiß. Was für eine Scheiße. War ich doch älter als gedacht und befand mich in meinen Wechseljahren?

      »Margo?« Daphnes Stimme hinter mir hörte sich seltsam verzerrt an.

      Selbst meine Witze retteten mich nicht. Ich schwankte. Stieß mich an einem Postkartenständer ab. Ein lautes Scheppern drang über den Markt, gefolgt von einer Beschimpfung. Eine Postkarte mit Kalimera! darauf rutschte zwischen meinen Füßen hindurch. Ja, nein, definitiv kein guter Morgen. Gleich danach wurde mein Sichtfeld von einem schwarzen Rahmen eingeengt und meine Beine bewegten sich nur noch instinktiv vorwärts. Spätestens als sich mein Herz anfühlte, als hätte es jemand in einen Schraubstock eingeklemmt, um danach dagegenzutreten, krümmte ich mich nach vorne.

      »Was ist?« Weiche Hände legten sich auf meinen Rücken.

      Sprechen gelang mir nicht, weswegen ich meinen Kopf schüttelte.

      »Alles klar?« Die Männerstimme erkannte ich zwar, konnte sie aber gerade keinem Verkaufsstand zuordnen.

      Der Pflasterboden unter mir verformte sich zu einer endlosen Spirale. Ein schwarzes Loch, das drohte, mich zu verschlucken.

      »Hier, da rein, hinter mir«, sagte die Männerstimme, die sich mittler-weile wie durch einen Sampler gedreht anhörte.

      »Danke, Alexis.« Die Worte standen nicht lange alleine da, als Daphne weitersprach: »Mist, Mist, Mist. Komm, da in die Seitengassen.«

      Daphne zog mich weiter. Mein Kopf stieß gegen etwas Festes.

      »Sorry.« Sie richtete mich auf.

      Wir passten gerade so seitlich durch die Enge zwischen den Häusern.

      Nachdem wir uns endlich durchgequetscht hatten, fiel ich wie ein Sack zu Boden. Irgendetwas in mir schaffte es noch, dass ich meinen Kopf nach links drehte, um nicht im wahrsten Sinne auf die Schnauze zu fallen. Tja, hatte ich bisher noch gehofft, all das wäre nur ein Trugbild, erkannte ich am schmerzhaften Aufprall, dass ich nicht träumte. Mein Wangenknochen knallte hart gegen den Boden, woraufhin ein Dröhnen in meinem Kopf einsetzte.

      »Was ist denn nur mit dir los?« Daphne kniete sich neben mich und ich schaffte es mit Mühe, sie anzusehen. Wenn ich nur selbst wüsste, warum mein Körper gegen mein Überleben rebellierte.

      Ich wollte nicht sterben. Diese Erkenntnis huschte so flink durch meine Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, wie meine Nase zu kitzeln begann und meine Sicht sich trübte. Bitte, das durfte nicht das Ende sein.

      »Steh auf.« Daphnes Flehen wäre ich gerne nachgekommen, verließen mich nicht gerade meine Kräfte nach und nach.

      Irgendetwas geschah in meinem Körper. Etwas breitete sich in mir aus, machte mich schwerer, als schlüge etwas in mir seine Wurzeln. Wie ein flüssiger Amboss, der meine Adern tonnenschwer machte, klebte ich am Boden fest.

      Daphne wirbelte so plötzlich herum, dass ich innerlich zusammenzuckte. Dann hörte ich es auch. Mit dem einen Ohr am Stein-boden nahm ich das Getrampel wahr. Sie kamen von der anderen Seite. Doch ich würde hier nicht wegkommen, also …

      »Hau ab.« Meine Zunge verwandelte sich ebenfalls in einen kiloschweren Metallklumpen. Sie haftete ausgetrocknet an meinem Gaumen fest und jede Silbe kämpfte sich schwer aus mir heraus.

      »Niemals.« Wie ein Schutzwall stand Daphne vor mir.

      Meine beste Freundin. Ihre zarten Fäuste zitterten. Nein, sie würde sich nicht für mich in Gefahr bringen, das ließ ich nicht zu. Lebte man auf der Straße, schloss man Frieden damit, irgendwann überraschend zu sterben und nicht in einem kuschligen Sterbebett, umgeben von den Liebsten und Bildern in Rahmen, die so wertvoll waren, dass ich eine Woche davon Essen kaufen könnte. Daphne durfte es nicht so ergehen.

      »Daphne, geh.«

      Sie drehte den Kopf in meine Richtung. Ihr Blick wirkte, als versuchte sie, herauszufinden, ob ich das ernst meinte. Natürlich dachte sie darüber nach. Wer hätte das nicht? Daphne war kein Mensch, der zu sterben bereit war. Ihr zu sanftes Herz schlug ihrem Überlebens-willen abermals ein Schnippchen und so schüttelte sie mit vorgestrecktem Kinn den Kopf. »Ich lasse dich nicht allein.«

      Und das alles nur wegen gottverdammten zehn Euro. Ich hatte es gewusst. Überall munkelte man, dass der neue Restaurantbesitzer am Hafen nun zur griechischen Schutzgeldmafia gehörte. Sie trieben Gelder von den Gastrobetrieben am Meer ein und dafür machten sie ihnen nicht das Leben zur Hölle. Überall in Nordgriechenland spielte sich dasselbe ab. Das gehörte dazu. Niemand redete darüber. Nie hätte ich damit gerechnet, dass die ernst machten. Vermutlich wollten sie an uns das berühmte Exempel statuieren.

      All meine Befürchtungen bestätigten sich, als zwei Typen um die Ecke kamen. Die Messer nicht mehr versteckt. Der Besitzer war wohl zurückgeblieben. Mord wollte er bestimmt nicht mit ansehen.

      »Wir können euch die zehn Euro wiedergeben.« Der Satz platzte aus Daphne, als hätte sie ihn die letzten Minuten in ihrem Kopf geprobt.

      Die beiden Kerle warfen sich einen Blick zu, als fänden sie ihren Auftrag, jemanden für zehn Euro abzustechen, selbst übertrieben. Vielleicht würden sie uns ja nur krankenhausreif prügeln? Oder nur, na ja, ein bisschen mit dem Messer verletzen? Hach, keine Ahnung. Innerlich brüllte, strampelte und schrie ich, aber mein Dreckskörper rührte sich nicht. War das die Strafe für das Leben, das ich führte?

      »Dafür ist es zu spät«, sagte der Typ mit der Vollglatze.

      »Ihr habt eure Chance gehabt«, beendete sein Zwillingsbruder.

      Ihre schwarzen Tanktops waren über ihre Muskeln bis zum Zerreißen gespannt. Diese Schränke spaßten nicht. Wir, nein, ich hatte mich mit den falschen Leuten angelegt.

      Daphne durfte nicht wegen mir sterben, das konnte ich nicht zulassen. Eine unglaubliche Hitze brannte