Elektra. Sophokles

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Название Elektra
Автор произведения Sophokles
Жанр Языкознание
Серия Reclams Universal-Bibliothek
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783159619057



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nennen kannst als diese hier, verzicht ich fortan auf das Widerwort.

      CHR.

      So will ich dir denn alles sagen, was ich weiß.

      Sie haben vor, stellst du nicht ein dein Wehgeschrei,

      dorthin dich zu verschicken, wo du niemals mehr380

      der Sonne Licht erblicken sollst, nein, lebend in gewölbter Gruft,

      entrückt der Heimat, Klagearien singen magst.

      Bedenke dies und laste später nie das Leid mir an,

      das du erlitten! Denn Vernunft tut nunmehr not!

      §1.

      Mir dieses anzutun ist also ihr Beschluss?385

      CHR.

      Gewiss, sobald Aigisthos heimgekommen ist.

      EL.

      Ist’s weiter nichts, so komme er in Eile her!

      [22]CHR. Was wünschtest du, Unselge, da auf dich herab?

      EL.

      Dass er nur komme, wenn dergleichen er zu tun gedenkt.

      §1.

      Damit dir was geschieht? Wo steht dir nur der Kopf?390

      EL.

      Damit von euch ich möglichst weit entfliehen kann.

      CHR.

      Und ist dein Leben hier dir nicht der Rede wert?

      EL.

      Schön ist wahrhaft mein Leben, zum Erstaunen schön!

      CHR.

      Nein, wäre es, wenn du verstündest, klug zu sein.

      §1.

      Das lehr mich nicht, zu meinen Lieben schlecht zu sein!395

      CHR.

      Ich lehr dich’s nicht, nur, dich den Mächtigen zu beugen.

      EL.

      Kriech du nur so! Was du da vorschlägst, ist nicht meine Art.

      CHR.

      Doch trefflich ist es, nicht durch Unverstand zu fallen.

      EL.

      Wenn es denn sein muss, falle ich, den Vater rächend.

      §1.

      Doch wird, ich weiß, der Vater dies verzeihn.400

      EL.

      Das sind die Reden, die nur Feige loben!

      CHR.

      So hörst du nicht auf mich und pflichtest mir nicht bei?

      EL.

      Nein! Möge nie ich so vernunftlos sein!

      CHR.

      So geh ich weiter den mir anbefohlnen Weg.

      §1.

      Wo ziehst du hin? Wem bringst du diese Totenopfer?405

      CHR.

      Die Mutter schickt mich, auf dem Grab des Vaters Totenopfer auszugießen.

      EL.

      Wie sagst du? Auf dem Grabe ihres allerschlimmsten Feinds?

      [23]CHR. Den selber sie erschlug! Das ist’s doch, was du sagen willst.

      EL.

      Von welchem Freund dazu beredet? Wem gefiel dies so?

      §1.

      Von einem Nachtmahr, denke ich.410

      EL.

      Ihr Götter meiner Väter, steht jetzt endlich bei!

      CHR.

      Du schöpfst ein bisschen Mut aus diesem Schreckgebilde?

      EL.

      Erzählst du mir ihr Traumgesicht, dann sag ich’s dir!

      CHR.

      Doch ist’s nur wenig, was ich dir zu sagen weiß.

      §1.

      So sage dies! Oft haben Worte über kleine Dinge schon415

      zu Fall gebracht und aufgerichtet Sterbliche.

      CHR.

      Es wird erzählt, dass sie gesehen, wie der Vater,

      der deine wie der meine, an das Licht gekommen,

      erneut an ihrer Seite war; dann habe er den Herrscherstab ergriffen,

      den einst er selber trug, jetzt aber Aigisthos,420

      und ihn dem Herde eingepflanzt. Und aus dem Szepter sei emporgesprossen

      ein üppig knospendes Gezweig, durch das

      Mykenes ganzes Land sei überschattet worden.

      So hört’ ich einen, der zugegen war, als sie

      den Traum dem Sonnengott eröffnete, erzählen.425

      Mehr aber als das weiß ich nicht, es sei denn dies,

      dass sie mich wegen ihres Schrecks zum Grab hinschickt.

      [So fleh ich bei den Göttern unsres Stamms dich an,

      auf mich zu hören, dass nicht Unverstand dich stürzt!429

      Stößt du mich weg – im Leid suchst du mich wieder auf.]

      EL.

      Nein, meine Liebe, von den Dingen, die du hältst in Händen,

      [24]leg nichts aufs Grab! Nicht ist es richtig vor den Menschen

      wie vor den Göttern, dass im Namen des verhassten Weibs

      du Totengaben hinstellst und dem Vater Sühneopfer bringst.

      Nein, wirf sie in die Winde oder scharr sie tief435

      im Sande ein, wo nie zu Vaters Ruhestätte

      etwas davon gelangen kann! Doch wenn sie stirbt,

      sei es als Schatz für sie da unten aufbewahrt!

      Und überhaupt: Wär sie von allen Frauen nicht

      die allerfrechste, diese hasserfüllten Totenspenden brächte sie440

      nie dem dar, den sie selbst ermordet hat.

      Denn überlege: Glaubst du wohl, es nehme

      ihr wohlgesinnt im Grab der Tote diese Gaben an

      von ihr, durch die er ehrlos starb, die ihn wie einen Feind

      verstümmelte und dann an seinem Haupt zur Reinigung445

      das Blut abwischte? Glaubst du gar,

      was du da bringst, entsühne sie von Mord?

      Unmöglich! Drum hinweg damit! Du aber schneide

      vom Haupte dir die Spitzen deiner Locken ab,

      und von mir Armer – es ist wenig nur,450

      doch was ich habe – gib ihm dieses kümmerliche Haar

      und meinen Gürtel, den kein Prunk verziert!

      Und wirf dich hin und bitte, dass er selber aus der Erde

      uns gnädig als ein Helfer gegen seine Feinde komme,

      und dass sein Sohn Orestes bald die Oberhand gewinne455

      und lebend seine Feinde trete mit dem Fuß,

      damit