Название | Kollegien stark machen (E-Book) |
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Автор произведения | Helmut Heyse |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783035512397 |
•Sich als Kollegium oder als Lehrpersonen einer Klasse auf Ziele, Wege, Methoden etc. zu verständigen.
•Diversität im Kollegium und in der Schülerschaft produktiv zu nutzen.
•Die bisherige Änderungsresistenz des Systems zu verstehen und daraus gemeinsame Konsequenzen zu ziehen (→ Kapitel 2.3).
•Partizipation (→ Kapitel 7) auszubauen, z. B. in Gestalt von Qualitätszirkeln, Steuerungsgruppen, Gesundheitszirkeln (→ Arbeitshilfe 1.1).
•Ermunterung zum Querdenken, Beteiligung fachfremder Beobachter, Team-Supervision.
•Regelmäßige motivierende – ggf. auch konstruktiv-kritische – Feedback- und Mitarbeitergespräche mit Zielvereinbarung im Kontext von Schulethos und Schulprogramm.
•An der schulischen Entwicklung orientierte Weiterbildung zu ermöglichen und zu organisieren.
Allerdings ist zu bedenken, dass diese Entwicklungsarbeit neben dem «laufenden Geschäft» geleistet werden muss – eine erschwerende Anforderung an die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit eines Kollegiums.
Exkurs 1: Schnelles Denken und Langsames Denken D. Kahneman (2012) hat zusammen mit A. Tversky in zahlreichen Untersuchungen über die Funktionsweise unseres Denkens Ergebnisse gefunden, die darauf schließen lassen, dass unser Gehirn auf zweierlei Weise «denkt». Er nennt dies «Schnelles Denken» und «Langsames Denken» oder Denken im «System 1» und im «System 2». Unsere Interaktion, Kommunikation, unsere Emotionen und Konfliktkultur sind davon geprägt. Sich dessen bewusst zu sein, erspart vielerlei Verständigungsprobleme und Konflikte (Heyse, 2016). |
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Schnelles Denken – System 1 Das Schnelle Denken ist in ständiger Bereitschaft, schnell und meistens angemessen und richtig auf interne und externe Ereignisse und Signale zu reagieren. Es entlastet unser Gehirn vom Nachdenken, spart Energie und Zeit. Ohne Schnelles Denken wären wir in den meisten Situationen unseres Alltags ziemlich hilflos. Dank seiner gelingt es uns, ohne bewusste Konzentration oder Reflexion z. B. •Gesichtsausdrücke zu deuten, •Menschen z. B. am Gang wiederzuerkennen, •Emotionen wahrzunehmen, •Gefahren zu erkennen und sie (soweit möglich) zu umgehen, •uns in vertrauter Umgebung schnell zu orientieren, •Alltagskommunikation meist pannenfrei zu bestehen, •Sympathie – Ablehnung zu spüren u.v.m. System 1 arbeitet vorbewusst, kann blitzschnell auf Erinnerungen und Erfahrungen zurückgreifen und lässt uns quasi reflexhaft reagieren. Risiken von System 1 Das Problem ist allerdings, dass System 1 zwar schnell, aber dafür auch vereinfachend, vordergründig, emotional, unkritisch arbeitet. Es hält, was es sieht, für die Wirklichkeit («What you see is all there is»). Das kann schiefgehen, wie jede optische Täuschung beweist (Abbildung 3). |
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Auch wenn es darum geht, Zusammenhänge zu erkennen, Bewertungen abzugeben, das Verhalten anderer zu deuten etc. tritt zunächst das Schnelle Denken auf den Plan. Leider verführt es zu voreiligen Schlussfolgerungen oder Attribuierungen und zu kurzschlüssigen Kausalkonstruktionen, wie z. B. «Der Kollege grüßt mich nicht, weil …» – «Der Schüler stört, weil…». Das geht oft daneben. Pannen in der Kommunikation (→ Kapitel 4) und Wahrnehmung, Konflikte durch emotionale Überreaktionen (→ Kapitel 6) sind davon beredter Ausdruck. Schnelles Denken ist auch die Folie für wenig hilfreiche, impulsive Reaktionen auf Stresssituationen. Langsames Denken – System 2 Zum Glück gibt es da noch das System 2. Beim Langsamen Denken lenken wir unsere Aufmerksamkeit zielgerichtet auf etwas, konzentrieren uns, handeln reflektiert, steuern bewusst Emotion und Kommunikation. Wir gehen systematisch vor, analysierend, kontrolliert, vorsichtig, zweifelnd. Spätestens wenn das Schnelle Denken auf Widerstand stößt, Missverständnisse auftreten, Misserfolge oder Fehler auftauchen, ist sorgfältiges Nachdenken gefragt. Mit System 2 können wir abwägen, komplexe Zusammenhänge erkennen, Denkfehler aufspüren, Fehlwahrnehmungen aufklären. Weitere Beispiele für Langsames Denken: •Sudoku lösen, •Konflikte aufklären, •Problemlagen analysieren, •Schulentwicklungsprozesse planen und durchführen, •Gebrauchsanleitung befolgen, •Grammatik erklären, •Orientierung in fremder Stadt, •Krisenintervention, Mediation, •konstruktive Stressbewältigung. Bei der Rechenaufgabe 143 x 17 ist z. B. den meisten direkt klar, dass sie sie nicht mit Schnellem Denken lösen können, sondern genau rechnen müssen. Anders bei folgender Denkaufgabe von Kahneman, bei der sich System 1 unmittelbar angesprochen fühlt: Ein Tischtennisschläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro. |
Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball? Wenn Sie jetzt 10 Cent denken, sind Sie dem Schnellen Denken aufgesessen – und wenn das niemand korrigiert, kann es im wirklichen Leben zu gravierenden Fehlentscheidungen kommen. Dann wird Lernen verhindert bzw. Falschlernen begünstigt und Lern-Motivation gedämpft. (Richtige Antwort: Der Ball kostet 0,05 Cent.) Gerade bei komplexen Entscheidungen erweist sich Schnelles Denken oftmals als verhängnisvoll. Deswegen sollte im Hintergrund immer auch System 2 in Notdienst-Bereitschaft sein. Das reduziert Ärger, Konflikte und Energieräuber. Nachteile von System 2 Aber: System 2 arbeitet langsam, mit Bedacht, mit Selbstkontrolle. Das verlangt Zeit, die wir uns oft nicht nehmen (können). Hinzu kommt, dass das Langsame Denken eher bequem ist. Schließlich soll das Gehirn möglichst ökonomisch arbeiten; es ist ohnehin unser größter Energieverbraucher. Deswegen verlässt sich System 2 bis zum «Beweis des Gegenteils» darauf, dass System 1 es schon richtigmacht. Es wird erst aktiv, wenn die Ergebnisse von System 1 falsch sind oder Probleme bereiten – oder von vornherein klar ist, dass die Angelegenheit sorgfältiges Abwägen erforderlich macht. Schwierige Entscheidungen oder kritische Situationen benötigen selbstverständlich Langsames Denken; sich dann auf das Schnelle Denken zu verlassen («Da wird mir schon was einfallen!») ist sehr riskant. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen Langsames Denken «im Weg steht», wo schnelles Reagieren statt tiefgründigen Reflektierens gefragt ist. Deswegen ist es sach- und gesundheitsdienlich, sich beider Denkstrukturen bewusst zu sein und sie adäquat einzusetzen. Personen unterscheiden sich durchaus darin, wie schnell System 2 «eingreift» und wie dominant Schnelles Denken ist. Bei impulsiven, hyperaktiven Menschen hat das Langsame Denken eine hohe Toleranzschwelle. •Können Sie sich an Beispiele erinnern, wo Ihnen Schnelles Denken bzw. Langsames Denken einen «Streich» gespielt hat? •Kommt es Ihnen in Ihrem Kollegium mehr auf Schnelles Denken oder auf Langsames Denken an? |
1.4 Zwei Varianten von Schulentwicklung
Schulentwicklung kann in zwei Richtungen gehen: Zum einen kann sie darauf abzielen, das Lehrangebot für Schülerinnen und Schüler zu erweitern. Zum anderen können Gegenstand von Entwicklungsarbeit die psychosozialen Leistungsvoraussetzungen und die Arbeitsbedingungen sein, d. h. die schulinternen Ressourcen, die ein Kollegium benötigt, um seine Schule als gute, gesunde Schule zu gestalten und zu stärken.
Angebotserweiterung
Externer Veränderungsdruck bezieht sich in der Regel auf das schulische Bildungsangebot: neue Fächer, neue Unterrichtsformen, neue Strukturen, erweiterte Betreuungsangebote, Doppelbesetzung usw. Selbst wenn für derartige Vorhaben hinreichend externe Ressourcen bereitgestellt werden, bringen sie doch für die einzelnen Lehrpersonen in der Regel zusätzliche Beanspruchung mit sich: Mehrarbeit, Neuorientierung und Neujustierung ihrer fachlichen und pädagogischen