Название | Person werden |
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Автор произведения | Dorothea Gnau |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Studien zur systematischen und spirituellen Theologie |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783429062194 |
Aufgrund der konstitutiven Rolle, die der Pneumatologie innerhalb der orthodoxen Theologie zukommt und ohne die auch das Konzept einer Neopatristischen Synthese nicht zu denken ist, ist sie von zentraler Bedeutung quer durch alle theologischen Traktate hindurch. Für eine orthodoxe theologische Anthropologie ist sie besonders im Blick auf die Ekklesiologie und die Sakramententheologie relevant, die geradezu als »Entfaltung« einer orthodoxen theologischen Anthropologie betrachtet werden kann.
2.Ekklesiologie
Die geforderte konstitutive Rolle der Pneumatologie innerhalb der Theologie wird deutlich in einem weiteren wichtigen Themengebiet der orthodoxen Theologie des 20. Jahrhunderts, der Ekklesiologie. Zizioulas bezeichnet sie sogar als »das theologische Thema unseres Jahrhunderts«.126 Dass die Ekklesiologie in einer Theologie, die sich so stark ihrer kirchlichen Tradition und Verortung bewusst ist, eine wichtige Rolle spielt, ist zunächst nicht ungewöhnlich. Neu von der Pneumatologie und deren zentraler Bedeutung für die Ekklesiologie her bedacht wurde die Ekklesiologie bereits in der russischen Theologie des 19. Jahrhunderts von Chomjakov und der Bewegung der Slawophilen. Unter dem Begriff der »Sobornost«, kennzeichnete sie eine eigene Strömung innerhalb der russischen Theologie, die jedoch schon bald innerhalb der orthodoxen Theologie (u.a. von Florovsky) heftig kritisiert wurde.127 Diskutiert wird in der neueren orthodoxen Theologie im Anschluss an die von Chomjakov angeregte Debatte vor allem das Verständnis der Katholizität der Kirche und in diesem Zusammenhang das Verhältnis von Ortskirche und Universalkirche sowie das Verhältnis von Eucharistie und Kirche.
Das Verhältnis von Eucharistie und Kirche steht im Zentrum der Eucharistischen Ekklesiologie, die im 20. Jahrhundert von orthodoxen Theologen entfaltet wurde. Sie versteht Kirche zuallererst als eucharistische Gemeinschaft. Wenn sich die Kirche an einem Ort versammelt, um Eucharistie zu feiern, um durch den Empfang des Leibes Christi selbst zum Leib Christi zu werden, dann entsteht Kirche.128 Diese Eucharistische Ekklesiologie stützt sich auf eine lange biblische (vor allem 1 Kor 10,16f.) und patristische Tradition. Für ihre moderne Ausprägung steht zuerst der russische Theologe Nikolaj Afanas'ev (1893-1966). In der zur Eucharistie versammelten konkreten Einzelgemeinde sah er die katholische Kirche in ihrer Vollgestalt verwirklicht. Entscheidende Korrekturen erhielt die Eucharistische Ekklesiologie durch Alexander Schmemann und Joannis Zizioulas. Der lange Zeit in Amerika lehrende russische Theologe Alexander Schmemann gab der neueren orthodoxen Theologie durch seine Arbeiten auch in einem weiteren wichtigen Themenfeld, der Liturgie, wichtige Impulse. Auch Nellas, Yannaras und Zizioulas verdanken ihm wichtige Anstöße. Eng mit der Ekklesiologie und dem Liturgieverständnis verknüpft sind zudem weitere Fragen der Sakramententheologie und Amtstheologie, die durch den Ökumenischen Dialog neue Dringlichkeit erfahren.
Für die Anthropologie von Ioannis Zizioulas, Christos Yannaras und Panagiotis Nellas bildet die Liturgie als zentraler Ort der ekklesialen Erfahrung einen entscheidenden Bezugspunkt. Die systematische Durchdringung einer Eucharistischen Ekklesiologie steht im Denken von Ioannis Zizioulas in engster Verbindung mit dem Personsein des Menschen. Die Eucharistie ist gewissermaßen das »Herz«129 seiner gesamten Theologie. Von seinem personalistischen Denkansatz her reflektiert er die Ekklesiologie, wie er umgekehrt von seiner Eucharistischen Ekklesiologie her sein Personverständnis entwickelt.
3.Theologische Erkenntnislehre
Ein zentrales Thema gegenwärtiger orthodoxer Theologie ist weiterhin die Theologische Erkenntnislehre. In ihr bündeln sich die methodologischen und epistemologischen Fragen sowie die Fragen einer theologischen Hermeneutik, die sich aus dem von der Neopatristischen Synthese geforderten Paradigmenwechsel ergeben.
Angeregt durch die Wiederentdeckung der mystischen und asketischen Tradition erfolgte in der orthodoxen Theologie des 20. Jahrhunderts eine Rückbesinnung auf die alte Tradition der apophatischen Theologie.130 Erste Ansätze einer solchen apophatischen Theologie wurden bereits von Gregor von Nazianz entwickelt, später dann entscheidend von Pseudo-Dionysios Areopagita und Maximus Confessor herausgearbeitet und schließlich im 11. Jahrhundert im Zuge des Hesychastenstreits von Gregorios Palamas breiter entfaltet und systematisiert. Die theologische Richtung, die diese Tradition im 20. Jahrhundert wieder neu aufleben lässt, wird deshalb auch als »Neopalamismus« bezeichnet.
Es war vor allem Vladimir Lossky, der in seinem Buch »Die Theologie der morgenländischen Kirche« die Tradition der apophatischen Theologie neu aufgriff und in ihr die differentia specifica der ostkirchlichen Theologie gegenüber der westlichen sah. Entscheidend für das Verständnis der apophatischen Theologie ist, dass es ihr nicht um eine theologische Einzelfrage geht, sondern um eine grundsätzliche Haltung, in der Theologie betrieben wird. Noch immer wird dies von vielen orthodoxen Theologen als Spezifikum vor allem in Abgrenzung zu westlichen Entwürfen einer »Negativen Theologie« hervorgehoben. Ausgangspunkt der apophatischen Theologie ist die grundsätzliche Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit der Gotteserkenntnis. Kann der Mensch Gott erkennen? Und was ist das, was er in der mystischen Schau erkennt? Ist es Gott selbst? Oder etwas von Gott Unterschiedenes? Ist der Mensch angesichts der grundsätzlichen Alterität Gottes überhaupt fähig, Gott selbst erkennen? Die apophatische Theologie in der Tradition des Gregor Palamas antwortet auf diese Frage mit einer großen Skepsis gegenüber den Möglichkeiten des menschlichen Verstandes, Gott zu erkennen. Sie grenzt sich in diesem Punkt deutlich von westlichen scholastischen Konzeptionen ab. Gleichwohl hält sie daran fest, dass der Mensch unter bestimmten Voraussetzungen und nur durch das Gnadenwirken Gottes Gott erfahren kann. Der entscheidende Begriff zum Verständnis der apophatischen Theologie lautet daher Erfahrung.
In der Reflexion der Bedingungen der Möglichkeit einer solchen Erfahrung unterscheidet die ostkirchliche Theologie in der Tradition des Gregorios Palamas zwischen der Ousia Gottes, die dem Menschen immer unzugänglich bleibt, und den Energien in Gott. Seinem Wesen (Ousia) nach ist und bleibt Gott unerkennbar. Um überhaupt für den Menschen erkennbar zu sein, muss Gott selbst sich dem Menschen durch sein Gnadenwirken mitteilen. Diese Mitteilung geschieht mittels der »Energien« Gottes. Nur sie sind der Erfahrung des Menschen zugänglich, wobei eine solche Erfahrung stets ein gnadenhaftes Geschehen bleibt. Die Unterscheidung zwischen der Ousia und den Energien Gottes und vor allem die Energienlehre selbst sind im Laufe der Tradition verschieden weiterentwickelt