Название | Artgerechte Partnerhaltung. Das Geheimnis glücklicher und beständiger Liebe |
---|---|
Автор произведения | Andreas Winter |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783863745103 |
Und Sie kennen das sicher auch: Nur weil Sie sich als Frau für die Arbeit etwas stylen, die Nägel lackieren und gepflegte Garderobe tragen, ziehen Sie sich möglicherweise die Missgunst Ihrer Arbeitskolleginnen zu. Man glaubt, Sie wären opportunistisch, falsch und wollten mit weiblichen Reizen Ihrer Karriere auf die Sprünge helfen. Dabei denken Sie weder in Konkurrenzen, noch wollten Sie jemanden demütigen. Im Gegenteil: Sie empfinden ein gepflegtes Äußeres als Wertschätzung den Kunden, Kollegen und der Geschäftsleitung gegenüber. Die Personen, die Ihnen argwöhnisch unterstellen, Sie wären eine falsche Schlange, haben möglicherweise in der Kindheit erlitten, wie jemand, der optisch angenehm auffiel, sich damit zugleich Vorteile erschlichen hat. Dieses Muster bleibt im Unterbewusstsein wie ein Radar aktiv und schießt auf alles, was den abgespeicherten Kriterien entspricht.
Und das alles nur, weil das Gehirn Energie sparen will, denn neue neuronale Verschaltungen anzulegen, „kostet“ mehr, als die vorhandenen zu nutzen – selbst wenn das Ergebnis totaler Blödsinn ist. Solange man mit diesem Ergebnis nicht totalen Schiffbruch erleidet, wird nichts geändert. Glauben Sie mir nicht? Dann zeige ich es Ihnen.
Lesen Sie bitte den folgenden Text. Er wird Ihnen zeigen, dass unsere Erwartungshaltung sogar ganz extrem unsere Wahrnehmung bestimmt. Dieser Text kursiert seit Jahren im Internet, so etwa bei www.spiegel.de. Die Ursprungsquelle ist mir leider nicht bekannt. Lesen und staunen Sie:
„Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid. Das Ezniige, was wcthiig ist, ist, daß der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als Gseatems.“
Sie konnten diesen Text lesen, weil bei zu erwartenden Wörtern die Reihenfolge der Buchstaben bis auf wenige Schlüsselpositionen für das Verstehen völlig unerheblich ist – wir machen uns unseren Text im Kopf selbst. Je öfter Sie den Text lesen, desto mehr glauben Sie, dass da stünde: „Gemäß einer Studie einer englischen Universität ist es nicht wichtig, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort sind. Das Einzige, was wichtig ist …“ usw. Doch das steht da nicht, wie Ihnen jeder Erstklässler, der Buchstabe für Buchstabe liest, beweisen wird. Wir können das Ganze noch übertreiben.
D3NN W3NN 513 D3N FOLG3ND3N T3XT 383NF4LL5 NOCH L353N, D4NN W1RD 1HN3N L4NG54M KL4R, D455 35 1HN3N VÖLL1G 3G4L 15T, W3N OD3R W45 513 VOR 51CH H483N, D3NN 513 53H3N NUR, W45 513 M1T 1HR3N 4UG3N 53H3N MÖCHT3N – UNG34CHT3T D3R R34L1TÄT.
Ich wiederhole: Sie sehen nur, was Sie mit Ihren Augen sehen möchten – ungeachtet der Realität! Noch Fragen?
Es gibt eine Vielzahl von optischen Täuschungen, die uns ebenso zeigen, dass wir das sehen, was wir erwarten – und nicht das, was wir nicht kennen. So wird überliefert, dass die ersten Indianer die Schiffe der Konquistadoren nicht sehen konnten, weil sie für etwas so Ungeheuerliches kein Wahrnehmungsrepertoire hatten. Es soll Tage gedauert haben, bis der beobachtende Strandposten die riesige Santa Maria plus Begleitung optisch erfasste. In dem Buch „Bleep“1 finden Sie zwei Beispiele dafür, dass Wahrnehmung an Erfahrung geknüpft ist: Junge Katzen, die in einem Raum ohne vertikale Linien aufwuchsen, wurden nach einigen Wochen in eine „normale Umgebung“ gebracht und konnten keine Stuhlbeine sehen – sie liefen dagegen. Kleinflugzeuge, die auf einer Autobahn notlanden, werden oft nach dem Stillstand von Autofahrern gerammt, die zu Protokoll gaben, sie hätten kein Flugzeug gesehen. Die Ermittler der Versicherungen fanden heraus, dass Autofahrer einfach nicht mit Flugzeugen auf der Autobahn rechnen und sie deshalb nicht wahrnehmen können.
Wenn Sie noch immer nicht glauben, dass unsere sinnliche Wahrnehmung von unseren Erwartungen abhängt, dann machen Sie einmal folgendes Experiment: Sie setzen sich in eine Stadtwohnung, in der Sie bei geöffnetem Fenster den Autoverkehr hören können. Nun schließen Sie die Augen und stellen sich vor, das Rauschen des Autoverkehrs wäre das Rauschen der Wellen am Strand. Bauen Sie alle Geräusche in die geistige Strandszenerie ein. Man braucht keine trainierte, bildhafte Vorstellungskraft, um bereits nach ein bis zwei Minuten Urlaubsfeeling zu verspüren.
Und so „erfinden“ wir uns leider auch unsere Verliebtheit oftmals selbst, weil wir aufgrund von Erwartungen denken, unser Partner hätte bestimmte Eigenschaften, die wir für begehrenswert halten – dabei sind diese Erwartungen lediglich Muster aus Vereinfachungen unserer Erfahrungen.
Das Fatale am Kennenlernen ist: Je weniger Informationen wir von unserem Gegenüber bekommen, desto mehr Daten ergänzen wir aus unserem eigenen Repertoire. Das ist besonders verhängnisvoll, wenn wir beispielsweise durch das Internet jemanden „kennen“ lernen. Bei einer Begegnung vis-à-vis bekommen wir Millionen von Informationen, die wir alle gleichzeitig aufnehmen. So etwa allein bei der Stimme: den Klang, die Melodie, die Lautstärke, die Geschwindigkeit, die Tonhöhe, die Sprachrichtung – dazu kommen noch die Wortwahl, das Sprachniveau, die Grammatik und die Kommunikationskompetenz (also, ob man Sie ausreden lässt usw.). Weiter geht es mit den Augen: die Farbe, die Wimpernlänge, Wimpernfarbe, die Lidschlagfrequenz, die Blickrichtung, der Öffnungsgrad der Augen, die Pupillengröße, die Fältchen, die Tränensackbeschaffenheit. Sie registrieren Mund, Lippen, Nase, Kinn, Größe, Körperhaltung, Frisur, Bekleidung und und und. Im Internet-Chat haben Sie statt Millionen von Eindrücken nur ein paar elektronische Zeichen, die Wortwahl und die Antwortgeschwindigkeit – das war’s. Den Rest fügen Sie aufgrund Ihrer Erwartungen hinzu, verlieben sich bis über beide Ohren in Ihre eigenen Vorstellungen, und bis Ihnen dieser Irrtum auffällt, vergeht eine Ewigkeit.
Vor einiger Zeit schrieben die Zeitungen über das jordanische Ehepaar Bakr und Sanaa Melhem, das sich im Internet einen heimlichen Flirtpartner suchte – anonym natürlich – und prompt an den eigenen Partner geriet. Als es zum Blind Date kam, flog die Sache auf, und anstelle eines Happy Ends endete die Ehe mit Scheidung. „Beide waren durch einen Ortswechsel für mehrere Monate getrennt. Und beide hatten anscheinend dieselbe Idee. Ein kleiner Flirt im Netz würde die Zeit des Wartens sicher schneller vorübergehen lassen. Bakr, der sich beim Online-Dating Adnan nannte, lernte bald eine interessante Frau kennen. Ihr Name war Dschamila. Dschamila war eine kultivierte, unverheiratete Frau und strenggläubige Muslimin. Bakr ahnte nicht, dass Dschamila in Wirklichkeit seine Ehefrau Sanaa war. Nach drei Monaten intensiver Flirts im Netz war es um die beiden geschehen. Man wollte für immer zusammenbleiben. „Adnan“ und „Dschamila“ hatte es voll erwischt. Bei einem ersten Treffen wollten sie die Sache klarmachen und ihre Verlobung besiegeln. Als Bakr bei diesem Rendezvous zu seinem Entsetzen in Dschamila seine Ehefrau erkannte, rief er in voller Lautstärke: ‚Ich verstoße dich, ich verstoße dich, ich verstoße dich!‘ – die traditionelle Scheidungsformel des Islam. ‚Du bist ein Lügner‘, antwortete Sanaa noch. Dann fiel sie in Ohnmacht“ (zitiert aus: http://flirt.stuttgarter-zeitung.de/newsletter/61/).
Was für eine tragische Geschichte! Man sieht: Wenn Partner ihre gegenseitigen Vorurteile außen vor lassen, können sie sich durchaus erneut ineinander verlieben. Hätten sich Bakr und Sanaa besser ganz bewusst um den Abbau ihrer Vorurteile gekümmert, wären sie heute womöglich in den zweiten Flitterwochen.
Dahingegen ist es relativ einfach, einen Menschen beim ersten Blick auf Herz und Nieren zu checken. Eigentlich sind wir „innerhalb von einer Sekunde splitternackt“, wie ich auf meinen Vorträgen immer demonstriere. Allein, wie unsere Körperhaltung ist, ob und welchen Schmuck wir tragen, den Modestil, die Frisur und die Gesichtsfältchen liefern Millionen von verwertbaren Daten. Wir sehen so aus, wie wir sind – selbst wenn wir uns verstecken, so kann man wahrnehmen, dass wir uns verstecken. Jeder von uns verfügt über Intuition. „Bauchgefühl“ nennt man das. Dieses wird uns zwar leider oft aberzogen, weil man uns einbläut, die unterbewussten Wahrnehmungen und Körpersignale wären nur Vorurteile. Man sollte natürlich ein Buch nicht