Название | inspiration 1/2020 |
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Автор произведения | Verlag Echter |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783429064778 |
Impressum
46. Jahrgang – Heft 1, März 2020
ISSN 2366-2034
Die Zeitschrift »inspiration« erschien bis zum 41. Jahrgang 2015 unter dem Titel »meditation« mit der ISSN 0171-3841
Verlag: Echter Verlag GmbH, Dominikanerplatz 8, 97070 Würzburg
Telefon (09 31) 6 60 68-0, Telefax (09 31) 6 60 68-23, Internet: www.echter.de
Satz: Crossmediabureau, Jürgen Georg Lang, Gerolzhofen
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Redaktion: Maria Gondolf, E-Mail: [email protected], Tel.: 0 22 26/8 90 05 29;
Clarissa Vilain, E-Mail: [email protected]
inspiration erscheint viermal im Jahr
Informationen unter www.echter.de/zeitschriften/inspiration Abonnementskündigungen nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus, Kommissionsgeschäft GmbH, Kreidlerstraße 9, 70806 Kornwestheim, www.brocom.de
Bildnachweis:
Titelmotiv: Panka Chirer-Geyer – www.panka.info
S. 53/54: © Johannes Schröer
Inhalt
inspiration
Heft 1.20 · Komplexe Welt
Editorial
Sr. M. Ancilla Röttger osc
In einer komplexen Welt zur Einfachheit finden
Maria Herrmann
Ein Lob auf den verspäteten Zug
Prof. Dr. Heinz-Josef Fabry
Die Gottesfrage in einer komplexen Welt
Christian M. Rutishauser SJ
Der eine Gott und die Vielfalt/Komplexität der Welt
Prof. Dr. Hans-Joachim Sander
Von Gott sprechen – sich komplexe Räume zumuten
Dr. Christine Lungershausen
Hoffnung sichten – Rituale und Komplexität
Christoph Fleischmann
Gerechtigkeit ist nicht einfach …
Dennis Frühbrodt
Zwischenruf - In der Komplexität handlungsfähig bleiben
Johannes Schröer
Sichtweisen. Wie kommt das Komplexe ins Bild - Ein Fotograf erzählt
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
manchmal verliert man den Überblick. Zu viel stürmt auf einen ein. »Es ist komplex« – ist oft zu hören, wenn etwas nicht geklappt hat und die benannte Unüberschaubarkeit zum Scheitern geführt hat. Komplexität erscheint dann als Bedrohung. In der komplexen Welt stecken aber auch Chancen und Möglichkeiten. Komplexität zu erschließen kann bedeuten, Menschen und ihre Angelegenheiten zu verbinden, Neues und Altes, Probleme und Lösungen. Hier ist Raum für Neues, Improvisationen, Anfänge.
Wenn sich in diesen Tagen Menschen aus der katholischen Kirche – Frauen und Männer, Bischöfe und Laien, »Expertinnen« und »einfache Gläubige« – gemeinsam auf den synodalen Weg machen, dann erleben sie Komplexität – beängstigend für manche, ein Anfang für andere, vielfältiger als gedacht für die meisten.
In Zeiten, in denen Populisten die Welt mit einfachen Antworten auf komplexe Probleme erklären wollen, spüren viele, dass das verlockend ist, aber eben doch keine Lösung.
Mit dieser Ausgabe der Inspiration verbinden wir verschiedene Perspektiven auf die Komplexität und durchschreiten die komplexe Welt von sehr unterschiedlichen Startpunkten aus. Es kommen unterschiedliche Autorinnen und Autoren mit ihren Wahrnehmungen und Zugängen zu Wort. Dabei gehen sie den folgenden Fragen nach: Welche Rolle spielen Religiosität, Spiritualität und Rituale im Angesicht einer komplexen Welt? Wie finden sich Wege zur Einfachheit? Wie bleibt man handlungsfähig, ohne alles überblicken zu können? Und ganz konkret: Wie komplex ist eigentlich Gerechtigkeit?
Religiosität und Spiritualität können Wege sein mit der Komplexität umzugehen. Gott und das Sprechen von ihm aber ist dabei auch eine komplexe Angelegenheit. Dabei stehen die drei Beiträge zur Gottesfrage und der Frage, wie man von und zu Gott sprechen kann, die auf ganz unterschiedliche Weise von Komplexität und Einheit sprechen nicht im Widerspruch zueinander, sondern zeigen erst die Vielfalt der Möglichkeiten.
Inspirierende Zeit mit dieser Ausgabe wünscht Ihnen,
Clarissa Vilain
Sr. M. Ancilla Röttger osc
In einer komplexen Welt zur Einfachheit finden
Geistliche Begleitung
Als geistliche Begleiterin widmet sich Sr. Ancilla der Frage, wie es möglich ist mit Verunsicherung und bedrohlicher Komplexität positiv umzugehen. In der geistlichen Begleitung zeichnet sie einen Weg aus dem Glauben heraus Leitung für sich selbst zu übernehmen.
In meiner Weise Menschen zu begleiten erfülle ich die Standards geistlicher Begleitung vielleicht nicht im klassischen Sinn. In meinem Selbstverständnis als Begleiterin sehe ich mich eher als ein Coach auf geistlichem Weg. Durch gezielte, hilfreiche Fragen möchte ich Menschen helfen zu ihren Lösungen zu finden.
Das Ziel ist entscheidend: Menschen auf ihrem Alltagsweg zu begleiten, dass sie dahin finden, in Freiheit aufrecht vor Gott, vor den Mitmenschen und vor sich selbst zu stehen. Dabei steht mir eine mir sehr wichtige Szene aus dem Johannesevangelium vor Augen: Der Hohepriester befragt Jesus über seine Jünger und seine Lehre, und Jesus verweist ihn auf all die, die ihm zugehört haben. Schließlich hat er in aller Öffentlichkeit gelehrt. Daraufhin schlägt ihn einer der Diener des Hohenpriesters ins Gesicht und Jesus konfrontiert ihn: »Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach; wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?« (Joh 18,23). Das wäre für mich christliche Freiheit: nicht zurückschlagen, aber dem anderen die Frage nach seinem Tun nicht ersparen. Dahin möchte ich Menschen begleiten auf ihrem Weg, und der beinhaltet sowohl die Konfrontation mit den anderen, mit sich selbst und mit Gott.
In einer veränderten Welt, die immer komplizierter und immer komplexer wird, verlangt es eine immer stärkere Konzentration, sich vom Eigenen nicht abbringen zu lassen und das Eigene überhaupt erst zu entdecken. Humboldt soll einmal gesagt haben: Die schlechteste Weltanschauung ist die, die die Welt nie angeschaut hat! Also schauen wir zuerst auf diese Welt, die der Boden ist, auf dem wir versuchen nach dem Evangelium zu leben und unserem Glauben im Alltag Gestalt zu geben.
Freiheit: nicht zurückschlagen, aber dem anderen die Frage nach seinem Tun nicht ersparen.
Ein aus seinem Dienst scheidender Kriminalpolizist, der zugleich als Diakon seelsorglich tätig ist, schrieb im Pfarrbrief seiner Pfarrei über die Veränderungen, die er in seinem Einsatz, zuletzt als Opferschutzbeauftragter, im Laufe der Jahrzehnte wahrgenommen hat: unter anderem eine »höhere Aggressivität, gekoppelt mit Respektlosigkeit und Gewalt gegenüber Autoritäten sowie eine gestiegene Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung unseres Landes. Der Hass und die Hetze im Netz werden fast schon gesellschaftsfähig. […] Die eigene [oft unreflektierte] Meinung scheint das Nonplusultra