Nachhaltig investieren für Dummies. Alexandra Bolena

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Название Nachhaltig investieren für Dummies
Автор произведения Alexandra Bolena
Жанр Личные финансы
Серия
Издательство Личные финансы
Год выпуска 0
isbn 9783527831869



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passt.

      Der Zugang der evangelischen Kirche scheint somit, jedenfalls wenn es um Impact und Veränderung geht, passender – weil eben pragmatischer – zu sein als der katholische »Alles-oder-nichts-Zugang« .

      Fonds, die nach evangelischen Prinzipien gemanagt werden, gibt es von der Evangelischen Bank, aber auch andere große Investmenthäuser verwalten Fonds, die laut Werbebroschüren im Einklang mit den Empfehlungen der Evangelischen Kirche Deutschlands investieren. Hier ein Überblick: www.aki-ekd.de/leitfaden-ethisch-nachhaltige-geldanlage/.

      Glaubensfragen sind aber in jedem Fall etwas sehr Persönliches und natürlich hat auch die katholische Argumentation etwas für sich. Offensichtlich wird anhand dieser Beispiele allerdings, dass ethische Fragen komplex sind und nachhaltiges Investieren gar nicht so einfach. Einmal mehr der Tipp: Nach kirchlichen Kriterien verwaltete Fonds können Ihnen viel Kopfzerbrechen ersparen.

      Religiös-ethische Regeln zu Geldgeschäften für Muslime werden unter den Begriffen Islamic Finance, Islamic Banking oder islamkonformes Bankwesen zusammengefasst. Diese Regeln setzen sich aus den Bestimmungen, die in den religiösen Schriften des Islams enthalten sind, sowie aus dem Konsens über die Regeln zum Umgang mit Geld und Investitionen unter islamischen Rechtsgelehrten zusammen. Das islamische Finanzwesen zielt aktuell weniger auf Nachhaltigkeit im ökologischen Sinn ab, vielmehr legt es das im Islam vorherrschende Verständnis von Ethik auf den Umgang mit Kapital um – ein Grund mehr, es in diesem Kapitel zu erwähnen.

      Ein zentrales Prinzip des Islamic Banking ist das Zinsverbot. Klassische Kredite sind deshalb ebenso verboten wie Spekulieren in jeder Form, also Investments in Aktien oder Anleihen. Daraus ergibt sich die Vorgabe, nur in reale Güter zu investieren. Zusätzlich gibt es klare Ausschlusskriterien. Verboten sind etwa Investitionen in Rüstungs-, Tabak-, Porno- und Alkoholindustrie sowie in Unternehmen, die mit Schweinefleisch handeln oder dieses verarbeiten. Außerdem sind all jene Unternehmen ausgeschlossen, die sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befinden, da dies eine hoch riskante Investition wäre, die wiederum durch das allgemeine Spekulationsverbot untersagt ist.

      Auf Basis dieser Einschränkungen gibt es allerdings durchaus innovative Angebote von Islamic-Banking-Instituten, die – um es offen auzusprechen – oben genannte Verbote indirekt einfach umgehen. Statt Kredite mit festem oder variablem Zins zu vergeben, werden Konsumgüter oder Immobilien beispielsweise von der Bank selbst angekauft und mit einem entsprechenden Aufschlag in Raten an den Kunden weiterverkauft.

      Das islamkonforme Bankgeschäft ist in Deutschland bereits gut etabliert. So bietet zum Beispiel die KT Bank als erste Bank Deutschlands umfassende Finanzprodukte und Dienstleistungen nach den Prinzipien des islamischen Bankwesens an. In Österreich und der Schweiz gibt es auch Anbieter, allerdings nur, wenn man nach ihnen sucht – nach anfänglich medialer Aufregung werden Angebote zurzeit nicht offensiv beworben.

      Wer mehr zu dem Thema wissen will: Das Finanzlexikon der Iniaia (www.inaia.at/islamic-finance-lexikon/) bietet umfassend Auskunft über alle relevanten Begriffe, die Sie in Zusammenhang mit Islamic Banking interessieren könnten. Hier der Link zur KT Bank und deren konkreten Angeboten: www.kt-bank.de/.

      Ein Zinsverbot gab es neben dem Koran auch schon im Alten Testament (Buch Moses) und daher auch bei Christen und Juden. Im Christentum galt das Zinsverbot bis ins 16. Jahrhundert, wurde dann aber sukzessive abgeschwächt, bevor es 1882 mehr oder weniger ohne Begründung ganz aufgehoben wurde.

      Obwohl Juden und Christen ursprünglich aus denselben religiösen Quellen schöpfen, ergaben sich für beide Religionsgemeinschaften im europäischen Mittelalter zwei unterschiedliche, einander gegenläufige Konsequenzen.

      Während bereits in den ersten frühchristlichen Jahrhunderten ein generelles Zinsverbot als Grundsatz des christlichen Glaubens formuliert worden war und 1215 in Form eines generellen Zinsverbotes im Rahmen eines »kanonischen Zinsverbots« institutionalisiert und als Kapitalverbrechen definiert wurde, war den Juden das Geschäft mit Geld erlaubt. Bereits im Jahr 1179 hatte Papst Alexander III. den jüdischen Gemeinschaften das Recht zugestanden, Geld gegen Zinsen zu verleihen.

      Fakt war aber auch, dass die mittelalterliche Wirtschaft Europas nicht ohne das Verleihen von Geld ausgekommen ist. Geldgeschäfte liefen daher im Wesentlichen über den jüdischen Teil der Bevölkerung. Das hatte allerdings zur Folge, dass die breite Bevölkerung das Judentum immer wieder als Inbegriff der Gier und Sündhaftigkeit brandmarkte – und doch selbst genau für den Umstand, dass Geldgeschäfte über Juden laufen mussten, Verantwortung trug. Dazu gesellte sich häufig der Neid auf jene jüdischen Geschäftsleute, die über Geldgeschäfte wohlhabend geworden waren. Diese Verbindung aus christlich-moralischer Überlegenheit und persönlicher Missgunst bildete einen wichtigen Ausgangspunkt für die jahrhundertelangen Judenverfolgungen Europas.

      Prinzipiell ist das Thema Geldanlage im Judentum sehr kompliziert. Verkürzt lässt sich aber sagen, dass alles, was durch das Tora-Gesetz tabuisiert wird, auch einem finanziellen Anlageverbot unterliegt. Dazu zählen das Zinsverbot, für das es allerdings Ausnahmen gibt, sämtliche Formen des Glücksspiels, die Prostitution und all jene Bereiche, die aufgrund von rituellen Vorschriften verboten sind, wie beispielsweise die Kombination von Milch und Fleisch.

      

Fastfoodketten, die Fleisch und Milch nicht hinreichend trennen, sind aus veranlagungstechnischer Sicht ein No-Go nach jüdischem Glauben.

      Auch Beteiligung an jüdischen Unternehmungen, die sich nicht an die Sabbat-Vorschriften halten, wie beispielsweise Reiseunternehmen oder gastronomische Betriebe, die sieben Tage in der Woche ihre Dienste anbieten, sind für Investments nicht erlaubt. Darüber hinaus gilt die rein ethisch-moralische Richtlinie, dass in keine Industrien investiert werden soll, die mit gesundheitsschädlichen Produkten zu tun haben, wie beispielsweise die Tabakindustrie. All das ist aber nicht schriftlich fixiert, sondern ergibt sich aus dem Glauben selbst und wird mit dem Rabbi besprochen. Auch die Informationen in diesem Buch stammen aus einem solchen persönlichen Gespräch mit einem Vertreter der jüdischen Religionsgemeinschaft in Wien.

      Conclusio: Als gläubiger Mensch können Sie sich bei Fragen rund um das Thema Veranlagung an den ethischen Prinzipien und Leitfäden der jeweiligen Religionsgemeinschaft orientieren – entweder sind diese schriftlich verfasst oder ein Glaubensgelehrter wird Ihnen Auskunft geben. Wenn Sie jedoch eher ein Freigeist sind, dann müssen Sie sich Ihren eigenen Kopf zerbrechen. Denkanstöße dazu finden Sie in den nächsten Kapiteln.

      Gut überlegen: Welche Nachhaltigkeitskriterien sind Ihnen wichtig?

      IN DIESEM KAPITEL

       Das »Do No Significant Harm«-Prinzip

       EU-Taxonomie und typische Ausschlusskriterien

       Das Investmentuniversum Best-in-Class

      Dieses Kapitel bietet Ihnen die Möglichkeit, das Thema Nachhaltigkeit konkret abzustecken und anhand verschiedener Prinzipien die für Sie relevanten zu identifizieren. Zunächst wird das DNSH-Prinzip erläutert, bevor auf einige typische Ausschlusskriterien eingegangen wird. Im letzten Abschnitt lernen Sie dann den »Best-in-Class«-Ansatz näher kennen.