Название | Engelgeschichten der Bibel |
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Автор произведения | Christiane Herrlinger |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783438072030 |
Vom Himmel hoch
Vorwort
Vom Himmel hoch, da kommen sie her, die Engel. Zur Weihnachtszeit begegnen sie uns überall. Unsere Weihnachtslieder sind voll von singenden Engeln. Als Figur der Weihnachtskrippe oder des Krippenspiels – mit weißem Gewand, Flügeln und goldenem Heiligenschein – darf der Engel nicht fehlen. Ebenso wenig als Motiv auf Postkarten und allen Arten von Weihnachtsdekoration. Die Engel bringen himmlischen Glanz in die Weihnachtszeit und lassen nicht nur Kinderaugen leuchten.
Doch auch außerhalb der Weihnachtszeit sind die geflügelten Wesen präsent. Viele Engelsdarstellungen aus der Kunst sind weltberühmt. Etwa das »Engelskonzert« auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald, die »Verkündigung« von Leonardo da Vinci oder Michelangelos Trompete blasende Engel auf dem »Jüngsten Gericht« in der Sixtinischen Kapelle. Die beiden als Putten gestalteten Engelchen am unteren Bildrand der »Sixtinischen Madonna« von Raffael sind sogar bekannter als das Gemälde als Ganzes. Und auch in der klassischen Moderne sind Engel ein Thema, etwa bei Chagall oder Paul Klee.
Engel faszinieren die Menschen. Zu allen Zeiten und überall auf der Welt. Auch wenn die wenigsten Menschen je einen leibhaftigen Engel zu Gesicht bekommen haben – eine Welt ganz ohne Engel scheint kaum vorstellbar. Fast alle Religionen kennen diese Zwischenwesen zwischen dem Göttlichen und dem Irdischen, die Mittler, die uns Menschen einen kleinen Einblick in die Sphäre des Jenseitigen, Himmlischen gewähren. Ja selbst die Menschen, die keiner Religion angehören und nicht einmal mehr an Gott glauben, glauben heute vielfach noch – oder wieder – an Engel. In unserer aufgeklärten Welt, in der sonst nur das Sicht- und Messbare zählen, ist das einigermaßen erstaunlich. Was macht die Faszination der Engel aus?
Für viele ist es die Vorstellung eines Schutzengels, die sie besonders berührt: der Gedanke, dass eine besondere Macht ihre Hand über den Menschen hält und ihn vor Schaden bewahrt. Und zwar nur ihn persönlich. Der allmächtige Gott, der für alle Menschen gleichzeitig zuständig ist, erscheint manchem zu fern, um dieses heimelige Gefühl aufkommen zu lassen, das man mit dem persönlichen Schutzengel verbindet. Da ist einer nur für mich ganz allein da.
Auch wenn ein Mitmensch in einer kritischen Situation unerwartet mit Rat und Hilfe zur Stelle ist, sagen viele: »Da ist mir ein Engel begegnet!« Sie spüren, dass hier etwas ganz Besonderes geschehen ist, bei dem das erfahrene Gute über das Normalmaß hinausgeht. Die Deutung als Engelsbegegnung macht das Erlebte fassbar.
Für andere ist die Rede von Engeln mehr eine Metapher. Der Benediktinerpater Anselm Grün stellt in seinen zahlreichen Veröffentlichungen verschiedenste Engel vor: den Engel der Liebe, den Engel der Dankbarkeit, den Engel des Verzeihens, den Engel des Humors … Die Engel werden hier zu einer Personifikation von positiven psychischen Kräften. Was sonst abstrakt bleiben würde, bekommt durch die Verbindung mit den Engeln ein Gesicht.
Doch wie auch immer sie genau gedeutet werden, das Festhalten an den Engeln auch in unserer vom Rationalen geprägten Welt ist Ausdruck der Ahnung, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als man sehen kann.
Die Vorstellungen von Engeln haben in unserem Kulturkreis ihren Ursprung letztendlich alle in der Bibel. Aber nur ein Bruchteil der biblischen Engelsgeschichten dürfte allgemein bekannt sein. In fast allen Teilen der Bibel finden sich Erzählungen, in denen Engel vorkommen. Die Engel haben dabei unterschiedliche Erscheinungsformen und unterschiedliche Aufgaben. Doch immer spricht die Bibel ganz selbstverständlich von ihnen. Dass es sie gibt, steht für das Buch der Bücher nie in Frage.
Sehen wir genau hin. Manchmal treten die Engel womöglich ganz anders auf, als wir es erwarten. Auf der einen Seite machtvoller und gewaltiger. Mit kindlichen Weihnachtsengelchen haben sie meist nicht viel zu tun. Auf der anderen Seite aber auch viel schlichter. Selten ist die Rede von wallenden weißen Gewändern, und viele der biblischen Engel tragen keine Flügel. Und doch sind sie etwas ganz Besonderes. Sie kommen vom Himmel zu den Menschen und machen auf ihre Weise deutlich, dass Gott sich den Menschen liebevoll zuwendet.
Boten Gottes
Unser deutscher Begriff »Engel« geht auf das griechische Wort »angelos« zurück, das mit »Bote« oder »Gesandter« übersetzt werden kann. Auch die Engel der Bibel sind vor allem Boten. Sie überbringen Botschaften und Aufträge von Gott. In vielen Fällen treten sie dabei wie Menschen auf. Sie fliegen nicht, sie strahlen kein übernatürliches Licht aus, ja sie tragen zumeist nicht einmal auffällig weiße Gewänder. Ihr Aussehen scheint entweder so normal oder aber so nebensächlich zu sein, dass es in der Regel gar nicht weiter erwähnt wird. Entscheidend ist nicht ihr Äußeres, sondern ihre Stimme: Sie sprechen einen Menschen an und übermitteln ihm die göttliche Nachricht, und zwar in verständlichen menschlichen Worten. Mit den Engeln kann man reden, so wie man mit Gott selbst wohl nie reden könnte. Sie schaffen damit eine Nähe zu Gott, die ansonsten kaum möglich wäre. Mitten im Alltag Gott begegnen – das halten Menschen wohl nur vermittelt durch einen Engel aus.
Die Botschaften selbst können sehr unterschiedlich sein: ein Versprechen, eine Ankündigung, eine herausfordernde Aufgabe. Immer kommen die Engel überraschend, oft lösen sie zunächst einmal Verwunderung oder sogar Ablehnung aus. Doch die biblischen Engel sind geduldig und wissen die Bedenken der Menschen gekonnt zu zerstreuen.
Eine Botschaft zum Lachen?
Abraham und Sara
Abraham, der spätere Erzvater Israels, wartet schon lange auf eine gute Nachricht. Gott hat ihm Nachkommen versprochen, so unzählbar viele, wie es Sterne am Himmel gibt. Doch noch immer hat seine Frau Sara kein einziges Kind bekommen.
Inzwischen sind Abraham und Sara alt geworden. Eine Nachkommenschaft so groß wie ein ganzes Volk ist mehr als unwahrscheinlich.
Da erhalten die beiden ungewöhnlichen Besuch: Drei Männer tauchen wie aus dem Nichts vor Abrahams Zelt auf. Oder ist es doch nur einer? Die Erzählung lässt die Gestalten eigentümlich changieren. Sind es ganz normale Gäste? Sind es Engel? Oder ist es womöglich Gott selbst, der Abraham besucht?
Die Männer scheinen kein außergewöhnliches Aussehen zu haben. Und doch erfasst Abraham sofort, dass diese Gäste etwas Besonderes sind. Im Grunde begegnen wir hier den typischen Engeln, wie wir sie überall in der Bibel finden: Sie sind Boten. Über sie selbst erfahren wir nichts, sie treten ganz hinter der Botschaft zurück. Ja, sie verschmelzen so sehr mit der göttlichen Botschaft, dass man Gott persönlich sprechen hört.
Und diese Botschaft hat es in sich: In einem Jahr wird Sara einen Sohn haben! Sara, 90 Jahre alt, kann darüber nur lachen. Doch ihr ungläubiges Gelächter wird zu einem befreiten Lachen, als alles, was die Boten angekündigt haben, wahr wird. Gott macht das Unmögliche möglich. Hoffnungslosigkeit hat keine Chance. (1Mose/Genesis 18,1-15; 21,1-8)
Abraham wohnte bei den Eichen von Mamre. Dort erschien ihm der HERR.
Abraham saß gerade in der Mittagshitze am Eingang seines Zeltes. Als er aufblickte, sah er wenige Schritte vor sich drei Männer stehen.
Sofort sprang er auf, warf sich vor ihnen nieder und sagte: »Mein Herr, wenn ich Gnade vor dir gefunden habe, dann geh nicht hier vorüber. Ich stehe dir zu Diensten! Man wird euch sogleich Wasser bringen. Ihr könnt euch die Füße waschen und es euch unter dem Baum bequem machen. Ich will inzwischen eine kleine Erfrischung holen, damit ihr euch stärken und dann euren Weg fortsetzen könnt. Wozu sonst seid ihr bei eurem Diener vorbeigekommen?«