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die keine war

      Ende der 1950er-Jahre, lange vor der Entwicklung der heute üblichen koronaren Bypass-Operationen, führten zwei Forschergruppen Studien zum Vergleich der damals vielfach praktizierten Angina-Operation mit einer Placebo-Operation durch.8 Zu jener Zeit wurden die meisten Herzpatienten durch Ligatur einer Brustwandarterie behandelt, wobei die geschädigten Arterien freigelegt und dann gezielt abgebunden wurden, in der Meinung, ein so blockierter Blutfluss würde den Körper dazu veranlassen, neue Blutgefäße hervorzubringen und so den Blutfluss zum Herzen zu verstärken. Für die große Mehrheit der Patienten war das eine sehr erfolgreiche Operation; sie ließen sich auf diese Weise behandeln, obwohl es medizinisch keinen handfesten Beweis für die Bildung neuer Blutgefäße gab – das war auch der Grund für die oben genannten Vergleichsstudien.

      Beide Forschergruppen, eine in Kansas City und eine in Seattle, gingen gleich vor: Sie teilten die Probanden in zwei Gruppen auf, von denen eine mit der standardmäßigen Ligatur der Brustwandarterie und die andere mit einer Scheinoperation behandelt wurde. Dabei wurden den Patienten die gleichen kleinen Einschnitte in der Brust wie bei der richtigen OP zugefügt und die Arterien freigelegt; doch danach wurden sie ohne irgendwelche weitere Behandlung einfach wieder zugenäht.

      Beide Studien kamen zu auffallend ähnlichen Resultaten: 67 Prozent der Patienten, die tatsächlich operiert worden waren, hatten nicht mehr so starke Schmerzen und brauchten weniger Medikamente – ebenso wie 83 Prozent der scheinoperierten Patienten. Die Placebo-OP war also tatsächlich sogar erfolgreicher als die wirkliche Operation!

      Glaubten die scheinoperierten Patienten womöglich so fest an eine Besserung, dass es ihnen wirklich besser ging – nur indem sie etwas erwarteten, das für sie dem bestmöglichen Resultat entsprach? Und wenn das möglich ist: Was sagt das über die Auswirkungen unserer positiven wie negativen alltäglichen Gedanken auf unseren Körper und unsere Gesundheit aus?

      Die Einstellung ist alles

      Wie Unmengen an Forschungsarbeiten inzwischen belegen, wirkt sich unsere Einstellung tatsächlich auf unsere Gesundheit und sogar auf unsere Lebenserwartung aus. 2002 veröffentlichte beispielsweise die Mayo-Klinik eine Studie, bei der 447 Probanden über 30 Jahre lang begleitet wurden und die aufzeigte, dass Optimisten sowohl körperlich als auch geistig gesünder waren.9 Der Begriff Optimist leitet sich von lateinisch »optimum«, deutsch »das Beste«, ab. Optimisten beschäftigen sich also vermutlich mit dem besten Zukunftsszenario. Der Studie zufolge hatten sie aufgrund ihres körperlichen und geistigen Befindens meistens weniger Probleme mit ihrem Alltag, litten seltener unter Schmerzen, fühlten sich energiegeladener, hatten es im sozialen Leben einfacher und fühlten sich glücklicher, ruhiger und mehr im Frieden. Diese Studie kam direkt nach einer anderen Studie der Mayo-Klinik heraus, welche über 800 Menschen 30 Jahre lang begleitet hatte und nachwies, dass Optimisten länger leben als Pessimisten.10

      Forscher der Yale-Universität begleiteten bis zu 23 Jahre lang 660 Menschen im Alter von 50 Jahren und älter. Ihre Erkenntnis: Diejenigen mit einer positiven Einstellung zum Älterwerden lebten über sieben Jahre länger als jene, die das Altern eher negativ betrachteten.11 Die Einstellung hatte auf die Langlebigkeit mehr Einfluss als der Blutdruck, der Cholesterinspiegel, Rauchen, Körpergewicht oder sportliche Betätigung.

      Andere Studien konzentrierten sich speziell auf den Zusammenhang zwischen Einstellung und der Gesundheit des Herzens. Ungefähr zur selben Zeit berichtete eine Studie der Duke University, an der 866 Herzpatienten teilnahmen, dass diejenigen, die normalerweise eher positive Emotionen verspürten, eine um 20 Prozent höhere Chance hatten, weitere elf Jahre zu leben, als diejenigen, die gewohnheitsmäßig eher negative Emotionen verspürten.12 Noch auffälliger sind die Ergebnisse einer Studie mit 255 Medizinstudenten des Medical College of Georgia, die 25 Jahre lang begleitet wurden: Jene, die am ablehnendsten waren, hatten ein fünffach höheres Risiko, eine koronare Herzerkrankung zu bekommen.13 Und wie eine Studie der Johns Hopkins Universität aufzeigte, die 2001 anlässlich der »Scientific Sessions« der American Heart Association vorgelegt wurde, bietet eine positive Zukunftserwartung bei Erwachsenen, die aufgrund ihrer Familiengeschichte entsprechend gefährdet sind, womöglich den stärksten bekannten Schutz vor Herzkrankheiten.14 Die richtige Einstellung, so die Annahme dieser Studie, kann genauso gut (oder sogar noch besser) funktionieren wie die richtige Ernährung, die richtige Menge an sportlicher Betätigung und Idealgewicht.

      Wie kann unsere geistige Einstellung im alltäglichen Leben – also ob wir eher liebevoll und voller Freude sind oder ablehnend und negativ – über unsere Lebenserwartung bestimmen? Können wir unsere derzeitige Einstellung verändern? Und wenn ja, kann eine neue Einstellung die alten Konditionierungen aus vergangenen Erfahrungen überschreiben und außer Kraft setzen? Oder könnte die Erwartung einer sich wiederholenden negativen Erfahrung tatsächlich eben zu dieser negativen Erfahrung führen?

      Übelkeit durch Gedanken

      Laut Aussage des National Cancer Institute leiden etwa 29 Prozent der Chemotherapie-Patienten unter der sogenannten antizipatorischen Übelkeit, wenn sie Gerüche wahrnehmen und etwas sehen, was sie an ihre Chemotherapie erinnert.15 Circa elf Prozent wird vor der Behandlung so übel, dass sie sich tatsächlich erbrechen müssen. Manchen Krebspatienten wird übel, wenn sie mit dem Auto unterwegs zur Chemotherapie sind, also noch bevor sie überhaupt einen Fuß ins Krankenhaus setzen; andere übergeben sich schon im Wartezimmer.

      2001 publizierte das Krebszentrum der University of Rochester im »Journal of Pain and Symptom Management« eine Studie, die zu dem Schluss kam, dass die Erwartung von Übelkeit der stärkste Indikator für ihr tatsächliches Auftreten ist.16 Wie die Daten belegen, wurde 40 Prozent der Chemotherapiepatienten und -patientinnen, die meinten, ihnen würde schlecht – weil ihre Ärzte ihnen gesagt hatten, das wäre wahrscheinlich nach der Behandlung der Fall –, schon übel, bevor sie behandelt wurden. Weiteren 13 Prozent, die sich nicht sicher waren, was sie zu erwarten hätten, wurde ebenfalls übel. Doch von den Patienten, die keine solchen Erwartungen hegten, litt keiner unter Übelkeit.

      Wie können manche Leute so davon überzeugt sein, ihnen würde von der Chemotherapie übel, dass sie schon krank werden, bevor ihnen die Medikamente verabreicht werden? Ist es womöglich die Macht ihrer Gedanken, die sie krank macht? Und wenn das auf 40 Prozent der Chemotherapiepatienten zutrifft, könnten sich dann nicht ebenso 40 Prozent der Leute wieder besser fühlen, wenn sie einfach in Gedanken andere Erwartungen über ihre Gesundheit oder ihren Alltag hegen? Könnte ein einziger Gedanke, wenn er akzeptiert wird, den Zustand der betreffenden Person tatsächlich verbessern?

      Verdauungsprobleme lösen sich in Luft auf

      Vor nicht allzu langer Zeit, als ich in Austin darauf wartete, aus dem Flieger auszusteigen, lernte ich eine Frau kennen, deren Lektüre meine Aufmerksamkeit erregte. Während wir auf dem Gang darauf warteten, das Flugzeug verlassen zu dürfen, sah ich ein Buch aus ihrer Tasche ragen, in dessen Titel das Wort Glaube vorkam. Wir lächelten uns an, und ich fragte sie, worum es in dem Buch ging.

      »Christentum und Gläubigkeit«, antwortete sie. »Warum fragen Sie?«

      Ich erzählte ihr, ich schriebe gerade an einem neuen Buch über den Placebo-Effekt, welches sich um Überzeugungen drehte.

      »Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen«, sagte sie. Vor Jahren war bei ihr eine Glutenintoleranz diagnostiziert worden, des Weiteren Zöliakie, Kolitis und alle möglichen anderen Leiden; sie war von chronischen Schmerzen geplagt. Sie informierte sich über die Krankheiten und konsultierte mehrere Gesundheitsexperten, die ihr rieten, bestimmte Nahrungsmittel zu meiden und bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente einzunehmen. Sie folgte diesen Empfehlungen, doch noch immer tat ihr der gesamte Körper weh. Außerdem litt sie unter Schlaflosigkeit, Hautausschlägen, schlimmen Verdauungsstörungen und einer ganzen Reihe anderer unangenehmer Symptome. Jahre später ging sie zu einem neuen Arzt, welcher ein paar Bluttests durchführte, die alle negativ waren.

      »An dem Tag, als ich herausfand, dass mir nichts fehlte, und dachte: ›Mir geht’s gut‹, verschwanden alle meine Symptome. Ichfühlte mich auf der Stelle großartig und konnte essen, was ich wollte«, erzählte sie schwungvoll und fügte mit