Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere. Heinz-Dietmar Lütje

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Название Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere
Автор произведения Heinz-Dietmar Lütje
Жанр Исторические любовные романы
Серия
Издательство Исторические любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783954888023



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nicht beeindrucken, kannte er doch seit langem den von Kommandanten wenig geschätzten 2. Seelord als meist im Dienst übellaunigen Menschen, der weit mehr weltlichen Genüssen als seinen dienstlichen Obliegenheiten zugeneigt war.

      „Sir, ich wollte nur noch fragen, wie viel Schiffe denn überfällig sind? Auf dieser Route ist nämlich auch mein Neffe unterwegs, der eigentlich in den nächsten Tagen hier eintreffen sollte und den ich gern nach Übernahme in die Royal-Navy unter meinem Kommando hätte.“

      „Na, das wird ja, zumindest für diese Reise, ohnehin nichts mehr, wenn er noch nicht hier ist.“

      „Die bisher offenbar dem Gegner zum Opfer gefallenen Schiffe sind,“ hier unterbrach sich seine Lordschaft, schrie nach der Wren, die sofort herbeieilte, und ihm einen mit Maschine beschriebenen Bogen reichte. Nach einem unwilligen Blick hierauf, erfuhr Sir Walter Hawkens dann, dass sich unter den verschollenen und mutmaßlich versenkten Frachtern auch die „Jolante“ befand, auf der sein Neffe auf der Heimreise nach England als Funkoffizier Dienst tat. Ein Grund mehr für den Rear-Admiral beschleunigt in See zu gehen.

      Die „Chamäleon“ wartete auf neue Beute. Seit 10 Tagen war keine Rauchfahne, geschweige denn Mastspitzen in Sicht gekommen und auch des Nachts erschienen keine Zacken auf dem Schirm des Dete-Gerätes. In großen Suchschlägen zackte „Chamäleon“ auf dem bekannten Dampfer-Track, oder ließ sich auch ganz einfach in der Strömung treiben. Die deutlich stärkeren Schiffsbewegungen während des Treibenlassens störte zwischenzeitlich das Wohlbefinden der Besatzung kaum mehr, waren doch nunmehr fast allen Seebeine gewachsen. Der LI mit seinem technischen Personal nutzte die Ruhepausen zur Pflege der Maschinen und Apparaturen an Bord und der IO sowie die zuständigen Ressortoffiziere sorgten mit allerlei Übungen dafür, dass es Hein Seemann nicht übermäßig langweilig wurde. Das vom Smutje und seinen Mannen gezauberte gute und reichhaltige Essen trug im Übrigen zum Wohlbefinden bei. Auch die drei „Gäste“ hatten sich mittlerweile gut eingelebt und auch Dita hatte ihre Ängste nunmehr weitgehend abgelegt. Auch wenn die beiden „Young Ladys“ wie sie auch von der Besatzung schnell getauft worden waren, da sie fast immer im Doppelpack auftraten, ihre Mahlzeiten häufig in den geräumigen, vormals für den Reeder des Frachtdampfers entworfenen, Räumen gemeinsam mit Dr. Willi Weißer, dem französischen Schiffsarzt, einnahmen, waren sie doch auch häufig Gäste in der Offiziersmesse. Bei diesen Gelegenheiten erschien fast unmittelbar, nachdem die Damen die Messe betreten hatten und selbstverständlich von anderen Offizieren gern an ihren Tisch gebeten worden wären, mit nachtwandlerischer Sicherheit Graf von Terra, um neben Suzanne Platz zu nehmen. Das auch der Kommandant es fast immer einrichten konnte, die Mahlzeiten dann am Tisch mit den Amerikanerinnen einzunehmen und hierbei immer wie selbstverständlich links neben Dita saß, wurde natürlich von allen Offizieren – manchmal auch etwas neidvoll – zur Kenntnis genommen. Doch zum einen war er der Kommandant und zum anderen hatte sich ja ohnehin in allen Decks sofort herumgesprochen, dass die größere, wohlproportionierte Amerikanerin an einer seltsamen Krankheit litt und deshalb mit ihren Ärzten, insbesondere wegen der besseren medizinischen Möglichkeiten, an Bord des Hilfskreuzers verblieben war, wie vom Kommandanten selbst durch Lautsprecherdurchsage klargestellt worden war, um gar nicht erst die ohnehin an Bord eines Kriegsschiffes nie verstummende Gerüchteküche ausufern zu lassen. Im Übrigen wurden Kommandant und auch IO, auch wenn sie Offiziere und Besatzung manchmal hart herannahmen, doch letztlich von allen Besatzungsmitgliedern aufgrund ihrer korrekten, fairen und schließlich auch erfolgreichen Führung geschätzt.

      Am 18. Februar 1940 gegen 11.00 Uhr Schiffszeit erschien der 1. Funkoffizier, Oberleutnant z.S. Fritz Borchard, aufgeregt auf der Brücke, mit einem FT-Formular wedelnd und meldete dem Kommandanten: „FT (Funkspruch) von der SKL (Seekriegsleitung), Herr Kaptän.“

      „Geben Sie her, Herr Borchard, Sie sind ja ganz aus dem Häuschen. Außerdem haben Sie doch, wenn ich nicht irre, derzeit wachfrei.“

      „Ja, ja, Herr Kaptän, aber als mir Obermaat Selmann das aufgenommene FT der SKL gemeldet hat, hielt ich es doch für angebracht, Ihnen dieses selbst zu reichen“, strahlte der Oberleutnant Didi Waldau an. Dieser warf einen Blick auf den relativ langen Funkspruch und auch seine in letzter Zeit meist nachdenklichen Gesichtszüge überzog ein Lächeln und er las den, selbstverständlich verschlüsselt gesendeten, an Bord entschlüsselt und in Klartext geschriebenen, Spruch:

      SKL an Schiff 66 (amtliche Bezeichnung des HSK „Chamäleon“) in Anerkennung der bisherigen Leistungen befördert der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine – jeweils mit Wirkung zum 01. Februar 1940 – den Kommandanten zum Fregattenkapitän, den IO zum Korvettenkapitän und den NO zum Oberleutnant zur See (S) und verleiht zudem Kommandant und IO das Eiserne Kreuz erster Klasse. Zudem erhält Schiff 66 zwanzig EK2 zugesprochen, die nach Weisung des Kommandanten zu verleihen sind.

      xxx Prisenführung erfolgt unter Einschätzung Lage B.-Dienst (Beobachtungsdienst) direkt durch SKL.

      xxx Weisung: Schnellstmöglich Planquadrat PT 2658 ansteuern zur Unterstützung/Reparatur U-131 mutmaßliches Eintreffen per FT melden. Feindberührung bis Beendigung Unterstützungsleistung unbedingt vermeiden.

      Beim letzten Absatz schwand das Lächeln im Gesicht des Kommandanten und machte einem nachdenklichen Ausdruck Platz.

      „Danke, Borchard“, wandte sich Waldau dem bereit stehenden BÜ (Befehlsübermittler) zu, „wahrschauen Sie IO, NO und LI. Ich erwarte die Herren in 15 Minuten in meiner Kabine.“

      Didi Waldau faltete nachdenklich den Funkspruch, öffnete automatisch den Knopf der linken Brusttasche seines kurzärmlichen weißen Uniformhemdes und schob das gefaltete FT-Formular hinein und verschloss die Brusttasche wieder. Alsdann verließ er die Brücke, enterte den außen liegenden Niedergang an Steuerbordseite ab, um möglichst auf der großen Weltkarte der Ozeane noch vor Eintreffen der Anderen festzustellen, wo sich das aufzusuchende Planquadrat befand?

      Gleich nach Ankunft in seiner Kabine schenkte der frisch beförderte Fregattenkapitän sich zunächst einmal einen großen Schluck Selterswasser ein und stellte die Flasche in den Kühlschrank zurück, leerte das große Glas auf einen Zug und entnahm dann dem kleinen Panzerschrank das Spezialbüchlein, das die in Quadrate unterteilte Weltkarte der Ozeane enthielt. Kurz danach traten, angeführt von seinem Freund Bodo, auch der LI sowie der ebenfalls frisch beförderte Navigationsoffizier ein. Waldau reichte den Funkspruch seinem Freund Bodo Graf Terra, der diesen dann an LI und NO weitergab.

      „Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch den Beförderten“, gratulierte der Kommandant und schüttelte Terra sowie Kleinhausen die Hand, „tut mir leid für Sie, LI, aber vor Ende der Reise werden sicherlich alle Herren und wohl auch die Unteroffiziere und Mannschaften mindestens einen Dienstgrad heraufgestuft werden.“ Alsdann wehrte Waldau die Glückwünsche zur eigenen Beförderung und Ordensverleihung ab und meinte: „Dazu kommen wir später, meine Herren, zunächst wollen wir uns einmal mit der Hilfeleistung befassen. So, wie ich das sehe, werden wir 800 Meilen zurückdampfen müssen, bei 15 Knoten, denn Vollspeed werden wir kaum gehen wollen, nicht war LI!“ Dieser nickte zustimmend: „Jawohl, Herr Kaptän, wir sollten alles vermeiden, die Maschinen ohne große Not zu überlasten, wer weiß wie viele Millionen Umdrehungen unsere Diesel noch leisten müssen!“

      „Ja, ja, LI, besorgt um seine Motoren wie ein Vater um die Lieblingstochter“, blieb der unvermeidliche Kommentar Graf Terras nicht aus, der zur Abwechslung mal wieder auf seiner Pfeife herumkaute. Währenddessen guckte der Kommandant den NO fragend an, der den Blick sofort aufnahm und bestätigte: „Jawohl Herr Kaptän, ich werde sofort den Kurs absetzen und meine auch, dass wir in 2 ½ Tagen die Position erreichen müssten. Nur schade, dass wir auf Gegenkurs gehen müssen.“

      Die SKL wurde durch Kurzsignal informiert und gab alsdann durch längeren Funkspruch bekannt, dass das Problem von U-131, das dieses mit Bordmitteln nicht beheben konnte, daran lag, dass durch einen Wasserbombenangriff beide Diesel aus den Fundamenten gerissen waren und das Boot aufgegeben werden müsste, wenn trotz des LI des Hilfskreuzers und seiner Mechanikergasten und technischen Spezialisten diese nicht wieder eingerichtet werden könnten.

      Bloß das