Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera. Jörg Wagner

Читать онлайн.
Название Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten an der Türkischen Riviera
Автор произведения Jörg Wagner
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783943904871



Скачать книгу

Städte und Monumente der Hethiter, Griechen, Römer und Byzantiner berücksichtigt, aber auch die bemerkenswerten mittelalterlichen Bauten der Kleinarmenier, Seldschuken, Mamluken und Osmanen nicht übersehen. Letztere beschränken sich an der Türkischen Riviera aber nur auf Antalya, Alanya, Silifke, Tarsus und Adana sowie auf die seldschukischen Karawansereien, die an den Handelsstraßen von Antalya in das anatolische Hochland und an der Küstenstraße von Antalya nach Alanya liegen.

      Ergänzt werden die Ausführungen zu den antiken Städten und Monumenten durch Hinweise auf die zuständigen Archäologischen Museen, die sich in den türkischen Provinzhauptstädten oder anderen regional bedeutenden Städten befinden, und auf ihre wichtigsten Exponate, die aufgrund der ausgedehnten Zuständigkeitsbereiche dieser Museen von weit voneinander entfernten Fundorten und Grabungsplätzen kommen können. Lediglich das antike Side (Selimiye) verfügt über ein ausgezeichnetes eigenes Museum, das gegenüber der Agora im historischen Ambiente der kaiserzeitlichen Thermen eingerichtet ist.

      Wie im westlichen Kleinasien finden sich auch an der Türkischen Riviera zahlreiche Denkmäler und Zeugnisse verschiedener eigenständiger Kulturen, die von der Einwanderung erster griechischer Siedler um 1200 v. Chr. bis zur seldschukischen bzw. osmanischen Eroberung und Neugestaltung (12./​15. Jh.) reichen und über die Jahrhunderte ein vielfältiges kulturelles Spektrum bieten. Von den Landschaften und Städten der Südküste ging aber bei Weitem kein so bedeutender politischer, geistiger und kultureller Einfluss aus wie vom westlichen Kleinasien, dessen geografische Brückenlage zwischen Ost und West bis zu den Schlachten des türkischen Unabhängigkeitskrieges gegen die Griechen (1920 – 1922) immer wieder das politische Schicksal ganz Kleinasiens bestimmte. Demgegenüber lagen die Landschaften der türkischen Südküste, deren geistige und kulturelle Ausstrahlung von Perge, Side und vor allem von Tarsos mit seiner berühmten Philosophenschule ausging, nie im Zentrum, sondern immer an der Peripherie von den Großreichen der Hethiter, Lyder, Perser, Römer, Byzantiner, Seldschuken, Mamluken und Osmanen. Das führte, verstärkt durch die geografisch voneinander abgegrenzte Lage der Teillandschaften Lykien, Pamphylien und Kilikien, immer wieder zur Entwicklung von autonomen und halbautonomen Randstaaten, denen im gleichen Maße wie den wechselnden Großreichen die kulturelle Vielfalt an der Türkischen Riviera zu verdanken ist.

      Die unterschiedliche politische Entwicklung ließ es ratsam erscheinen, zumindest für die Zeit der Antike die Geografie und Geschichte der einzelnen Landschaften getrennt darzustellen, wobei das historische Gerüst mit weiteren Einzelinformationen aus den Ortsbeschreibungen aufgefüllt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die Grundzüge der Geschichte der römischen Provinzhauptstädte Patara, Attaleia und Tarsos sowie anderer wichtiger Städte wie Kaunos, Xanthos, Myra, Limyra, Termessos, Perge, Aspendos, Selge, Side und Anazarbos auch für die jeweiligen kleineren Nachbarstädte Gültigkeit haben.

      Geografie

      Östlich von Kaunos, das noch zur südwestkleinasiatischen Landschaft Karien gehört, beginnt am Indos (Dalaman Nehri) das antike Lykien – ein bewaldetes Bergland, das sich mit wunderbaren Stränden, von denen sich die von Ölüdeniz (Abb. 3) und Patara größter Beliebtheit erfreuen, und mit zahlreichen verschwiegenen Buchten, die man vielfach nur mit einem Motor- oder Segelboot erreicht, bis zum Golf von Antalya hinzieht. In Antike und Mittelalter – ja sogar bis zu dem erst 1975 erfolgten Ausbau der landschaftlich grandiosen, aber auch kurvenreichen Küstenstraße – war das gebirgige Lykien, dessen höchste Gipfel in den Ak Dağlar und den Bey Dağları auf über 3.000 m ansteigen und das von wasserreichen Flüssen durchzogen wird, nur schwer zugänglich. In dieser Landschaft gab es keine brauchbare Ost-West-Straßenverbindung, denn wie die Küstenstrecke war auch die Hochlandverbindung über die Ebene von Elmalı sehr schwierig zu begehen. Zwar verzeichnet die Tabula Peutingeriana, die mittelalterliche Kopie einer im 4. Jh. n. Chr. angefertigten Karte der antiken Welt, von Patara über Antiphellos, Korydalla und Phaselis nach Attaleia eine durchgehende Küstenstraße, doch scheint es sich wohl eher um die Stationen einer Schiffsroute zu handeln.

      Unter diesen geografischen Voraussetzungen konnten sich Städte überregionaler Bedeutung wie Xanthos, Patara, Myra und Limyra nur in den fruchtbaren Mündungs- und Schwemmlandgebieten entwickeln, die die Flüsse Xanthos (Esen Çayı), Myros (Demre Çayı) und Arykandros (Aykır Çayı) in Jahrtausenden geschaffen haben. Die ansonsten felsige Küste wird von kleinen Häfen bestimmt, die in tief eingeschnittenen Buchten oder hinter vorgelagerten Inseln Schutz fanden wie Telmessos, Patara, Antiphellos, Teimiousa, Andriake und Phaselis. Kleinstädte, Dörfer und Gehöfte des Hinterlandes liegen entsprechend der kleinräumigen Gliederung auf den Anhöhen dieser Berglandschaft und sind in ihrer Entwicklung von der Größe der fruchtbaren, aber meist kleinen Hochtäler und der umliegenden Wälder abhängig (Abb. 4).

      Insgesamt muss das antike Lykien erhebliche Überschüsse erwirtschaftet haben, wie anders sind die beiden monumentalen hadrianischen Kornspeicher in Patara und Andriake zu erklären. Bis auf den heutigen Tag sieht man in den landwirtschaftlich geprägten Siedlungen kleinere und größere Speichergebäude, die interessanterweise in ihren Konstruktionsmerkmalen Imitationen alter lykischer Holzhäuser sind: Eine Pfostenkonstruktion mit Längs- und Querbalken, die in den Eckpfosten miteinander verzahnt sind und mit ihren Enden über die Außenwände hinausragen; zwischen den Holzbalken sind die Wände kassettenartig verkleidet. Diese Holzbauweise wurde bei den lykischen Felsgräbern und Sarkophagen bis in die Details imitiert; gleiches gilt wohl auch für das von Rundhölzern getragenen Flachdach vieler Grabhäuser, noch heute in vielen Gebieten die Dachkonstruktion des anatolischen Bauernhauses aus Pappelstämmen. Interessant ist, dass sich die Übernahme der traditionellen Holzbauweise im an Felsgräbern reichen Anatolien auf Lykien beschränkt, wenn wir vom benachbarten karischen Kaunos einmal absehen.

      In seiner Gesamtheit bildete Lykien eine in sich geschlossene, nach außen abgeschottete Kulturlandschaft, deren Reiz in der eindrucksvollen Verbindung von rauher, urwüchsiger Natur mit einem großen Reichtum an historischen Monumenten und Ruinenstätten liegt. Die geografisch bedingte Unzugänglichkeit dieser Landschaft war die Voraussetzung dafür, dass Lykien trotz des Druckes auswärtiger Mächte wie der Perser und der hellenistischen Reiche bis zur Integration in das Römische Reich (43 n. Chr.) immer wieder die Kraft zu einem kulturellen und politischen Eigenleben fand. Sichtbarer Ausdruck dafür sind die eigenständige Kunst und Sprache Lykiens, die Bauten und Münzen unabhängiger lykischer Dynasten und der Lykische Bund, ein föderativer Zusammenschluss der lykischen Städte.

      Geschichte

      Nach antiker Überlieferung sind die Lykier mit dem Volk von Lukka identisch, das mit dem hethitischen Großreich (15. – 12. Jh. v. Chr.) Handelsbeziehungen unterhielt; auf den Amarna-Tafeln erscheinen sie als Lukki unter den „Völkern des Meeres“, die im 13. Jh. v. Chr. das pharaonische Ägypten bedrohten. Herodot nimmt an, dass die Lykier, die unter der Führung von Sarpedon und Glaukos im Troianischen Krieg auf Seiten der Troianer kämpften, von der Insel Kreta eingewandert sind. Weitere literarische Nachrichten aus der Frühzeit der Lykier liegen nicht vor, doch konnten im Hochland bei Elmalı Siedlungen einer einheimischen Bevölkerung aus der frühen Bronzezeit (Mitte 2. Jt. v. Chr.) freigelegt werden.

      Jahrhunderte haben die Lykier erfolgreich fremden Einflüssen widerstanden, nur an der Ostküste konnten im 7. Jh. v. Chr. Griechen mit der Gründung von Phaselis Fuß fassen. Doch sollte es noch ein weiteres Jahrhundert dauern, bis in den lykischen