Название | Geschichten aus dem Neuen Testament - Lyrisch interpretiert |
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Автор произведения | Arno Hildebrandt |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783960081678 |
Wäre es denn nicht gut gewesen,
dieses so unschuldige Wesen
ins Elternhaus zurück zu geben,
wo sie behütet könnte leben?
Das wäre für das Kind fürwahr
das Naheliegenste sogar!
Der Hohepriester im Ornat
bat Gott im Tempel nun um Rat.
Als er dort kniete am Altar,
ein Engel ihm erschienen war.
Der sprach zu Zacharias dann:
»Für einen künft’gen Ehemann,
rufe die Witwer hier zusammen,
welche vom Blute Davids stammen.«
»Ein jeder soll vor allen Dingen
seinen eigenen Stab mitbringen!
Wo Gott ein Zeichen gibt darein,
des' Weib soll dann Maria sein!«
Da man durch Gott die Lösung fand,
ging gleich der Ruf hinaus ins Land:
Die Witwer all', unausgenommen
sollten nun hin zum Tempel kommen.
Ist der Gedanke nun so dumm,
wenn ich die Frage stell', warum
musste die Auswahl hier allein
auf Witwer nur beschränkt denn sein?
Nun – man erlebt es ständig, stündlich –
Gottes Wege sind unergründlich.
So machten sich schon kurz darauf
ringsum im Land die Witwer auf.
Als alle nun beisammen waren,
um Näheres hier zu erfahren,
mussten sie eines Ritus wegen
die Stäbe Zacharias geben.
Der nahm sie an und trat allein
mit diesen in den Tempel ein.
Bald trat er dort wieder heraus
und teilte alle Stäbe aus.
Und jeder konnte deutlich sehen,
dass nichts an ihnen war geschehen.
Als Josef seinen Stab annahm,
aus diesem eine Taube kam,
welche sich unverzüglich jetzt
auf Josefs Haupt hatte gesetzt.
Der Priester schritt zu Josef hin,
erklärte dieses Zeichens Sinn:
»Der Herrgott wählte dich hier aus,
zu führ’n die Jungfrau hier nach Haus!
Maria, unschuldig und rein,
kann länger nicht im Tempel sein.
Hüte sie für ein Jahr genau,
dann mache sie zu deiner Frau!«
Doch Josef wehrte ab und sprach:
»Das brächte mir nur Spott und Schmach,
denn Söhne hab ich schon bereits;
auch bin zu alt ich andrerseits,
um dieses Mädchens Mann zu werden!
So würd' ich zum Gespött auf Erden.
Ich wär’ ein Ziel für Lästereien,
würde ich dieses Mädchen freien!«
Doch Priester Zacharias sprach
zu ihm: »Nein, es ist keine Schmach,
wenn dich der Herr bestimmt dafür!
Denke daran und glaube mir,
Gott duldet keine Widerreden,
er strafte dafür bisher jeden!«
Josef zog den Beschluss daraus
und nahm Maria mit nach Haus.
Als schließlich beide waren dort,
sprach er zu ihr: »Ich muss jetzt fort,
um meine Bauten zu vollenden
und sie vertragsgemäß beenden.
Gott wird dich schützen, drum sei fromm,
bis ich zu dir dann wiederkomm'.«
Und sie gehorchte ihm aufs Wort
und wartete auf Josef dort.
1 Protevangelium 8 + 9
* * *
Josefs Heimkehr und sein Erschrecken
über Marias Schwangerschaft
Als Josef dann nach einem Jahr 1
endlich wieder zu Hause war,
da konnte er sehr deutlich sehen,
dass mit Maria was geschehen.
Da sie im sechsten Monat war,
sah man den Zustand ziemlich klar!
Dass sie ein Kind im Leibe trug
empfand Josef nun als Betrug!
Er fühlte Schuld auch überdies,
weil er sie lang alleine ließ.
Es hatte mächtig ihn erschreckt.
Wer hat die Jungfrau wohl befleckt?
Enttäuscht sprach er Maria an:
»Sprich, warum hast du das getan?
Wurdest im Tempel doch erzogen.
Was hat dich dazu nur bewogen?«
Maria machte Josef klar, 2
was zu der Zeit geschehen war:
»Ich weiß nicht, wie’s genau geschah!
Ein Engel stand ganz plötzlich da
und sagte, ich sei auserkoren,
von mir würde ein Sohn geboren!
Ich sagte ihm, das könnt' nicht sein,
ich ließ mit keinem Mann mich ein!
Doch der beruhigte mich gleich
und sprach, dass Gott vom Himmelreich
den heil’gen Geist herab wird senden,
der soll die Frucht im Leib mir spenden.
Mein Kind würde in jedem Land
später als Gottes Sohn bekannt.
Ich staunte über das Geschehen
und ließ es über mich ergehen.«
Doch was Maria ihm erzählte, 3
ihn innerlich gar heftig quälte.
Er überlegte hin und her,
denn dies zu glauben fiel ihm schwer.
Ihm war bisher im ganzen Land
ein solcher Fall noch nicht bekannt.
Er fragte sich zudem verzagt:
„warum hat Gott mir nichts gesagt?“