Wellenwasser. Reinhard Kessler

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Название Wellenwasser
Автор произведения Reinhard Kessler
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783957444837



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ich noch.”

      „Insektenstift und Sonnencreme haben wir vergessen!”

      „Kaufen wir dort.”

      „Ready for take off.”

      „Das heisst: meine Herren, starten sie ihre Motoren!”

      „Du machst jetzt aber keinen Blödsinn und spielst Indianapolis auf der deutschen Autobahn?”

      „Nee, wir cruisen gemütlich mit lockeren 240, was, Mutter? Das wird cool, haha.”

      „Bin ich froh, dass unsere Kiste uns zur gemütlichen Fahrt zwingt. Diese Raserei wäre mir zu blöd. Kann unser Auto eigentlich 150 fahren?”

      „Nur bergrunter und mit Rückenwind. Ab 140 wird die Karre aber zu laut und schluckt wie blöd. Da muss ich dann alle halbe Stunde an die Box.”

      Ein Blick zurück, verbunden mit der Hoffnung, alles bei der Rückkehr so wieder vorzufinden, und los gehts.

      Der Fahrt in den Norden stand nun prinzipiell wirklich nichts mehr im Wege, ausser dem deutschen Zoll, aber der machte gerade Frühstückspause. Z’nüni sagt man hier dazu. Na dann Mahlzeit oder wie man hier sagt „en guete”.

      Endlich Urlaub!

      Und jetzt waren sie tatsächlich mit dem Auto unterwegs. Endlich auch mal mehr als 120 km/h fahren oder wie die Schweizer sagen, mal den Auspuff durchpusten, der muss ja auch mal sauber werden. Die Schweizer müssen dazu ins Deutsche. In der Schweiz geht es Rasern ganz schnell an den Kragen, denn die Schweiz ist das Land der organisierten Langsamkeit, dafür opfern sie auch weniger Menschen dem Tempowahn. Via sicura.

      Gut gemeint, aber trotzdem haarscharf an den wirklich wichtigen Themen vorbei.

      Besser wäre wohl ein Projekt namens vita sicura, denn hierzulande hat es dreimal mehr Tote durch Suizid als durch den Strassenverkehr. Ausserdem führen Ansteckungen in den Spitälern der Schweiz jedes Jahr schätzungsweise zu 2000 Todesfällen. Es sterben also jeden Tag 6 Personen durch Spitalkeime. So steht es jedenfalls im Abstimmungsbüchlein zum Epidemiengesetz. Doch die Strasse gilt als gefährlicher, wieso eigentlich? Man ist dort sicherer als im Krankenhaus. Aber lassen wir das jetzt, wir fahren schliesslich und da muss man sich auf den Verkehr konzentrieren.

      Ihre Strecke: A5 und A7 nach Norden, immer geradeaus, bei Hamburg rechts Richtung Osten und dann irgendwann wieder links Richtung Norden über den kleinen Damm, der die Insel mit dem Festland verbindet. Nix GPS. Auf Schilder aufpassen, keines verschlafen. Sonst … ach, das weiss doch jeder selber. Sonst wird’s einfach mühsam und stressig und nervig, und ich weiss nicht, wieviele Ehen schon so kaputt gegangen sind.

      Also lieber gut aufpassen.

      Ziel Ostsee oder wie der Franzose sagt: „the baltic sea”. Das ist jetzt ironisch. Ich sage das nur, weil wir noch ziemlich nahe an der Schweiz sind, dem Land, wo die Bewohner für ihren sagenhaften Humor bekannt sind. Ups, das war jetzt sogar zynisch. Trotzdem, man sagt ja auch, die Schweizer gehen zum Lachen in den Keller. Das ist aber ein ganz gemeines Vorurteil. Sie gehen nirgend wohin zum Lachen.

      Bei dem Wort ‘ups’ muss man übrigens sehr aufpassen. Das ist mit p in der Mitte ein Ausdruck der Überraschung, mit einem b in der Mitte schreibt man das üblicherweise gross, nämlich UBS, und das ist derzeit ein Schimpfwort. Zur Herkunft gibt es verschiedene Erklärungsmodelle. Ursprünglich hiess das eventuell mal auf französisch Union de Banques Suisses. Heute steht UBS offiziell als Eigenname ohne weitere Bedeutung, so kann man das jedenfalls nachlesen. Dieser lose Zusammenschluss von Vermögensverwaltern hat also einen Namen ohne weitere Bedeutung. Na ja.

      Nicht abschweifen. Zurück zur Fahrt. Ziel Insel. Meer. Ausschlafen.

      Endlich Urlaub!

      Dafür nimmt man einiges in Kauf.

      Der übliche Ärger auf der Autobahn.

      Schnellfahrprobleme.

      In der Schweiz warnt die Polizei auf grossen Schildern: „Pressiert’s – passiert’s”. Auf Deutschland übersetzt: „Eile mit Weile” oder „Reisen statt rasen”. Der Alltag entscheidet über den Erfolg der Kampagnen. Ernüchternd.

      „Die fahren heute wieder wie die Idioten.”

      „Was will der denn? Ist der verrückt?”

      „Schon wieder eine Baustelle, es ist zum Mäusemelken.”

      „Diese blöden LKW’s.”

      „Achtung, Radar!”

      Raststätte. Biologische Pause. Kaffee. Mit Toilettengutscheinen die Hälfte des Preises bezahlen.

      Weiter geht die wilde Jagd.

      „Ist das ein Betrieb heute.”

      „Nächstes Jahr fahren wir sonntags, wegen der LKW’s.”

      „Wieso blinkt denn der Affe nicht?”

      „Wieso gibt es eigentlich noch Insekten? Es sind soviele bei uns an der Scheibe und es sind soviele Autos unterwegs, da müssten die doch bald mal alle sein.”

      „Hat das jetzt wegen uns geblitzt?”

      „Pass auf, da steht die Rennleitung.”

      Verkehrsnachrichten.

      Stauwarnungen, die nicht stimmen.

      Keine Stauwarnungen, wo sie stimmen würden.

      „Gott sei dank! Endlich mal ein Stau!”

      „Was ist denn mit dir los? Wieso endlich mal ein Stau? Du freust dich über einen Stau? Geht’s noch?”

      „Ja, klar. Das heisst doch, dass viele Leute dorthin wollen, wo wir hinwollen. Also muss es dort schön sein. Stell dir vor, wir fahren in die Ferien an einen Ort, wo keiner hin will. Da hätten wir zwar keinen Stau, aber das heisst doch, dass keiner dort hin will. Und dann müssten wir uns fragen, warum wir dorthin fahren, wo keiner hin will. Also ist ein Stau ein gutes Zeichen. Wo wir hin wollen, muss es schön sein.”

      „Pass lieber auf die Strasse auf als so einen Unsinn zu erzählen.”

      „Was macht der denn?”

      „Achtung, ausscherendes WoMo auf ein Uhr!”

      „Wegen dem muss ich voll in die Eisen steigen, der macht mir meinen ganzen Speed kaputt! Das dauert Tage bis ich mein Tempo wieder habe.”

      „Oh, fährt der einen heissen Reifen!”

      „Guck mal, der telefoniert bei 200 Sachen.”

      „Irre!”

      „Da müssen wir raus!”

      Wismar umfahren. Ab auf die Insel!

      Endlich Urlaub!

      „Riechst du das Wasser?”

      „Nee, ich bin doch kein Pferd! Aber weisst du noch, wie wir mit den Kindern an die See gefahren sind?”

      „Was meinst du?”

      „Wie lange dauert es noch? Ich hab Durst! Krieg ich ein Bonbon? Ich muss auf’s Klo! Ich kann nicht mehr sitzen. Wann sind wir da? Ich will ans Wasser! Ist meine Schaufel dabei? Haben wir mein Eimerchen mit? Stimmt das, dass man mit dem Auto auf ein Schiff fahren kann? Kaufen wir einen Drachen?”

      „Ja, Frau, da erinnere ich mich noch gut dran. Das ist doch jetzt eine ganz neue Form der Freiheit, so ohne Kinder Ferien zu machen. Nicht, dass das vorher mit den Kindern nicht schön war, aber das hier ist doch nochmal was ganz anderes, oder?”

      „Klar. Ausschlafen war mit den Kindern nicht möglich. Mein Gott, um sechs Uhr stand der Kleinste schon auf der Matte! Diese biologischen Wecker sind ziemlich brutal.”

      „Genau. Und als sie noch ganz klein waren, da haben wir uns die Hälfte der Ferienzeit mit der Brutpflege beschäftigt.”

      „So ein schreiendes Verdauungsystem kann ganz schön