Название | In der Falle |
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Автор произведения | Jan Eik |
Жанр | Зарубежные детективы |
Серия | |
Издательство | Зарубежные детективы |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783955520144 |
«Und weil so schönes Wetter ist», meint Eschborn ein bisschen gallig. Er traut dem Frieden nicht. In seiner Welt kommen Kriminalbeamte nicht zufällig irgendwo vorbei.
«Hermann ist immer noch beim Morddezernat», erläutert Trampe, der die Stimmung ein wenig auflockern möchte. «Wie geht’s denn dem dicken Gennat?»
«Nicht besonders gut», sagt Kappe. Das geht die beiden eigentlich gar nichts an, aber er möchte keinen schlechten Eindruck auf Eschborn machen. Was der wohl mit seinem alten Freund zu tun hat? Ihm wird ganz heiß, als er über die Möglichkeiten nachdenkt. Wenn die beiden was Konkretes im Schilde führen oder an irgendwelchen Aktionen beteiligt sind - und Kappe kann sich das durchaus vorstellen, die Stimmung hat etwas Verschwörerisches an sich –, wird man sie früher oder später schnappen und durch die Mangel drehen. Wo, wann, warum und mit wem? Ein Kriminalkommissar war zufällig anwesend? Wie hieß der Kerl, und was habt ihr mit ihm bekaspert?
Hermann Kappe steht auf. «Ich werd mal besser gehen. Der Fall in der Joachimstraße macht uns ’ne ganze Menge Arbeit. Komm doch gelegentlich mal vorbei, Theodor! Klara würde sich freuen.» Er reicht Willy Eschborn die Hand. «Ich bin wirklich zufällig hier», sagt er freundlicher, als es sonst seine Art ist. «Sie brauchen keine Angst zu haben.»
Eschborn sieht ihm offen ins Gesicht. «Ich habe keine Angst.» Kappe glaubt es ihm. Es gibt solche Leute. Im Flur zieht er seinen Mantel über. Trampe hat keinen Versuch gemacht, ihn zurückzuhalten.
Eschborn steht in der offenen Zimmertür. «Darf ich Sie was fragen?»
«Selbstverständlich.»
«Weshalb steht eigentlich über den großen Überfall bei Hangelsberg nichts in der Zeitung?»
Kappe ist überrascht, lässt es sich jedoch nicht anmerken. «Das wüsste ich auch gerne», erwidert er ruhig. «So was wird heutzutage weiter oben entschieden. Wahrscheinlich will man die Bevölkerung nicht beunruhigen.»
«Was ist denn in Hangelsberg passiert?», erkundigt sich Trampe.
Kappe sieht Eschborn an, und der erwidert seinen Blick.
«Die Bande, die schon im vorigen Jahr etliche Autos überfallen hat, scheint wieder zugeschlagen zu haben», sagt Eschborn schließlich.
Kappe belässt es dabei. Er wird sich hüten, den Mann zu berichtigen. Die Ganoven, nach denen mit Hochdruck gefahndet wird, sind seit November 1934 aktiv.
«Nicht mal vor der Olympiade habt ihr die gekriegt?», fragt Trampe ein wenig spöttisch. «Scheinen ja dolle Burschen zu sein.»
«Scheint so», meint Kappe einsilbig, und an Eschborn gewandt: «Woher wissen Sie denn davon?»
Wird Willy Eschborn tatsächlich erst in diesem Augenblick klar, dass er sich da voreilig auf eine unangenehme Geschichte eingelassen hat?
«Hat ein Kollege bei Ambi erzählt», sagt er. «Der kam auf seinem Fahrrad aus Erkner dazu.» Ambi, das sind die großen Ambi-Budd Presswerke in Schöneweide, wo Autokarosserien gefertigt werden.
Kappe setzt seinen Hut auf und greift zur Klinke der Wohnungstür. «Dann werden ihn meine Kollegen ja als Zeugen vernommen haben», sagt er abschließend nur.
NEUE FEINDE
DIE BEIDEN MÄNNER, die sich in dem repräsentativen Büroraum in der Prinz-Heinrich-Straße gegenübersitzen, sind alles andere als Freunde. Der eine, hinter dem pompösen Schreibtisch in einem bequemen Schreibsessel lümmelnd, trägt die schwarze Uniform der SS, der vor ihm auf dem Besucherstuhl ist in Zivil. Betrachtet man die beiden, so fallen vor allem ihre markant hervortretenden Nasen auf. Sie könnten Brüder sein. Brüder im Geiste sollten sie zumindest sein. Doch nicht einmal das sind sie.
Dem hinter dem Schreibtisch, Mitte dreißig, groß, blond und sportlich durchtrainiert, sieht man den Offizier an. Auch der andere ist um eine straffe Figur bemüht.
Der Jüngere, der einstige Marineleutnant Reinhard Eugen Tristan Heydrich, nennt sich nur noch Reinhard Heydrich und leitet seit sechs Jahren den SD, den geheimnisumwitterten Sicherheitsdienst des Reichsführers SS. Seit 1936 ist er außerdem Chef der Sicherheitspolizei im Deutschen Reich, die aus Gestapo und Kriminalpolizei besteht.
Sein Gegenüber ist der ehemalige Frontoffizier, Freikorpskämpfer und Kriminalkommissar Arthur Nebe, inzwischen der höchste Kriminalpolizist des Reiches.
Nebe hatte die Zeichen der Zeit beinahe ebenso frühzeitig erkannt wie sein ungeliebter Chef Heydrich, der sich nach seiner unehrenhaften Entlassung aus der Marine 1931 dem späteren Reichsführer SS Heinrich Himmler andiente, während Nebe im gleichen Jahr das Verbot missachtet hatte und förderndes Mitglied der SS, NSDAP-Mitglied und SA-Mann geworden war. In den vier Jahren seit der Machtergreifung ist er vom Kommissar im Raub- und Einbruchsdezernat zum Oberregierungs- und Kriminalrat aufgestiegen und leitet nach einem kurzen Einsatz im Amt der Gestapo das preußische Landeskriminalpolizeiamt.
Im Juni 1936 hat Hitler zu Nebes und der meisten Polizisten Entsetzen den Reichs-Heini Himmler zum Chef der Deutschen Polizei berufen. Kurz darauf wurde das LKPA endgültig aus dem Berliner Polizeipräsidium ausgegliedert. Unter Nebes Führung ist es nun für die fachliche Leitung der Kriminalpolizei aller deutschen Länder zuständig. Der könnte glücklich darüber sein, säßen nicht ausgerechnet Heydrich und der Hühnerzüchter Himmler über und sein Erzfeind Gestapo-Müller gleichrangig neben ihm.
Heydrich hat im SD seine eigenen Praktiken entwickelt, auf die er stolz ist und die er den konventionellen Kripo-Methoden vorzieht. Entsprechend wenig hält er von seinem höchsten Kripochef und dessen fachlicher Arbeit. Na schön, es gibt ein paar Erfolge wie die Aufklärung der Sprengstoffkatastrophe von Wittenberg, aber das sind Kinkerlitzchen, wenn Heydrich an den Autofallen-Terror denkt, der seit mehr als einem Jahr die Reichshauptstadt und ihre Umgebung beunruhigt. Der Führer selber, oft genug im Kraftwagen unterwegs, hat sich mehrfach negativ geäußert, der Reichsführer Himmler ist jedes Mal nahe einem Kollaps, kommt die Sprache auf die Banditen, und nun das: Am Vorabend des Ehrentages von Generaloberst Göring sind innerhalb einer Viertelstunde sieben Fahrzeuge mit insgesamt vierzehn Insassen, davon sechs bewaffnet, von zwei dreisten Räubern ausgeplündert worden.
«Erklären Sie mir mal, Nebe, weshalb kein Einziger von diesen Arschgeigen den Mumm aufgebracht hat, sich zu wehren oder auf die Halunken zu schießen!», schreit Heydrich mit erhobener Stimme und gibt sich dabei Mühe, den hallisch-anhaltinischen Tonfall in seiner Fistelstimme zu unterdrücken, die ihm bereits bei der Marine den Spitznamen «Ziege» eingebracht hat. «Möglicherweise waren deren Waffen nicht mal scharf!»
Nebe sitzt aufrecht. Er zuckt mit keiner Wimper. «Die Täter haben bei anderen Gelegenheiten mehrfach scharf geschossen und Personen verletzt, Gruppenführer», gibt er zu bedenken. Er hat die lange Liste der Überfälle im Kopf, vom ersten Ereignis im Grunewald, wo die beiden Unbekannten etliche Liebespärchen ausgeraubt hatten, bis zu den Autofallen bei Neu Zittau, Tasdorf und jetzt hinter Hangelsberg.
«Menschenskind, im Krieg ist auch scharf geschossen worden! Da hält man dagegen!» Heydrichs Stimme klingt noch immer schrill.
Was weißt du Rotzjunge vom Krieg?, denkt Nebe. Er hat an der Marne ein Sturmboot zu einem Brückenkopf vor sich hergeschoben, war zweimal gasverwundet, trägt das Ehrenkreuz der Frontkämpfer und das Eiserne Kreuz I und II. Schlimm genug, dass er sich hier von einem grünen Jungen aus der Provinz abkanzeln lassen muss. «Soweit ich informiert bin, befand sich ein Oberführer der SS unter den Überfallenen», sagt Nebe. Er weiß, dass er ein gefährliches Spiel spielt.
Heydrichs Lippen zucken, um die große Nase herum wird er weiß. Er ist berüchtigt dafür, bei seinen Ausfällen kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Niemand wagt es, ihm zu widersprechen. «Was glauben Sie, was ich mit dem mache!», schreit er. «Dem reiße ich den Arsch auf bis zum Haaransatz! Ein solcher Feigling hat in der SS nichts verloren!»
Nebe versucht, ihn zu beruhigen. «Gruppenführer, er hatte eine Dame im Auto, soviel ich weiß …»
«Es interessiert