Название | Blinde Krokodile |
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Автор произведения | Tino Hemmann |
Жанр | Юмористическое фэнтези |
Серия | |
Издательство | Юмористическое фэнтези |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954889839 |
Valentin Karl wurde zu einer Akte bei der ARGE, glitt hinüber in die Hölle Hartz 4 und verarmte zusehends, was man im Freistaat nicht für möglich gehalten hätte. Schweren Herzens gab er seine geliebte Wohnung in Kleinfingerroda auf und zog an Münchens Stadtrand. Ein gewisser Immobilienmakler und -besitzer, Herr Dr. Baumann, vermietete ihm dort eine wirklich winzige und zudem unsanierte Einzimmerwohnung in einem schmalen Hinterhofhaus. Die war zwar sehr dunkel und besaß nicht einmal einen gegenüberliegenden Friseursalon, doch immerhin war sie »Hartz 4«-fähig. Valentin verdingte sich nach halbwegs erreichter Gesundung in allen möglichen Aushilfejobs, meist im marktführenden Fast-Food-Restaurant, wo er mit Cap und Schürze Toilettenfliesen zu reinigen hatte, auf denen sich ganze Kindergeburtstagskinderbanden nach übermäßigem Burgergenuss übergeben hatten.
Zwar gönnte die gesetzliche Krankenkasse dem noch immer leidenden Mann einige Massagen, doch die Besuche im Massagesalon waren für Valentin nicht unbedingt von positiven Erfahrungen gekrönt, wie dieses Beispiel zeigen sollte:
Drei junge, hübsche, schlanke Masseurinnen standen an einer Massageliege, auf der Jonny – ein braungebrannter, äußerst muskulöser, in den Augen von Frauen zweifelsfrei attraktiver Mann – lag. Sie massierten diesen Gigolo abwechselnd oder gleichzeitig und kicherten dabei. Hinter einer weißen, spanischen Wand saß derweil Valentin auf einem unbequemen Holzstuhl und wartete gelangweilt. Er trug an diesem Tag eine pinkfarbene und mit kleinen Schweinchen gemusterte Unterhose, die ihm augenscheinlich etwas zu groß, dafür im Duzend ausgesprochen billig gewesen war. Aus dem Zimmer hörte er das laute Kichern der drei Masseurinnen und die männlich markante Stimme von Jonny: »Oh ... ja! Das ist gut so! Ja! Mehr! Oh! Oh! ...«
Valentin erhob sich neugierig von seinem Holzstuhl und versuchte links an der spanischen Wand vorbeizuschauen, doch ein weißer Schrank versperrte ihm die Sicht. Er ging zur rechten Seite, doch von dort konnte er unmöglich den Behandlungsbereich einsehen. Also nahm er den Stuhl, rückte ihn an die spanische Wand heran und kletterte auf die Sitzfläche. Er sah noch immer nichts, stellte sich auf die Zehenspitzen und konnte endlich hinüberschauen. Für einen Moment erkannte Valentin, dass die drei Masseurinnen diesem arrogant wirkenden Jonny auf der Massageliege gleichzeitig genüsslich Bauch, Beine, Brust und Oberarme massierten. In diesem Moment verlor der auf dem Stuhl Stehende Gleichgewicht und Orientierungssinn, für einen Moment sah der mit einem leicht erigierten Jonny auf der Massageliege liegende Jonny voller Erstaunen Valentins Hände über der spanischen Wand, die geradezu ins Leere griffen, um sich am Nirgendwo festzuhalten. Kurz darauf war ein deftiges Poltern und Stöhnen zu hören.
Valentin saß hinter der spanischen Wand und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hüfte. Da erschien ihm eine attraktive junge Masseurin und sprach: »Na, Herr Valentin, Ihnen geht es ja tatsächlich ziemlich schlecht. Dann kommen Sie mal mit, wir werden Sie schon wieder einrenken.«
»Karl.« Valentin erhob sich und versuchte zu lächeln. »Mein Nachname ist Karl. Sie können aber gern Valentin zu mir sagen. Ich meine, ohne das ›Herr‹.« Sein Blick erhaschte die wahnsinnig schlanken und wohlgeformten Beine der Masseurin, die eine reizende kurze Kittelschürze trug. Jonny und die beiden anderen Masseurinnen hatten derweil das Behandlungszimmer verlassen.
»Na gut, Herr Karl.« Die junge Masseurin kicherte. »Legen Sie sich bittschön bequem hin. Auf den Bauch und durch das Loch in der Liege gucken.«
Valentin stieg hinauf und wäre auf der anderen Seite fast wieder heruntergefallen. Schließlich drehte er sich mit einem erschaudernden Stöhnen auf den Bauch und sah den Parkettfußboden durch das Loch in der Liege.
»Privat oder gesetzlich?«, fragte die Masseurin.
Karl hob den Kopf ein wenig an. »Gesetzlich.«
Daraufhin vernahm er ein bedauerndes: »Schade für Sie.«
Die junge, hübsche Masseurin verließ den Behandlungsraum, Valentins Blicke folgten ihren Beinen durch das Liegenloch und er hörte ihr zartes Stimmlein rufen: »Momentchen noch.«
Die Tür fiel ins Schloss und öffnete sich kurz darauf wieder. Valentin erblickte nun zwei kräftige, kurze Beine mit vielen Krampfadern und unzähligen schwarzen Haaren. Zunächst dachte er, ein Bär wäre in das Behandlungszimmer eingedrungen, doch dann nahm Valentin zur Kenntnis: Eine dicke, alte Masseurin stand an seiner Massageliege und sagte mit einer astreinen Männerstimme: »Na, dann wollen wir mal! Sie müssen wirklich keine Angst haben, Herr Valentin. Die meisten Patienten haben meine Behandlung überlebt.«
Valentin flehte: »Bitte sagen Sie Karl zu mir. Valentin ist mein Vorname.«
Die Masseurin begann seine Schultern hart durchzukneten. »Aber sicher, Valentin.«
Valentin schrie stöhnend auf. »Bitte! Töten Sie mich nicht!«
Sie schlug ihm kräftig auf den Hintern und sagte im Takt ihrer Strafen: »Sie sind ja völlig verspannt, Valentin. Bleiben Sie mal schön locker. Sie werden sehen, wenn ich erst mit Ihnen fertig bin, dann wissen Sie gar nicht mehr, wie Ihr Vorname ist.« Mit allen Mitteln traktierte sie sein unwilliges Fleisch. »Muntert Sie vielleicht ein guter Witz auf? Zum Beispiel, was eine Gans im Massagesalon will?«
»Wahr-schein-lich ei-ne Gans-körper-massa-ge!«, röchelte Valentin mit dem Gesicht im Loch und spürte das Klatschen eines festen Handschlages auf seinem entblößten Hintern, rhythmisch – versteht sich – zu den Lachattacken der Masseurin.
Nur wenige Stunden nach der körperverletzenden Stippvisite in diesem mittelklassigen Massagesalon in der Randzone der bayerischen Landeshauptstadt sollte sich Valentin Karls Leben schlagartig verändern.
Der schmutzige Mann
Valentin betrat seine Wohnung. Über der Schulter trug er eine hässliche graue Reisetasche, die lediglich dem Transport seines Frotteehandtuchs und seiner Badelatschen für den Massagetermin gedient hatte. Im Zimmer sah es wie immer sehr unordentlich aus, überall lagen Sachen und Bücher herum. Valentin stellte die Tasche ab und stöhnte dabei. Die Massage steckte ihm tief in den Knochen und die Schmerzen waren schlimmer als zuvor. Er streckte sich mühsam. Das Wohnzimmer war zum Teil auch Küche. Dort hinein ging Valentin und nahm eine Tasse, in der noch etwas Kaffee und ein Metalllöffel waren, stellte die Tasse in die Mikrowelle und schaltete diese ein. Ein starkes Knistern ermahnte Valentin, die Mikrowelle eiligst wieder auszuschalten. Er nahm die Tasse heraus und verbrannte sich die Finger an dem metallenen Löffel. Im gleichen Moment klingelte überraschend sein Telefon. Die Tasse fiel als Ergebnis einer heftigen Bewegung um und der heiße Kaffee lief vorn über Valentins Hose. Valentin brüllte bestialisch laut auf, sprang trotz der Massageschmerzen wie ein angestochener Stier umher und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den annähernd gargekochten Penis.
»Wo ist nur dieses gottverfluchte Telefon?«
Stöhnend und jammernd, mit einer Faust zwischen den Beinen, suchte er nach dem Telefon. Er schlug die Decke seiner Schlafstätte zurück, fand jedoch nur ein abgenutztes, klebriges Pornoheft. Valentin leckte sich kurzzeitig die Lippen, zu mehr war gerade keine Gelegenheit, denn das Telefon klingelte noch immer. Valentin betrat die zwei Quadratmeter großen Feuchtgebiete seines Hartz-IV-Appartements. Neben seiner Gummi-Ente lag das quäkende Telefon auf der Klosettspüle. Sogleich nahm Valentin das Mobilteil in die Hand, setzte sich stöhnend auf die Toilette und genehmigte die Annahme des Anrufes.
Am anderen Ende meldete sich der Immobilienbesitzer und -händler Dr. Baumann, Valentins Vermieter, ein äußerst vornehmer, arroganter und reicher alter Herr, der von einem ordentlichen Büro aus anrief.
Valentin erklärte derweil: »Hallo Mutti, dein Anruf kommt gerade sehr ungelegen, ich bin extrem beschäftigt.«
Worauf