Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845. Harald Rockstuhl

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Название Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845
Автор произведения Harald Rockstuhl
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783867778091



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hauste ein Wichtelvölklein, das zuweilen im nahen Dorfe Jostädt sich blicken ließ, vornehmlich in der adeligen Burg daselbst, wo die kleinen Wichtel oft in der sogenannten Wichtelstube aus den Ritzen der Dielen emporstiegen. Auch zogen sie weiter in der Gegend umher: und als sie einst in das honer Feld wollten, mußte der jostädter Fährmann sie in seinem Nachen über die Werra setzen und erhielt als Fahrlohn einen Knäuel Garn ohne Ende. Als er aber den Knäuel verwünschte, weil er beim Abweifen müde wurde, war er plötzlich mit allem schon abgeweiften Garn verschwunden. In der Nähe zeigt man noch den Wichtelanger und in einer Felshöhle die Wichtelkirche.

       Mündlich aus Halle

      An der Nordostseite von Halle, zwischen dem Geist- und Steinthore, liegt ein kleiner Teich, welcher der Gütchenteich oder die Gütchengrube heißt. Aus diesem stammen die Kinder, die in Halle geboren werden. Auch kam zu ihm einst bei Nacht eine Gräfin in schwarzer Kutsche gefahren und verschwand darin. Nach Einigen ist er ohne Grund; doch nach Andern stand an dem Platze früher ein Schloß, welches in die Erde versunken und an dessen Stelle der Teich getreten ist, und bei hellem Wetter soll man noch jetzt die Thurmspitze des Schlosses in der Tiefe schimmern sehen.

      Die Kinder, welche zu Glaucha geboren werden, kommen aus dem Teich am rothen Thor (hinter dem Waisenhausgarten); und auch hier soll einst eine Gräfin in schwarzer Kutsche bei Nacht versunken sein.

       Anmerkung:

      Das Volk spricht nicht Gütchen-, sondern Jütchenteich und fügt in der gewöhnlichen Weise, in der es ihm nicht mehr verständliche Namen erklärt, hinzu, es sei einst ein Jude dort ertrunken und danach sei der Teich benannt. Gütchen heißen die Elbe, wie sonst Holdchen, die guten Holden, the good people, die guten Nachbarn, liuflîngar (die Lieblinge). Das Jüdel der chemnitzer Rockenphilosophie (s. Myth., 1. Ausg., Aberglauben Nr. 62. 389. 454. 473) deutet schon Grimm (2. Ausg. der Myth. 449. Anm. †) als güetel: gutelos nannte man die Bergmännchen, wie Ludwig Lavater De spectris, lemuribus et magnis atque insolitis fragoribus (Genf 1570) S. 92 nach Georg Agricola angiebt, und nach Horsts Zauberbibliothek 5, 349 erwähnt auch Schott Physica curiosa 1. Buch 38. Kap. in dem Abschnitt De virunculis et foemellis die gutelos oder Gütelen. Ferner führt Pfitzer in seiner Bearbeitung des widmannschen Volksbuches von Faust S. 110 Gütchen unter andern Namen elbischer Wesen auf: im zweiten Theil von Göthes Faust (Ausg. von 1840, S. 51) heißen die Gnomen „den frommen Gütchen nah verwandt“: auch wird (Myth. 441) von dem Pilwiz gesagt er solde sîn ein guoter. Der Gütchenteich ist also ein Teich der Elbe. Ihm entstammen die Kinder der Menschen wie in Hessen dem Hollenteiche (Deutsche Sagen 1, 4). Aus diesem trägt sie Holda selbst herauf: man darf darum in der Gräfin unserer Sage eine Göttin vermuthen, die mit den Elben im Wasser haust. Holda selbst ist Göttin der Seen; die verwünschten Prinzessinnen pflegen sich in Teichen und Brunnen zu baden, und schon die Terra mater verschwand nach Tacitus im See. – Die Vorstellung daß die Menschen bei der Geburt aus der Gemeinschaft der Elbe heraustreten und beim Tode in sie zurückkehren wurzelt tief in unserm Heidenthum, und sie scheint, da die Elbe aus einer Personification der elementarischen Kräfte entsprungen sind, nach pantheistischer Ausschauungsweise auszudrücken daß die menschliche Seele nur ein Theil der allgemeinen Naturkraft ist, der bei der Geburt im Menschen zum Selbstbewußtsein kommt, beim Tode in das allgemeine, die ganze Natur durchdringende Leben sich wieder auflöst; während die Mythen, welche die Menschen nach dem Tode bei Odhinn und Thor, bei Freyja, Gefjon und Ran einkehren lassen, die Seele als persönlich fortlebend denken.

       Halle an der Saale – Mühlgraben. Postkarte um 1908.

       Sammlung Harald Rockstuhl.

       Mündlich

      Um Wettin, Halle, Eisleben, Eilenburg und wohl in ganz Sachsen warnt man die Kinder, wenn das Getreide reift und sie Kornblumen pflücken wollen, nicht zu tief ins Korn hineinzugehen, weil sonst der Kornengel komme und sie forttrage. Wer von ihm geraubt wird kehrt nie wieder zu den Menschen zurück.

       Anmerkung:

       Der Name Kornengel, welchen hier die Roggenmuhme führt, stimmt zu Grimms Annahme (Myth. 446) daß ihr Umgehen im Getreide ursprünglich eine wohlthätige Ursache hatte. – Die von Grimm, Myth. 444, zu den im Korn umwandelnden Pilwizen verglichne Stelle der Kaiserchronik bezieht sich auf Simon den Zauberer, von dem schon in den clementinischen Recognitionen (Clementis Romani Opera Col. Agr. 1570 p. 27) berichtet wird, als er in der Jugend von seiner Mutter Rachel einst auf das Feld gesandt worden sei um Gras zu schneiden, habe er die Sichel auf den Boden gelegt und ihr geboten „Geh und mähe“, und sie habe weit mehr gemäht als andre Sicheln.

       Mündlich aus Helfta

      Als man zu Stedten bei Schrauplau ein Haus baute, fand man im Füllemund eine eiserne Lade, und wie man sie aufmachte, sprang ein kleines, rothes Männchen heraus, welches fröhlich im Kreise umher tanzte und immer rief „Nun bin ich erlöst! Nun bin ich erlöst!“ Und es erzählte, es sei ein Kobold und sei vor vielen hundert Jahren in diese Lade verwünscht worden, und wenn das neue Haus fertig sei, wolle es darin wohnen. Als nun das Haus gebaut war, kam das Männchen alle Nacht, machte das Vieh im Stalle los und trieb es auf dem Hofe umher, sprang die Treppen im Hause auf und ab und lärmte so viel, daß bald Niemand mehr in dem Hause wohnen wollte.

       Anmerkung:

       Das schon im zwölften Jahrhundert vorhandene, aus dem lateinischen fundamentum entsprungene fullemunt ist in der Form Füllemund in Sachsen und Thüringen beim Volke gebräuchlich.

       Mündlich aus Diemitz

      In Bischdorf wohnt eine alte, steinreiche Frau, die einen Kobold hat. Der sitzt den ganzen Tag in ihrer Stube auf dem Heerd, und sie unterhält sich mit ihm. Da haben die Nachbarn, die manchmal unter den Fenstern stehen bleiben und horchen, denn gehört wie der Kobold sprach „Nun, Alte, wünschst du dir nichts?“ „Ach ja, Söhnchen“ sagte sie dann, „ich wünsch mir eine recht schöne goldne Kette“ oder „ich wünsch mir einen Beutel mit Dukaten“ oder was sie sich sonst gewünscht hat. Dann ist der Kobold nur zum Schornstein hinaus geflogen und bald zurückgekehrt und hat das Verlangte gebracht.

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