Название | Von Lüneburg bis Langensalza im Krieg 1866 |
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Автор произведения | Friedrich Freudenthal |
Жанр | Историческая литература |
Серия | |
Издательство | Историческая литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783867775229 |
Einige Tied danach drippt de Pastor mal mit Johann Stöckmann up en Kinddöp tasamen un dor mutt he to sien Verwunnerung sehn, dat min leewe Johann en Glas Grock na’n annern wegpietscht, as wenn dat blot Water wör. „Stöckmann,“ seggt de Pastor liesen un stött Johann in de Sied, „se hebbt mi doch nülich seggt, se können et laten!“ „Kann ick ok, Herr Pastor,“ seggt Johann un kloppt sick up sein lange Liew, – „hier is noch Platz, hier kann ick enen ganzen Ammer vull laten!“
Unser gastfreundlicher Wirth hatte inzwischen Lagerbier in Flaschen herbeiholen lassen und füllte die Gläser. „Ja,“ fuhr er fort und strich sich schmunzelnd den braunen, buschigen Schnurrbart – „un de Geschicht von den „heemlichen Fehler“ wat wör dat doch man noch? Dat is recht – Johann harr mal för den Amtsauditer Meyer, de jümmer krank wör, en Badewannen makt, awer de Auditer wör flünig verstorwen un harr de Wannen gar nich mehr in Gebruk nehmen könnt. „Wat fang ick mit dat grote Küwen an, Stine? seggt Johann enes Dages to sien Froo. „Will doch mal na den Assesser Grumbart henn un mal hören, wat de dato seggt.“ – De Assesser Grumbart wör nämlich an Auditer Meyer sien Stä’na F ... henn versett’t worrn, he wör awer nich beleewt, wiel he de Lüd, de wat up’n Amt to dohn harrn, jümmer so groff anhalen dä. – „Herr Assesser,“ seggt Stöckmanns Johann to denn Assesser Grumbart, „ick bin darüm her, ick woll Se mal fragen, ob Se nich villicht enen heemlichen Fehler an sick harrn!“ „Was!“ begehrt de Assesser up, „was soll das heißen?! Wie können Sie sich unterstehen, hier solche impertinente Reden zu führen!“ Se verstaht mi nich, Herr Assesser,“ seggt Stöckmanns Johann, „Se möt nämlich weten: ick hew för Ihren Vorgänger Meyer en Küwen makt tom Baden von fiet Foot Läng, he is mi awer leider to fröh storwen, un nu dach ick, wenn mi dat glück, dat Se of enen heemlichen Fehler an Ihren Körper harrn, denn harrn Se dat Küwen ja man gliek mit öwernehmen könnt – ick würr et Ihnen to’n halwen Pries laten.“ – –
Bei solch’ erheiterndem Zwiegespräch waren rasch einige Stunden vergangen und es wurde Zeit, daß mein Vater und ich uns wieder auf den Weg machten. Bevor wir das Heim unseres freundlichen Gastgebers verließen, wurde selbstverständlich noch das Vorhaben besprochen, welches uns zu unserer Reise veranlaßt hatte. Cord Wübbe, der in seiner Jugend in Hannover bei der Artillerie gedient hatte, ließ es sich nicht nehmen, mir allerlei nützliche Winke und Fingerzeige zu ertheilen. An der Gartenpforte verabschiedeten wir uns von unserm liebenswürdigen Wirth und wanderten dann in der Richtung auf Harburg weiter.
Viel Bemerkenswertes bot sich uns nun während der nächsten Stunden nicht dar. Hier und da ein Dorf mit hart an der Straße gelegenen Wirthshäusern, die durch das über der Thür angebrachte Schild und die nie fehlende Pferdekrippe kenntlich waren, Fuhrwerke mancherlei Art und Handwerksburschen, welche uns begegneten, Pflüger auf den Feldern am Wege, die unter der Einwirkung des schönen Frühlingswetters mit den Lerchen um die Wette sangen oder eine lustige Weise pfiffen – das war so ziemlich Alles, was sich unsern Blicken Abwechslungvolles zeigte.
Eine Meile etwa vor Harburg führt die Straße durch waldige Schluchten hindurch und über Höhen und erreicht nahe vor der Stadt ihren Höhepunkt. Von dort sahen wir hinunter auf die Elbniederung mit ihren Marschen und auf die jenseits der Elbe aus einer grauen Schicht von Rauch und Qualm aufsteigenden stolzen Thürme Hamburgs.
Zur Linken hatten wir die hügeligen Waldungen der Haake und vor uns im Grunde lag das Ziel unser Tageswanderung, die Stadt Harburg. Dieselbe trug damals noch nicht so ausgesprochen den Charakter der qualmigen, russigen und schornsteingespickten Fabrikstadt, den sie heutigen Tages angenommen hat. Die „befruchtenden Segnungen einer sich mit Riesenschritten entwickelnde Industrie“ hatten – um mit den Worten eines zeitgemäßen Zeitungsschreibers zu reden – damals die „beengenden Fesseln kleinstädtischer Verhältnisse“ noch nicht völlig gesprengt, wie dies jetzt nach fünfundzwanzig Jahren der Fall ist. Handel, Gewerbe und Schifffahrt und vor allen die Weiterbeförderung der aus dem Inlande sich hier ansammelnden Waaren bildeten damals vorwiegend die Ernährungszweige der Bewohner Harburgs. Die die Stadt durchkreuzenden Hauptstraßen boten damals ein buntbewegtes Bild. Überall traf man auf Fracht- und Omnibusfuhrwerk, Bauernwagen, und Postkutschen – letztere gelenkt von rothröckigen Postillonen und viele Hundert fleißige Hände waren tagtäglich beschäftigt, die mit der Eisenbahn und auf den Landstraßen eintreffenden Kaufmannsgüter und ländlichen Producte jeder Art den zahlreichen Schiffen zuzuführen, welche den Verkehr mit den benachbarten Elbestädten und Hamburg vermittelten.
5.
In Harburg.
In einer Gastwirthschaft an der Schloßstraße in Harburg nahmen wir Quartier für die Nacht. Wir setzten uns bescheiden hinter den langen, grünen Tisch, der fast die ganze Rückwand der nicht sehr großen Schänkstube einnahm und ließen uns ein einfaches Abendessen auftragen, welches uns nach dem langen, anstrengenden Marsch außerordentlich gut mundete.
Zu unserer Linken am Ende des Tisches hatte ein anderer Gast Platz genommen, ein breitschultriger, kräftig gebauter Mann von etwa 30 Jahren mit einem von der Frühlingssonne gebräunten bartlosen Gesicht und kurz geschnittenem braunen Haar: Wie es schien, war der Mann ein Landarbeiter, wie sie zur Frühlings- und Sommerszeit von der Geest aus nach den Elbmarschen zu wandern pflegen, um sich dort mit Graben oder Mähen einen besseren Verdienst zu schaffen, als ihnen daheim in ihrem Heidedorfe geboten werden kann. Ein Spaten, woran eine starke Schnur derart befestigt war, daß dieses friedliche Werkzeug der Agrikultur sich wie ein Gewehr über die Schulter hängen ließ, sowie ein Bündel Wäsche lagen nicht weit vom Sitze des Mannes in einem Winkel des Zimmers. Ein geöffnetes blauleinenes Tuch, welches der Mann vor sich auf dem Tische ausgebreitet hatte, enthielt allerlei in Zeitungspapier gewickelte Eßwaren, und seitwärts auf dem Tische stand ein Glas mit Schnaps und ein mit Bier gefüllter Krug. Wie der Fremde da so am Tischende saß, in der Linken ein großes Stück Speck nebst einem Schnitte Schwarzbrod haltend und mit der Rechten ein Messer handhabend, womit er abwechselnd bald vom Speck, bald vom Brod ein Stück heruntersäbelte, um es dem zermalmenden Gehege seines anscheinend ausgezeichneten Gebisses zu überliefern, machte er ganz den Eindruck eines kerngesunden Naturmenschen, der allen Einflüssen einer „verfeinernden Lebensrichtung“, allen Wirkungen eines „Bedürfnisse schaffenden, veredelnden Cultur-Fortschritts“ bis dahin in erfolgreichster Weise Widerstand geleistet hatte.
Während wir noch mit den letzten Resten unserer Mahlzeit beschäftigt waren, hatte uns gegenüber an dem grünen Tische ein neu hinzugekommener Gast Platz genommen, der seiner Kleidung und seinem wohlgenährten, behäbigen Äußern nach ein Kaufmann oder wohlhabender Bürger sein mußte.
Nachdem dieser neue Gast, der von dem Wirth mit „Herr Isermeyer“ angeredet wurde, bedächtig den Zucker in dem Glase Grog, welches er sich hatte bringen lassen, zerkleinert und einen Schluck des dampfenden Getränkes hinuntergeschlürft hatte, fing er mit meinem Vater ein Gespräch an. Als er durch geschickt gestellte Kreuz- und Querfragen, die mein Vater zwar zurückhaltend aber dennoch wahrheitsgemäß beantwortete, das Nöthige über Ziel und Zweck unserer Reise aus ihm herausgepreßt hatte, schien ein Schatten des Mißbehagens sein rundwulstiges, in der Mitte glattrasiertes, am Rande mit einem Kranz röthlicher Borsten verziertes Gesicht zu umdüstern. Er hielt eine Weile mit Fragen inne, nahm einen zweiten Schluck aus dem Grogglase und zupfte hastig an den Zipfeln seines gesteiften Leinenkragens, der auf beiden Seiten seines Halses in der Form eines ungleichseitigen Dreiecks hervorragte und jenes Halseinzwängungs-Werkzeug bildete, welches man Vatermörder zu nennen pflegt. „Unsinn!“ rief er dann plötzlich aus und warf meinem Vater einen vorwurfsvollen Blick zu ... „Soldat wollen Sie Ihren Sohn werden lassen? Freiwillig eintreten soll er? – Ne, so blau! Lassen Sie ihn meinetwegen alles in der Welt werden, aber nur