El Raval. José R. Brunó

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Название El Raval
Автор произведения José R. Brunó
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783960082033



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Bescheid von Lopez zu bekommen.

      Es waren inzwischen zwei Wochen vergangen und Pep hatte sich noch einmal mit Javier Fernandez getroffen. Xavi hatte bereits Nachricht bekommen und müsse sich, so sagte er, am dritten Mai zu seiner Ausbildung in Avila einfinden.

      Eigentlich hatte sich Pep längst auf die Ablehnung seiner Bewerbung eingestellt. Trotzdem schaute er täglich und voller Ungeduld in seine Post. Er wusste, dass Briefe innerhalb Barcelonas oftmals zehn Tage unterwegs sein konnten.

      Am 15. April war es endlich soweit und er fand das Schreiben, auf das er sehnsüchtig gewartet hatte. Er öffnete hastig das Kuvert und zog ein zweiseitiges Dokument heraus. Pep sollte sich, wie sein ehemaliger Schulkamerad, am besagten dritten Mai auf der Polizeischule in Avila einfinden.

      Er wusste nicht so recht, ob er sich freuen sollte. Die Angst, zu versagen, war wieder da. Die Zeit war knapp, es blieben nur noch zwei Wochen, um sich vorzubereiten. Zunächst einmal musste er sich kundig machen, wo dieses Avila überhaupt lag. Pep war, außer in seiner Militärzeit, nie aus Barcelona herausgekommen. Aber auf der anderen Seite war da noch Xavi, der ihn begleiten sollte. Jetzt war er das erste Mal froh, Javier Fernandez zu kennen.

      Er hatte von Xavi eine Telefonnummer bekommen, unter der dieser immer vormittags zu erreichen war.

      Mutter Maria hatte zwar vor geraumer Zeit ein Telefon beantragt, aber es dauerte immer Monate, bis so ein Antrag bewilligt wurde. So begab er sich einmal mehr in eine schmuddelige Cafeteria in der Carrer Marquez de Barberá.

      Er hatte Glück und das Telefon funktionierte, was nur selten vorkam. Entweder hatte der Betreiber nicht bezahlt oder das gesamte Viertel war mal wieder ohne Telefon. Darüber hinaus war das Telefonnetz so veraltet, dass selbst ein Stadtgespräch eine einzige Schreierei zwischen den Telefonierenden war.

      Javier war erfreut über die Nachricht, dass er nicht allein auf den Lehrgang gehen musste. Er gab seine Freude zum Ausdruck, indem er seinem neuen Kollegen eine Mitfahrgelegenheit anbot. Um in das 700 Kilometer entfernte Avila zu kommen, wäre man sicherlich zwei Tage mit der Eisenbahn unterwegs. Xavi ließ sich fahren, eine Bahnfahrt kam für ihn nicht infrage. In seiner Familie gab es mehrere Autos und einige, die sie fahren konnten.

      Die beiden trafen sich noch zwei Mal, um ihre Reise zu besprechen. Immerhin würden es mindestens 15 Stunden Autofahrt bis in die Kleinstadt nordwestlich von Madrid sein. Zu jener Zeit gab es im ganzen Land nur wenige Autobahnen und eine solche Reise war in den meisten Fällen nur mit Übernachtung zu schaffen. Pep wollte nichts dem Zufall überlassen und je näher der Tag der Reise kam, umso nervöser wurde er.

      Es war Mai, und die Temperaturen betrugen, insbesondere im Landesinneren, bereits 26 Grad Celsius.

      Avila, eines der historischen Metropolen des Landes, und liegt in Kastilien – León. In dieser Region war es im Winter klirrend kalt, und im Sommer unerträglich heiß. Pep hatte gerade seinen Militärdienst hinter sich gebracht und er musste feststellen, dass er das Ganze noch einmal über sich ergehen lassen musste. Morgens Sport, nachmittags Theorie und Waffenkunde. Die Abende standen zur freien Verfügung, die Pep und Xavi dazu nutzten, die Bars und Kneipen in der näheren Umgebung kennenzulernen.

      Sechs Monate waren vergangen und Pep hatte seinen Lehrgang bei der Polizei in Avila absolviert. Er war mit ausgezeichneten Leistungen einer der Lehrgangsbesten geworden. Sein Kollege Javier hingegen hatte sich mit Ach und Krach geradeso durchgemogelt. Nicht etwa durch schlechte Noten im theoretischen Bereich, er hatte sein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 9,0 gemacht, sondern sportlich war er eine absolute Null. Auf Sport hatte man bei der Prüfung besonderen Wert gelegt.

      Pep glaubte ohnehin, dass bei der Einstellung von Javier der Vater ein wenig nachgeholfen hatte. Es war Xavis dumme überhebliche Art, die ihm fast die Abschlussprüfung gekostet hätte. Pep war sich nicht sicher, ob alle Kinder aus besserem Haus so waren, aber bei seinen Ausbildern hatte Xavi sich keine Freunde gemacht. Xavi musste einfach lernen, zum richtigen Zeitpunkt den Mund zu halten. An seine sarkastischen Bemerkungen, die bei vielen Leuten nicht besonders gut ankamen, hatte sich Pep allerdings zwischenzeitlich gewöhnt. Die beiden waren Freunde geworden, weil Pep aus solchen Situationen immer das Beste zu machen verstand. Er hatte in seiner Umgebung frühzeitig lernen müssen, wie man klug durchs Leben kommt und dazu gehörte auch, Menschen mit ihren negativen Allüren zu akzeptieren. Wenn man dann noch davon profitieren würde, umso besser. Geld hatte für Javier absolut keine Bedeutung und war immer reichlich vorhanden.

      Die Abreise aus der Kleinstadt Avila verlief relativ unspektakulär, obwohl beide eine gewisse Wehmut verspürten. Sie hatten bei ihrem sechsmonatigen Aufenthalt viele neue Freunde gewonnen und die angehenden Polizisten aus Barcelona waren in den umliegenden Kneipen gerngesehene Gäste gewesen. Ohne Xavi wären die Besuche in all den Bars und Kneipen nicht möglich gewesen. Pep war der Meinung, dass er Xavi etwas schuldig sei. Ohne die zufällige Begegnung mit seinem kauzigen Freund Fernandez wäre Pep nie und nimmer bei der Polizei gelandet.

      DER JUNGE POLIZIST

      Es war der fünfundzwanzigste Dezember 1979, ein Montag, als Pep schon früh erwachte. Es war gerade acht Uhr und obwohl er mit geschlossenem Fenster schlief, wurde er von einem Straßenlärm geweckt, den er zunächst nicht einordnen konnte.

      Er war nun ein junger Polizist, der ein paar Tage Urlaub hatte und gerne noch etwas länger geschlafen hätte. In anderen Ländern wurde bereits Weihnachten gefeiert, in Spanien war der sechste Januar der Feiertag. Schlaftrunken öffnete Pep das Fenster und es kam ihm ein starker Kaffeegeruch entgegen, der aus der gegenüberliegenden Cafeteria L´Havana nach oben stieg. Sie war meistens schon ab sieben Uhr geöffnet.

      Sofort fiel ihm auf, dass für diese Zeit ungewöhnlich viele Leute auf der Straße waren. Als er hinuntersah, fielen ihm Menschen auf, die unmöglich seine Landsleute sein konnten oder gar herkömmliche Touristen waren. Es waren Amerikaner, die wieder einmal El Raval unsicher machten.

      Über Nacht war die Sixth Fleet angekommen. Die sechste Flotte der Amerikaner, die im Hafen von Barcelona häufig vor Anker lag. Wenn Flugzeugträger, die teilweise 5000 Marinesoldaten an Bord hatten, vor Anker lagen, bekamen die gastronomischen Betriebe und die Huren unverhofft eine verlängerte Saison. Die Touristen verschwanden schon im Oktober und somit waren die Yankees in dieser Jahreszeit gerngesehene Gäste.

      Pep tat das, was er immer tat. Er wusch sich und ging eilig die Treppe hinunter, denn er verspürte das starke Verlangen, einen Kaffee zu trinken.

      Die Cafeteria L´Havana war schon voller Leute und der Lärm erinnerte an einen Jahrmarkt. Der große lange Tresen war voll mit irgendwelchen Gestalten besetzt, die wohl die letzte Nacht kein Bett gesehen hatten. Es waren Amerikaner, die sich stimmgewaltig mit irgendwelchen Spaniern auseinanderzusetzen versuchten. Auf dem Boden vor der Theke lag bergeweise Müll.

      Die Spanier hatten die Angewohnheit, alles auf den Boden zu werfen. Hier lagen Zigarettenstummel, Zuckertüten und sonstiger Unrat. In Spanien war die Anzahl der Zuckertüten auf dem Boden vor dem Tresen ein Indiz für guten Kaffee.

      Alle zwei Stunden kam die Wirtin mit einem Besen, um den Boden im Tresenbereich zu reinigen und nach einer halben Stunde war der alte Zustand wieder hergestellt.

      Pep bestellte sich einen Café con Leche und ein Croissant, nahm sich die Tageszeitung La Vanguardia vom Tresen und setzte sich an einen gerade freigewordenen Tisch.

      Hier sah es nicht besser aus als auf dem Fußboden vor dem Tresen. Mit einer Handbewegung signalisierte Pep dem Kellner, dass er den Tisch säubern müsse.

      Der schlaksige zahnlose Camarero, den Pep schon seit einigen Jahren kannte, kam mit einem Tablett, auf dem er den bestellten Kaffee und das Croissant transportierte.

      Mit einem dreckigen Lappen tat er das, was alle Leute taten. Er wischte den auf dem Tisch liegenden Müll auf den Boden.

      Pep sah dem Treiben der Leute gelangweilt zu. Hier geschah nichts, was er nicht bereits sein gesamtes Leben kannte.

      Nach einer Weile öffnete sich die Eingangstür und der Limpiabotas, der Schuhputzer Paco betrat das Lokal.

      Im Viertel war