El Raval. José R. Brunó

Читать онлайн.
Название El Raval
Автор произведения José R. Brunó
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783960082033



Скачать книгу

die Fliegen zu schaffen machten. Es schien Hammel oder Lamm sein.

      Über dem Verkaufstresen hing eine Stange, an der auf einigen Haken Hühner zum Verkauf angeboten wurden.

      Auf der Schulter des Marokkaners, der hinter dem Tresen stand, waren Bluttropfen, die wohl beim Hinüberbeugen über den Ladentresen von den Hühnern herabgetropft waren. Vor dem Tresen standen Frauen mit Kopftüchern, die noch auf die Bedienung warteten. Der Fleischer schien in diesem kleinen schmuddeligen Laden gute Geschäfte zu machen.

      Die hygienischen Verhältnisse waren ein Fall für die Gesundheitsbehörde, aber das war eine andere Abteilung und deshalb war man auch nicht hier.

      Die beiden Inspektoren zogen ihre Polizeimarken aus der Tasche und kamen sofort zum Punkt.

      »Sie sind der Inhaber dieses Ladens?«, wollte Pep wissen.

      »Ich habe jetzt leider keine Zeit, Sie sehen doch, dass ich noch Kundschaft habe«, sagte der Mann frech und verwies mit einer Handbewegung auf seine Kunden.

      »Ich werde Sie gleich mit auf die Jefatura nehmen, dann haben sie die ganze Nacht Zeit. Und außerdem möchte ich mal Ihre Apertura, die Erlaubnis sehen.«

      Der Fleischer zog jetzt etwas nervös und hastig seine Papiere aus einer Schublade hervor.

      Die Dokumente schienen in Ordnung zu sein und Pep hatte längst festgestellt, dass der Mann, im Gegensatz zu vielen Muslimen, Rechtshänder war. Die Dokumente waren auf Hassan Maluó ausgestellt.

      »Und Sie haben einen Sohn?«

      »Ich habe drei Söhne, Señor, zwei leben in Sevilla und der älteste lebt in Barcelona bei mir.«

      »Wie heißt Ihr Sohn und wo wohnt er?«

      »Mein Sohn heißt genauso wie ich, Hassan Maluó, und ist seit ein paar Tagen verreist. Er ist einige Tage zu seinen Brüdern nach Sevilla gefahren.«

      »Wann ist er denn gefahren und wann kommt er zurück?«, wollte Pep wissen.

      »Er ist am Mittwochvormittag mit dem Zug gefahren und kommt morgen Abend zurück.«

      »Zum Abschluss noch eine Frage: Rauchen Sie oder Ihr Sohn?«

      Der Marokkaner verstand die Frage offensichtlich nicht und schaute den Inspektor erstaunt an.

      »Ich rauche nicht, das verbietet meine Religion. Mein Sohn ist allerdings Raucher.«

      »Und kennen Sie die Zigarettenmarke, die Ihr Sohn raucht?«

      »Nein, leider nicht, aber Sie können ihn ja selber fragen, wenn er wieder da ist«, bemerkte der Fleischer. Eines war Pep sofort aufgefallen: Wie konnte der Moro Mittwochvormittag mit dem Zug nach Sevilla gefahren sein, wenn er am Abend von Conchita noch gesehen wurde? Entweder stimmte die Aussage der alten Conchi nicht oder der Fleischer log.

      Xavi hatte sich alle Einzelheiten der Befragung akribisch aufgeschrieben und die beiden entschieden sich, die Ermittlungen am nächsten Tag fortzusetzen. Es war immerhin bereits dreiundzwanzig Uhr geworden.

      Am nächsten Morgen schellte schon um neun Uhr das Telefon. Pep und Xavi waren gerade im Büro angekommen. Am Telefon war Laura, die Neuigkeiten hatte.

      »Ich habe etwas zu den Fußspuren ermitteln können. Das Profil kann eindeutig einem Sportschuh der Marke Paredes zugeordnet werden«, sagte Laura stolz.

      »Danke Laura, das könnte uns weiterbringen.«

      Pep bedankte sich freundlich, obwohl er dachte, dass es in Barcelona sicherlich einige hunderttausende gab, die diese Sportschuhe trugen.

      Inzwischen war auch Kommissar Lopez eingetroffen, der sich, wie immer, zunächst einmal den obligatorischen verbalen Bericht geben ließ.

      Für das schriftliche Protokoll war Xavi zuständig, der sich dieser unerfreulichen Arbeit wie immer mit einer unglaublichen Akribie annahm.

      Lopez war aufgefallen, dass die beiden etwas überarbeitet aussahen und brachte das mit einem »ihr solltet mal etwas früher ins Bett gehen« zum Ausdruck. Pep und Xavi konnten dem gut gemeinten Rat ihres Chefs, der sich eher nach Spott anhörte, nichts abgewinnen.

      Pep hatte unlängst Doc Montes gefragt, wie er das Erlebte vom Tage verarbeite und Montes hatte gesagt: »Du musst lernen, den Dreck nicht mit nach Hause zu nehmen. Sonst bist du bald reif fürs Irrenhaus.«

      Der Doc hatte sicherlich recht. In den letzten zwei Tagen war sehr viel passiert und die Bemerkung des Kommissars hatte sicherlich seine Berechtigung.

      Beide mussten lernen, sich in Gelassenheit zu üben und sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen.

      Immerhin war nach Ansicht ihrer Vorgesetzten nicht viel passiert. Es waren ja ›nur‹ zwei Huren umgebracht worden.

      Inzwischen hatte sich Xavi eine große Sperrholzplatte aus einer Tischlerei besorgt und diese an der Bürowand der beiden Inspektoren anbringen lassen. Auf diese Platte heftete er das Bild der Ermordeten. An den linken Rand schrieb er, was man inzwischen ermittelt hatte. Er versuchte, auf diese Weise eine Art Täterprofil zu erstellen. Pep war beeindruckt von der Kreativität seines Kollegen und froh, dass er jemanden hatte, der ihm diese Arbeit abnahm. Allerdings wussten die beiden unerfahrenen Polizisten auch, dass sie nichts Verwertbares hatten. Sie kamen sich vor wie zwei, die hilflos in einem Heuhaufen stocherten und nach der berühmten Stecknadel suchten.

      Es waren Tage vergangen und die beiden Polizisten saßen sich einmal mehr nachdenklich gegenüber und schauten auf das von Xavi angefertigte Profil. Am nächsten Morgen fuhren die beiden Inspektoren in ihr Viertel, um weitere Verdächtige ausfindig zu machen.

      Conchita hatte beiläufig etwas von dem Zigeuner Manolo erzählt, der täglich durch das Barrio Chino fuhr und seine Dienste als Scherenschleifer anbot.

      Er fuhr ein altes Motorrad der Marke Bultaco, auf dem am hinteren Teil ein Schleifstein angebracht war. Angetrieben wurde das Gerät mit einem Keilriemen über das Hinterrad, welches aufgebockt werden konnte und mit laufendem Motor den Schleifstein zum Rotieren brachte.

      Manolo kündigte sich immer mittels einer art Panflöte an, die so laut war, dass jeder im Viertel sofort wusste, dass der Scherenschleifer in der Nähe war. Die Leute kamen mit ihren Messern oder Scheren aus ihren Häusern, um sich diese von dem schmuddeligen Zigeuner schärfen zu lassen.

      Der Zigeuner war dafür bekannt, dass er einen großen Teil seiner täglichen Einnahmen zu den Huren trug. Conchita hatte ihn wohl neidisch erwähnt, weil Manolo sich inzwischen den jüngeren Frauen zuwandte.

      Ihn ausfindig zu machen war relativ einfach, man brauchte nur dem Gedudel seiner Flöte nachgehen.

      Xavi und Pep mussten das Verhör auf der Straße führen. Sie konnten den Scherenschleifer auf keinen Fall auf die Jefatura mitnehmen, weil das zwangsläufig dazu geführt hätte, dass Manolo das Motorrad hätte stehen lassen müssen. Am nächsten Tag wäre der Mann garantiert arbeitslos gewesen, weil das Gefährt innerhalb kürzester Zeit seinen Besitzer gewechselt hätte.

      »Hola Manolo«, begrüßte Pep den Scherenschleifer freundlich.

      »Hola Pep.«

      Der Scherenschleifer hatte sich bestimmt seit Tagen nicht gewaschen und seine Kleidung hatte sicherlich seit geraumer Zeit kein Wasser mehr gesehen. Sein Körpergeruch war so penetrant, dass Pep die Distanz zwischen sich und dem Zigeuner vergrößern musste.

      »Wo warst du in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag?«

      »Nee, Pep, damit habe ich nichts zu tun. Ich war bei meiner Familie zu Hause und bin schon früh schlafen gegangen.«

      »Ich staune, dass du weißt, worüber ich mit dir reden will.«

      »Ist doch klar, alle im Barrio reden nur über dieses Thema.«

      »Kann jemand bezeugen, dass du zu Hause warst?«

      »Auf jeden Fall kann meine ganze Familie das bezeugen«, sagte der Scherenschleifer.

      Manolo wäre