Название | Eine verborgene Welt |
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Автор произведения | Alina Tamasan |
Жанр | Любовное фэнтези |
Серия | |
Издательство | Любовное фэнтези |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957444585 |
„Wer hat dir das alles erzählt?“, fragte er verwundert.
„Niemand“, antwortete Finilya, „ich habe die Geschichte von meiner Mutter gehört und mir ein paar Gedanken dazu gemacht.“
„‚Ein paar ist gut! Ein paar viele. Aber …“
„Du fühlst dich verpflichtet, zu den Menschen zu gehen.“
„Ich habe doch keine Ahnung von ‚Welten zusammenführen‘ und so. In meiner Macht steht so was sicher nicht. Aber nur allzu gerne würde ich Menschen sehen, von ganz Nahem, verstehst du? Vielleicht erschließt sich mir dann mehr?“ Rangiolf richtete sich auf und sah seine Gefährtin erwartungsvoll an.
„Womit wir wieder beim Punkt ‚Familie‘ wären. Es passt einfach nicht in dieses Bild, nicht wahr? Ich passe nicht in dieses Bild, denn ich bin nur eine arme Frau, ohne Ansehen und ohne Ressourcen. Also willst du mich verlassen?“ In Finilyas Augen glänzten die Tränen.
„Oh, nein, nein“, beeilte sich Rangiolf zu versichern. Er strich ihr das Nass von den Wangen und nahm sie in den Arm. „Nein, gerade das nicht, Finilya. Meiner Mutter würde die Hochzeit mit dir nicht gefallen. Gleichzeitig ärgert sie sich darüber, dass ich diesen Weg gehe. Aber sie will eine Frau an meiner Seite und die kriegt sie, egal was sie dazu sagt! Wir finden eine Lösung, etwas … hm“, der Gniri stockte und fuhr sich über das spitze Kinn, „etwas Neues, was noch nie jemand gemacht hat!“
„Und was wäre das?“, fragte Finilya patziger als sie es beabsichtigt hatte.
„Dich und den Weg des Heilers“, kam es von Rangiolf wie aus der Pistole geschossen.
„Wie wollen wir das anstellen? Als Heiler bist du ein Reisender, also kannst du nicht hierbleiben. Hierzubleiben und eine Familie zu gründen, das funktioniert auch nicht, nicht mit so jemandem Mittellosem wie mir. Meine Mutter mag dich, am liebsten sähe sie dich als Ehemann. Eine Hochzeit, die von beiden Familien gut geheißen wird, kann sie sich aber abschminken. Und für meinen Vater bin ich seine kleine Gniri, die er lieber neben sich am Feuer sieht, als draußen bei dir. Manchmal sehne ich mich nach dem Feuer, aber ich sehne mich auch immer mehr nach dir.“
„Ich auch, ja, ich auch und deswegen“, versicherte der junge Gniri noch einmal, „werden wir eine Lösung finden, die beides beinhaltet.“ Fürs Erste beschlossen sie, die Sache auf sich beruhen zu lassen und die gemeinsame Zeit auf der Wiese zu genießen. Allzu lange durften sie aber nicht mehr beieinander verweilen, denn der nächste Tag würde arbeitsreich und anstrengend werden. Bevor sie Abschied von einander nahmen, versprachen sie sich, sich über einen möglichen neuen Weg Gedanken zu machen.
„Wenn wir uns das nächste Mal sehen“, sagte Rangiolf zum Abschied, „haben wir die Lösung.“
„Woher weißt du das?“
„Ich fühle es.“ Sie umarmten und küssten sich noch einmal, bevor sie sich trennten.
Der Morgen graute, und Finilya graute es, ihre warme Liege zu verlassen, aber es ging nun einmal nicht anders. Wie alle anderen schob sie sich einen süßen Happen Riàt in den Mund und ging nach draußen. Nur Irukye blieb noch zu Hause, um Pindra zu säugen und aufzuräumen.
Als die kühle Morgenluft ihr Gesicht berührte, fühlte sie sich sogleich frisch und munter. Sie atmete tief ein, blickte durch die Bäume zum Horizont, wo die rote Sonnenkugel ihren täglichen Weg begann und folgte, gemeinsam mit ihren Geschwistern, ihrem Vater, der immer bestimmte, was, wo, wann und wie zu tun war.
Sie stapften querfeldein durch den Wald und kamen bald zu einer lichten Stelle. Überall lagen zersägte Baumstümpfe. Erst am Tag zuvor mussten Menschen hier gewesen sein, die in Fahrzeugen saßen, denn der Boden war von eigenartigen Spuren übersät: breit und rillenförmig waren sie und hatten ein heilloses Durcheinander hinterlassen.
„Hütet euch vor den stinkenden Riesen“, ermahnte Rìa seine Kinder und zeigte auf die Spuren. „Sie sind groß und laut, und wenn sie kommen, ist nichts mehr vor ihnen sicher. Kommt ihr einem unter die Räder, ist es aus, denn sie sehen uns nicht!“ Finilya runzelte die Stirn.
„Du willst hier Bäume pflanzen, was?“, fragte sie ihren Vater. Rìa nickte. „Aber wofür? Nur, damit sie wiederkommen und alles wieder zertrampeln oder zersägen? Wir sollten irgendwo hin, wo es sich noch lohnt, was einzupflanzen, meinst du nicht?“ In letzter Zeit widersprach ihm seine Tochter ziemlich häufig. Was war nur los mit ihr? Rìa seufzte und sah sie müde an.
„Du weißt, dass es unsere Aufgabe ist, den Wald zu erhalten, auch wenn die Chancen, dass hier noch was wächst, noch so gering sind“, antwortete er ruhig aber bestimmt.
„Ja, Papa, aber schau hier, siehst du dieses Ding?“ Die Gniri deutete auf ein Schild, das am Wegesrand stand.
„Ja, eins von den Dingen der Menschen. Keine Ahnung, was sie mit diesen kalten, viereckigen Dingern wollen.“ Rìa zuckte verärgert mit den Achseln.
„Da steht was geschrieben“, sagte Finilya ruhig.
„Ja, und?“ Rìa riss langsam der Geduldsfaden. „Meinst du, das interessiert mich?!“ Finilya verdrehte die Augen und blickte sich um. Keines ihrer Geschwister war gewillt, Partei für sie zu ergreifen. Sie fühlte ihr Herz in der Brust hämmern und hatte Angst. Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und sagte:
„Es sollte dich aber interessieren, denn schau“, sie zeigte auf ein groß geschriebenes Wort. „Da steht NUTZWALD.“ Rìa klappte seinen Mund auf – und wieder zu.
„Du kannst das lesen?“, fragte er erstaunt und sah seine Tochter mit großen Augen an. Finilya spürte, wie ihr das Blut in Kopf und Ohren schoss.
„Ja, etwas“, flüsterte sie und scharrte nervös auf dem Boden herum.
„Wer hat dir das beigebracht?“ Rìa sah sie streng an.
„Pythera – sie brachte mir bei, die SCHILDS zu lesen.“
„Schilds?“
„Diese viereckigen Dinger, das sind SCHILDS.“ Finilya erwartete von ihrem Vater nun eine Schimpftirade sondergleichen, aber die blieb aus.
„Was ist NUTZWALD?“, fragte er stattdessen und schaute sie an.
„Die …“, Finilya zitterte am ganzen Körper und schluckte trocken.
„Sag nicht, du hast dich so sehr vor meiner Ablehnung gefürchtet, dass du es mir deshalb verheimlicht hast“, warf ihr Vater enttäuscht ein. „Du weißt doch, dass du mit allem zu mir kommen kannst, mein Kind.“ Er trat auf seine Tochter zu und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter.
„Ja, aber, hm – Menschenzeug ist schlecht, sagst du immer, damit darf man sich nicht beschäftigen, sagst du immer.“
„Du darfst nicht zu den Menschen gehen, das sage ich immer“, antwortete Rìa väterlich. Dabei merkte er nicht, wie sich Finilya noch mehr verkrampfte. „So etwas, Tochter, darfst du mir ruhig sagen, das ist für uns nämlich wichtig. Und nun ziere dich nicht und erkläre deinem alten Vater, was ein NUTZWALD ist, falls du das ebenfalls weißt.“
„Das ist ein Ort, wo Menschen Bäume pflanzen“, brachte sie schließlich hervor, „aber nicht, um der Mutter zu helfen, sondern um sie abzuholzen, wenn sie reif sind. Es sind Gebiete, wo eine Baumsorte in Reih und Glied gepflanzt wird, sodass sie schnell und gerade wächst. Die Menschen kommen im Moment nur her, um den Rest der alten Bäume abzuholzen, damit Platz ist für einen neuen NUTZWALD.“
„Verstehe“, antwortete Rìa und trat einen Schritt zurück. Sein Blick wurde seltsam matt. Auf einmal sah er sehr alt aus: ein gebeugter Gniri mit hängenden Schultern und zerfurchter Stirn. Er blickte auf seine alten Hände und seufzte. „Lasst uns woanders