Название | Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden |
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Автор произведения | Anne Neunzig |
Жанр | Историческая литература |
Серия | |
Издательство | Историческая литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954885916 |
Obwohl lange Zeit das „Prinzip der Freiwilligkeit der Zugehörigkeit“137 zur Staatsjugendorganisation propagiert wurde, änderte sich das 1936 grundlegend durch das HJ-Gesetz. Ab diesem Zeitpunkt blieb jeder Junge und jedes Mädchen für eine Dauer von 8 Jahren Mitglied der Staatsjugendorganisation. Mittels der 1939 eingeführten Durchführungsverordnung wurde die Teilnahme sogar zur Pflicht erklärt. Fernbleiben wurde nur in Ausnahmen gewährt, beispielsweise bei nachgewiesener Krankheit. Verweigerung wurde mit Strafverfolgung geahndet.
Während der 8 Jahre wurden den Jungen und Mädchen aufeinander aufbauende nationalsozialistische Inhalte und Verfahrensweisen vermittelt, die jährlich mit einem bestimmten Ausbildungsziel abschlossen.138
Abb. 5: Motor-HJ
Abb. 6: Nachrichten-HJ
Abb. 7: Flieger-HJ
Abb. 8: Segelpilot Joachim Gittelbauer
Abb. 9: Der Aufbau der Hitlerjugend nach Jahrgängen
4.2 Die Hierarchie, Struktur und das Führungsprinzip der Gesamt-Hitlerjugend als zentralistisches Prinzip des Machtsystems
Der Aufbau der Gesamt-HJ war einfach und klar nach zentralistischen Machtstrukturen gegliedert. Nur die „oberste Spitze“139 traf die wichtigen Entscheidungen über Aufgaben und Inhalte der HJ und des BDM. Die Führer an der Basis, die der Jugend sehr nahe standen, hatten für deren Umsetzung zu sorgen.
An der Spitze der gesamten HJ stand die Reichsjugendführung in Berlin. Alle Ämter innerhalb dieser obersten Reichsbehörde, bei der sämtliche Befugnisse zusammenliefen, wurden ausschließlich von Männern bekleidet. Auch die Reichsreferentin des BDM war der Reichsjugendführung direkt unterstellt, sie hatte jedoch „weitgehende Vollmachten [,][…] die Führung des BDM zu bestimmen.“140 Innerhalb der Behörde waren alle Bereiche der nunmehr staatlich gelenkten Jugendpolitik, u. a. auch die Ämter für die Leibeserziehung und die HJ-Gerichtsbarkeit, zusammengeführt. Die Leitung über die verschiedenen Ämter lag beim Stabsführer der Reichsjugendführung.141
Dem Aufbau der NSDAP entsprechend, hatte jede der sieben Einheiten (HJ => Reichsjugendführung - Gebiet - Bann - Stamm - Gefolgschaft - Schar -Kameradschaft/BDM => Reichsjugendführung - Obergau - Untergau -Mädelring - Mädelgruppe - Mädelschar - Mädelschaft) verschiedene Hauptabteilungen oder -stellen. So bestand z. B. ein Bann aus einer „Personalsstelle, Sozialstelle, Stelle für weltanschauliche Schulung, Presse- und Propagandastelle, Verwaltungsstelle“142. Diese Stellen gab es in ähnlicher Form auch auf den nächsthöheren und –tieferen Ebenen.
In jeder HJ- und BDM-Gruppe stand an der Spitze ein Junge oder ein Mädchen als Führer, die den Namen der Gruppe und der Klassifikation trugen, z. B. Bannführer oder Mädelgruppenführerin.143 Sie allein hatten die Verantwortung für ihre Gruppe und mussten sich vor der jeweils höheren Instanz verantworten. Ein Führer, anders als ein Vorgesetzter, verübte nach Schirach eine natürliche Autorität und war seiner „Gefolgschaft Vorbildlichkeit schuldig“144. Gemäß der nationalsozialistischen Idee des Führerprinzips waren die untergeordneten Jugendlichen ihrem Führer zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Sie hatten die von ihm erteilten Regeln und Anweisungen uneingeschränkt und unhinterfragt auszuführen.
Die einzelnen Stellen und Positionen wurden von den „Personalsstellen bzw.
-abteilungen und dem Personalamt der RJF“145 zugeteilt. Neben dieser Berufung gab es keine Möglichkeit, sich auf eine Position wählen zu lassen. Die Stellungen der Bannführer/innen und darüber liegende Positionen waren in der Regel hauptamtlich und damit besoldet.
Während die Männer für die einheitliche Ausrichtung der gesamten Arbeit verantwortlich waren, stand ihnen für die mädchenspezifischen Belange jeweils eine BDM-Amtsreferentin zur Seite.146
Generell war jedoch im Geschlechtervergleich das weibliche Geschlecht innerhalb der RJF „vollkommen unterrepräsentiert“147 und selbst in Mädchenangelegenheiten besaßen die Männer das Recht, die endgültigen Entscheidungen zu treffen.
Abb. 10: Aufbau der Stäbe
Abb. 11: Gliederung und Aufbau der Hitler-Jugend
5.1 Erziehungsziele im 'Dritten Reich'
Die Erziehungsziele im 'Dritten Reich' waren darauf ausgerichtet, die nationalsozialistische Ideologie und Anthropologie umzusetzen. Anstatt einer pädagogischen Ausrichtung fokussierten und unterstützten sie allein die Herrschafts- und Eroberungsbedürfnisse ihrer politischen Machtträger.
Die bereits erwähnte Abkehr von der Individualität zugunsten der Volksgemeinschaft, der Negierung von Pluralität und der intellektuellen Fähigkeiten einzelner Menschen innerhalb einer Gesellschaft, fand Ausdruck in der von Schirach 1933 deklarierten 'Revolution der Erziehung'. Um deren Ziel zu erreichen, die gesamte deutsche Jugend „körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zu erziehen“148, fand in der Schule wie auch in der Staatsjugendorganisation ein maßloser, totalitärer und entindividualisierender Zugriff auf die Jugend statt. Die Erziehung in der Gruppe, in der sich der Einzelne zugunsten der Volksgemeinschaft aufgibt, wurde zur vorrangigen Aufgabe und zum Ziel erklärt, wobei die jungen Menschen „durch Erkenntnis, Erlebnis und Willen an die Gemeinschaft gebunden“149 werden sollten. Aufklärung und intellektuelle Bildung waren nicht gefragt. Um Menschen zu erziehen, denen das Allgemeinwohl wichtiger war als die Bildung der eigenen, individuellen Persönlichkeit, sollten die Kinder so früh wie möglich der HJ und dem BDM beitreten.
Nach Hitlers Bildungsideal war ein „zwar wissenschaftlich wenig gebildeter, aber körperlich gesunder Mensch mit gutem, festem Charakter, erfüllt von Entschlussfreudigkeit und Willenskraft […] für die Volksgemeinschaft wertvoller als ein geistiger Schwächling.“150 An Bedeutung gewann in diesem Zusammenhang die Propagierung eines religionsähnlichen Patriotismus, basierend auf Adolf Hitlers 'Mein Kampf' als deutsch-völkische Bibel. Die jungen Menschen sollten nicht zum kritischen Nachdenken angeregt werden, sondern zum blinden Glauben an die Richtigkeit der völkisch propagierten Ideen und Ziele. Geistige Fähigkeiten sollten nur in Bezug auf die Formung des Charakters eine Rolle spielen, in dem sie verhalfen, Tugenden wie „Treue, Opferwilligkeit und Verschwiegenheit“151 sowie Aufrichtigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfreude zu entwickeln.
Letztendlich war die körperliche Ertüchtigung höchstes Erziehungsziel, Basis und Voraussetzung für die weitere ideologische Schulung im sozialdarwinistischen Sinne, das besagte, dass sich der Stärkere auf Kosten des Schwächeren durchsetzt. Hitlers vielzitierter Satz des „Heranzüchten kerngesunder Körper“152 kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Der Körperkult innerhalb des NS-Regimes wurde noch verstärkt durch propagandistische Parolen der Gesamt-HJ, wie beispielsweise 'Dein Körper gehört der Nation' oder auch 'Du hast die Pflicht, gesund zu sein'.153
Im Verhältnis zur körperlichen Ertüchtigung wurde der weltanschaulichen Schulung weniger Zeit und Raum bei der Erziehung der Jugend beigemessen. Ihr Schwerpunkt