Die Salonièren und die Salons in Wien. Helga Peham

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Название Die Salonièren und die Salons in Wien
Автор произведения Helga Peham
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783990401781



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      HELGA

       PEHAM

      Die Salonièren

      und die Salons

      in Wien

      200 JAHRE GESCHICHTE

       EINER BESONDEREN INSTITUTION

       Alma Mahler-Werfel im Jahre 1909. Foto von Madame d’Ora.

      INHALTSVERZEICHNIS

       Cover

       Titel

       Salons entstehen und Salonièren entwickeln sich

       Charlotte von Greiner

       Fanny von Arnstein

       Karoline Pichler

       Henriette Pereira, die Häuser Eskeles, Weckbecker, Rothschild und Metternich

       Josephine von Wertheimstein

       Rosa von Gerold

       Berta Zuckerkandl

       Alma Mahler-Werfel und Anna Mahler

       Marie Lang, Lina Loos, Gina Kaus, Grete Wiesenthal

       Eugenie Schwarzwald

       Fußnoten

       Literaturverzeichnis

       Abbildungsverzeichnis

       Danksagung

       Impressum

       SALONIÈREN ENTWICKELN SICH

      Ein Salon bildet sich um eine gebildete, geistreiche Frau, die Salonière. Die Besucher treffen einander mehr oder minder regelmäßig, die Geselligkeitsform ist das Gespräch mit dem Ziel, neues Wissen aufzunehmen, weiterzuentwickeln und weiterzugeben.

      Der ursprüngliche Salon beginnt Anfang des 17. Jahrhunderts in der Pariser Aristokratie. Die Kultivierung der feinen Lebensart, der Sitten und der Sprache, und der Kontakt mit Künstlern und Wissenschaftern bleiben jedoch innerhalb dieser Elite und erzielen keine Wirkung nach außen.

      In Wien setzt das Salonleben in den 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts ein. Der erste Kreis bildet sich um das Ehepaar Charlotte und Franz Greiner. Im Salon Fanny von Arnsteins treffen Adelige, Geschäftsleute, Gelehrte, Künstler und Damen der Gesellschaft aufeinander. Karoline Pichler umgibt sich mit angesehenen Beamten und deren Familien, Kavalieren, Gelehrten und Künstlern. Um 1800 und zur Zeit des Wiener Kongresses 1814/​15 erlebt der Wiener Salon eine erste Hochblüte, er dauert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

      Der Begriff „Salon“ entstammt der repräsentativen Architektur, er wird in die bürgerliche Wohnkultur übernommen, als die bürgerliche Repräsentation die aristokratische ablöst. Ohne das Salonleben wären die prachtvollen Ringstraßenbauten nicht entstanden. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet man Salons als Geselligkeitsformen im Bereich zwischen privater und öffentlicher Sphäre, das ist das Emanzipatorische daran. Der Hochadel grenzt sich zu dieser Zeit noch streng vom niederen Adel und den bürgerlichen Schichten ab. Durch das starre Festhalten an Althergebrachtem und das Abgrenzen gegenüber neuen Einflüssen, bleibt die Hocharistokratie meist unberührt von gesellschaftlichen Entwicklungen. Merkmal für die Zugehörigkeit zur Hocharistokratie sei die Zahl der adeligen Vorfahren, berichtet 1796 ein Reisender, der von Riga aus nach Wien fährt. Niemand könne die Salons der Hocharistokratie betreten, „den nicht Rang und Geburt dazu berechtigen, und die Häuser sind immer noch selten genug, die hierin bey verdienstvollen Gelehrten und Künstlern eine Ausnahme machen“.1

      Zusehends öffnen sich die Gesellschaften des niederen Adels, der sich ständig durch Nobilitierungen erweitert, dem aufstrebenden Bürgertum, und es bildet sich die Zweite Gesellschaft heraus. Man blickt auf den Hochadel und kopiert ihn, ist jedoch gesellschaftlich weit geöffnet. Aufgeklärte Wien-Reisende werden rasch in die Geselligkeit integriert und von Salon zu Salon herumgereicht, sobald sie eingeführt sind. Bankiers, Wissenschafter, höhere Beamte, Künstler und Offiziere kommunizieren miteinander. Im 18. Jahrhundert, das vom Geist der Aufklärung stark geprägt ist, distanziert man sich zunehmend vom Hof und bespricht politische Themen. Der politische Salontyp entsteht. Es bilden sich Interessengemeinschaften, und gebildete Bürger nehmen gleichberechtigt an den Salongesprächen teil.

      Ideen und Ideale, „cognitiv“ akzentuierte Geselligkeiten bilden den Kern von Salons mit dem Ziel, gewisse Kunstrichtungen oder politische Ideen philosophischer Schulen zu diskutieren. Die Salonière bringt intellektuelle Fähigkeiten mit und verfügt, meist durch den Ehemann, über die materiellen Voraussetzungen, ein entsprechendes Ambiente, Räumlichkeiten sowie über das notwendige Personal, um eine solche Gesellschaft zu geben, in der und durch die sie anerkannt ist. Zu den hervorstechenden Eigenschaften einer Salonière gehören organisatorisches Geschick, Kontaktfreudigkeit, ein großes Interesse an Menschen und die Fähigkeit, einen intellektuellen Diskurs zu führen. Dem Ehemann ist eine untergeordnete Rolle im Salon zugeteilt, obwohl er als Geldgeber fungiert, „Salonunternehmerin“ ist die Salonière. Oft übernimmt ein Habitué den männlichen Part im Salon, oder es steht der Dame des Hauses eine herausragende Persönlichkeit zur Seite – ein großer Schriftsteller, ein tonangebender Philosoph –, die dem Gespräch eine Richtung gibt. Die regelmäßigen Zusammenkünfte ermöglichen es, dass ein Thema vertieft, der Gesprächsfaden wieder aufgenommen wird. Ist zunächst die kommunikative Begegnung der primäre Zweck, so ändert sich die Dynamik mit dem Beginn der Aufklärung und man will den Gesprächspartner überzeugen. Die Argumentation gewinnt an Raum. Die Salondame bezieht Position.

      Universalität ist wichtig, die Themenpalette erstreckt sich von Literatur über Philosophie, Musik, Kunst hin zu politischen Ereignissen und kleinen Skandalen. Mit Beginn der Aufklärung entwickelt sich der Salon zu einer Plattform für Künstler und Publikum und zum Ort, der Einfluss auf das Schaffen eines Schriftstellers oder Musikers ausübt. Philosophische, wissenschaftliche und religiöse Fragen werden im Sinne der Aufklärung zu Themen. Der neue Stil ist geistreich, witzig, elegant.

      Die Zweite Gesellschaft ist eine lernende Gesellschaft, ihre Salons sind die Akademien, in denen Wissen aufgenommen und weitergegeben wird. Gebildete Frauen sind bildungshungrig, ihnen ist es aber in Österreich verwehrt, an der Universität zu studieren. So holen sie sich kulturelle und wissenschaftliche Weiterbildung ins Haus und sammeln einen Kreis