Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4). Jork Steffen Negelen

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Название Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4)
Автор произведения Jork Steffen Negelen
Жанр Историческая фантастика
Серия
Издательство Историческая фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783960083016



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beim Feilschen zu überbieten.

      Vinus sah sich das bunte Treiben bis zum Mittag an. Er wollte schon in ein Wirtshaus gehen, um einen guten Braten und einen leckeren Wein zu bekommen. Doch kurz vor dem Wirtshaus sah er plötzlich zwei Gestalten unter der löchrigen Leinenplane eines Bauernkarrens verschwinden. Er traute beinah seinen Augen nicht, doch er erkannte den Obinarer und den blauen Gnom. Hatte der Fürst Silberhand diese beiden Diebe nicht eingesperrt? Zwei Steppenland-Elfen halfen ihnen sogar und setzen sich auf den Karren. Sie trieben die Pferde zur Eile an und verschwanden schnell zum Tor hinaus. Niemand hielt das Gespann auf.

      Vinus sah sich um. Er stand genau vor dem Haus der Kriegergilde. Von diesem Haus aus führte der Fürst die Stadtwachen. Wer ihn suchte, der konnte ihn meist hier finden. Doch warum verhalfen seine Krieger den beiden Dieben zur Flucht?

      Der Kobold ging zum Tempel zurück und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Die Wachen ließen ihn ungehindert hinein. Er kam bis zum großen Saal. Dort sah er Helena. Er wollte sie schon ansprechen, doch sie ging in den Flur zu den Schreibstuben. Vinus folgte ihr und holte sie an der Tür zum großen Archiv des Tempels ein.

      Die Prinzessin war sichtlich erschrocken, als sie den Kobold sah. „Was machst du denn hier? Ich dachte, wir wollten uns erst heute Abend treffen? Ist dein Durst so groß, dass du jetzt schon mit mir einen Becher Wein trinken willst?“

      Vinus sah sie verärgert an und hielt sie am Ärmel ihres Kleides fest. „Lass den Quatsch, ich bin jetzt nicht für deine Scherze zu haben. Wir beide werden uns gleich unterhalten und du wirst mir erklären, was in eurer Stadt los ist.“

      Mit einem Wink ließ Vinus die Tür zum Archiv aufgehen und er schob die Prinzessin hinein. Er schloss die Tür hinter sich und sah sich um. Helena ging zu einem Tisch und setzte sich. Der Kobold nahm ihr gegenüber Platz und fragte sie mit einem strengen Ton in seiner Stimme. „Also, meine liebe Prinzessin, was hast du mir zu sagen?“

      Helena sah den Kobold mit einem verlegenen Blick an und seufzte. „Na gut, du wirst es ja früher oder später doch erfahren. Meine Mutter kann die Aura der Stadt nicht mehr lange aufrechterhalten. Die Steppenland-Elfen können das spüren. Sie werden sich bald gegen uns auflehnen und dann wird es zum Kampf kommen. Wir haben Boten zum Fürsten der dreiäugigen Riesen geschickt und ihn um Hilfe gebeten. Er heißt Taurus und er war uns bis jetzt immer ein guter Verbündeter. Einige Wachen an den Toren der Stadt und vor dem Tempel sind Riesen. Sie werden von Prinz Artem geführt, dem Sohn von Taurus. Artem lässt sich von Fürst Silberhand nicht viel sagen. Deshalb gab es schon einigen Streit und meine Mutter musste ihn immer wieder schlichten. Außerdem ist Artem gerade nicht in der Stadt, denn viele Riesen gehen im Herbst auf die Bärenjagd. Mehr kann ich dir jetzt nicht sagen.“

      Vinus Augenbrauen zogen sich eng zusammen und auf seiner Stirn waren deutlich einige Zornesfalten zu erkennen. Er stützte sich auf den Tisch auf und rief. „Oh doch, du kannst mir bestimmt noch mehr sagen! Ich würde gern wissen, warum die Krieger von Fürst Silberhand die beiden Diebe heute mit einem alten Bauernkarren aus der Stadt geschmuggelt haben! Die Kerle haben sich unter einem Fetzen aus Leinenplane versteckt und zwei Elfen haben sie aus der Stadt kutschiert!“

      Erschrocken hielt Helena Vinus ihre Hände vor dessen Mund. „Pst, jetzt schrei doch nicht so laut. Man kann dich ja im ganzen Tempel hören. Sprich leise mit mir, ich bitte dich.“

      Vinus drückte ihre Hände weg. „Na gut dann spreche ich eben etwas leiser. Aber meine Fragen wirst du mir trotzdem beantworten. Oder ich hole mir den Becher des Schöpfers von deiner Mutter zurück. Das ist für mich eine Kleinigkeit. Wenn du das nicht willst, dann beantworte mir meine Fragen.“

      Helena nickte und sah vor sich hin auf den Fußboden. „Meine Mutter hatte mit dem Fürsten Silberhand vor einiger Zeit einen Streit. Es ging um einen Schlüssel. Er muss etwas ganz Besonderes sein. Mit ihm kann man den Wächter des Auges der Zyklopen kontrollieren. Ohne diesen Schlüssel lässt er niemanden an diese heilige Tafel heran. Der Fürst denkt wohl aus irgendeinem Grund, dass ihm der Schlüssel zusteht. Deshalb hat er bestimmt die beiden Diebe selbst beauftragt, im Tempel einzubrechen und den Schlüssel zu holen. Meine Mutter kann das natürlich nicht beweisen, aber sie vermutet es.“

      Vinus kratzte sich am Kopf. „Wie sieht er denn aus, dieser Schlüssel für euren Wächter? Und was für einen Wächter habt ihr überhaupt?“

      Helena zuckte mit den Schultern. „Das kann ich dir nicht sagen. Meine Mutter geht immer allein zu ihm. Außer ihr kann niemand durch die große Tür am Ende der Grotte gehen.“

      Vinus schüttelte den Kopf. „Jetzt bin ich nicht viel schlauer als zuvor. Doch das Eine sage ich dir. Ich werde euch Feen, Elfen und Riesen im Auge behalten. Sollte ich feststellen, dass ihr mich hintergangen habt, dann werde ich mich an meine Brüder und meine Freunde wenden. Einen meiner Freunde kennt deine Mutter bestimmt noch. Er heißt Albanarius und ist ein Zirkelmagier.“

      Vinus sah Helena in die Augen und er konnte an ihrem offenen Mund ihr Erstaunen erkennen. „Lass den Mund nicht so lang offen stehen, Prinzessin. Mit trockener Zunge kann man schlecht sprechen.“

      Der Kobold ließ die Prinzessin allein im Archiv zurück. Er wollte in ein Wirtshaus gehen, denn jetzt hatte er großen Durst.

       Das Haus des Meisters

      Der Wind trieb auf der Straße das Laub vor sich her, als Orbin am Nachmittag des nächsten Tages durch das Stadttor von Bochea schritt. Er hatte sich als Kräutersammler bei den Stadtwachen ausgegeben und war ohne viele Worte in die Stadt hineingelassen worden. Jetzt suchte er ein unscheinbares Wirtshaus. Dort wollte er sich ein Zimmer nehmen und sich dann ein wenig in der Stadt umsehen. Doch die meisten Wirtshäuser waren mit Gästen überfüllt und Orbins Suche dauerte bis zum Abend. In einer stillen Gasse fand er eine alte abgelegene Herberge. In ihr bekam er vom Wirt für einige Kupfermünzen etwas zu essen und eine winzige Kammer.

      Orbin setzte sich in die dunkle Schankstube und aß eine Rübensuppe mit Speck und ein Stück Brot. Mit einem Krug Bier spülte er das Essen herunter. Dann sah sich dann um. Zwei Bauern aus der Umgebung von Bochea saßen mit am Tisch und unterhielten sich über ihre Felder. Das interessierte Orbin nicht weiter. Erst als der eine Bauer den anderen fragte, was in der vorletzten Nacht für eine Aufregung im Tempel gewesen sei, wurde Orbin neugierig. So erfuhr er, was sich zugetragen hatte, ohne jemanden durch eine Frage auf sich aufmerksam zu machen.

      Die Bauern tranken ihre Krüge lehr und ließen den Hexenmeister allein am Tisch. Doch das störte Orbin nicht, denn jetzt bekam er das Gespräch zweier Händler aus der Stadt mit. Sie saßen am Nachbartisch und unterhielten sich über ein altes Haus in der Nähe des Stadttores. Dort sollte es Geister geben und die Seele eines Toten würde im Haus umherwandern. In der Nacht sollte es ein unerklärliches Licht geben. Am merkwürdigsten fanden jedoch die beiden Händler, dass die Dachziegel völlig mit Moos überwuchert waren. Dadurch wäre es das einzige Haus mit einem grünen Dach. Dort sollte man sogar die Aura der Stadt deutlich spüren können.

      Die Händler tranken ihre Bierkrüge aus und wollten gerade gehen, da flog die Tür auf und drei Krieger der Stadtwache kamen mit Fackeln in den Händen herein. Sie sahen sich jeden Gast genau an.

      In seinem linken Ärmel hielt Orbin den Zauberstab verborgen. Gespannt wartete er, bis einer der Krieger ihn mit seiner Fackel ins Gesicht leuchtete und ihn ziemlich unfreundlich ansprach. „Na, wer bist du denn, du stinkst ja fürchterlich.“

      Orbin war von diesen Worten nicht sehr beeindruckt. Mit funkelnden Augen sah er den Krieger an und seine dunkle Stimme war deutlich zu hören. „Ich bin nur ein alter Kräutersammler. Ich will morgen auf dem Markt meine Kräuter verkaufen.“

      Der Krieger machte ein finsteres Gesicht. „So, so, du willst morgen zum Markt. Wo hast du denn deine Ware gelassen? Die hätte ich gern mal gesehen.“

      Orbin zeigte mit der linken Hand zum Wirt und wollte dem Krieger erklären, dass er hier ein Zimmer in der Herberge hatte und sich dort sein Sack mit den Kräutern befinden würde. Doch der Krieger achtete nur auf den Zauberstab, der Orbin aus seinem Ärmel rutschte und auf den Boden fiel. Sofort wollte er sich auf diesen Zauberstab