Kampf mit den Tloxi. Matthias Falke

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Название Kampf mit den Tloxi
Автор произведения Matthias Falke
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783957770561



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Explorer sackte durch. Aus der großen Allee, die nach Westen ging, jagte der Bomber heran. Er klinkte ein Geschoss aus und dreht nach Norden ein, um sich mit kreischenden Turbinen aufs offene Meer hinaus zu flüchten. Der Torpedo kam wenige Meter über dem Boden auf uns zugerast.

      »Feuer!«

      Aber unser Zwillingsgeschütz ragte starr nach oben! Im Raum hätte man eine Rolle fliegen können. Für den Häuserkampf in einer kleinteiligen Innenstadt war der dreihundert Meter lange und sechzig Meter hohe Stahlklotz der Enthymesis einfach nicht geschaffen.

      Die Piloten ließen das Schiff durchsacken und in einem haarsträubenden Manöver einen Satz nach vorne machen. Wie ein Fußballspieler, der eine scharf geschossene Flanke volley nimmt, erwischten wir den Torpedo mit der vorderen Backbordstelze. Der Explorer taumelte und erdröhnte in der mächtigen Aerosolexplosion. Für einige Sekunden befanden wir uns im Zentrum eines riesigen Feuerballs. Die Abschirmung ging in die Knie. Mehrere schreckliche Augenblicke fürchtete ich, sie könne zusammenbrechen. Die Implosion der Kraftfeldblase, in der wir uns befanden, hätte das Schiff zerknickt und unsere Lungen zerfetzt. Dann verpuffte die Kugel aus flüssigem Feuer zum Glück, zähflüssige Stränge aus brennendem Öl troffen von unseren Flanken ab.

      »Danke, Enthymesis«, sagte Colonel Tariq auf dem Gefechtskanal. »Das war knapp.«

      »Gern geschehen«, keuchte ich. »Wie ist Ihr Status?«

      »Die Männer auf den Vorposten haben ein bisschen was abgekriegt. Leichte Verbrennungen, nach allem, was ich sehe.«

      »Wechseln Sie sie aus. Und passen Sie auf, dass niemand mehr dem Turm zu nahe kommt.«

      »Das ist leichter gesagt als getan.«

      »Wir können nicht überall sein.« Ich wandte mich wieder an unsere Crew. »Wo ist unser Freund?«

      »Nach Norden aufs offene Meer hinaus«, sagte der zweite Pilot.

      »In diesem Moment verschwindet er von den Schirmen«, fügte Jennifer hinzu.

      »Wo?«

      »Genau dort, wo wir vermutet haben.«

      »Okay!« Ich ballte die Faust. »Dann wollen wir dafür sorgen, dass er auch nicht wieder auftaucht.«

      Wie ein gereizter Stier senkte die Enthymesis die Stirn und flog wieder die lange nördliche Ausfallstraße entlang. Zu unserer Rechten stieg die Sonne aus dem Meer. Ihr Licht tauchte die Straßen, Plätze und Gebäude Pura Citys, von denen kaum eines unversehrt war, in blutiges Licht. Der Ozean schimmerte golden auf der Ostseite, blauschwarz im Westen. Der Himmel war klar. Es war ein Tag, um an den Strand zu gehen. Oder auf der endlosen Promenade Pura Citys ein wenig zu shoppen. Oder sich von der langen Nacht in einer der Vergnügungshöllen zu erholen, im Bungalow zu bleiben und Liebe zu machen.

      »Zielkoordinaten erreicht«, sagte der Zweite Pilot.

      Der Erste Pilot fing die Enthymesis ab und brachte sie in der Luft zum Stehen. Wir schwebten einige hundert Meter über dem Meer. Der Passat trieb die Dünung in gleichmäßigen Wogen, diagonal unter uns hindurch, nach Südwesten. Es sah aus wie eine anfang- und endlose Herde großer grauer Tiere, die unter uns hindurchzog.

      »Antimateriesprengkopf scharf machen«, sagte ich. »Zündung in sechzig Meter Tiefe.«

      Ich drehte mich um und warf Jennifer einen fragenden Blick zu.

      »Lieber achtzig«, sagte sie. »Laut Radar haben wir eine Wassertiefe von fünfzig Meter. Dann kommen mehrere Meter Sand und Geröll. Darunter beginnt erst die Betonschale …«

      »Einverstanden.« Ich schwenkte meine Aufmerksamkeit zu dem WO hinüber, der die Daten eingeben musste.

      »Glaubst du wirklich«, fragte Jennifer, »dass das eine gute Idee ist?«

      »Hast du eine bessere?«

      »Es ist ein sehr schweres Kaliber.«

      »Soweit ich weiß, ist es das einzige, das wir haben.«

      »Der Erdstoß wird eine weitere Flutwelle auslösen und die nördlichen Viertel der Stadt verwüsten.«

      »Da steht sowieso kein Stein mehr auf dem anderen.«

      »Es kann auch sein, dass die Erschütterung den Turm zum Einsturz bringt.«

      »Wenn es noch einen weiteren Luftangriff gibt, ist die Nationalbank in jedem Fall Geschichte. Und das heißt dann, dass das gesamte Unternehmen gescheitert ist!«

      »Sie haben noch andere Basen. Ein Angriff erfolgte direkt von Süden.«

      »Aber diese hier ist die wichtigste. Ich vermute, dass hier auch der Stab und die gesamte Leitung sitzt.«

      Wir sahen uns an. Sie wirkte jetzt ganz ruhig, aber ich spürte die Erschöpfung, die sie wie ein muffiger Geruch umgab. Es kostete sie Kraft, jedes einzelne dieser Wörter zu formulieren.

      »Sir?« Der WO wartete auf meine Freigabe.

      »Ich wüsste keine Alternative«, sagte ich zu Jennifer.

      Sie nickte ergeben.

      »Gibt es eine Möglichkeit«, fragte ich den WO, »die Sprengkraft des Projektils zu verringern, sagen wir: sie zu halbieren?«

      »Tut mir leid, Sir. Antimaterie ist Antimaterie«, erklärte er. »Ich könnte höchstens in den Bombenschacht gehen und einen Teil der Ladung entfernen.«

      »Wie lange dauert das?«

      »Zehn Minuten.« Er hob die Schultern. »Viertelstunde, vielleicht.«

      Ich schüttelte den Kopf. »So viel Zeit haben wir nicht!«

      »Da unten tut sich was«, meldete der zweite Pilot. »Aktivitäten in großer Tiefe.«

      »Sie versuchen, ihr Geschwader in Sicherheit zu bringen«, sagte Jennifer.

      »Projektil ausklinken«, rief ich. »Sofort! Dann auf Sicherheitsabstand gehen.«

      Ein unmerkliches Zittern lief durch das Schiff, als zehn Decks unter uns die Feldgeneratoren anliefen und die tonnenschwere Hydraulik in Gang setzten. Der Torpedo wurde freigegeben. Er fiel wie ein Stein in die Tiefe. Eine kurze Zündung seines Ionenantriebs, weniger als eine Sekunde, reichte aus, ihn ins Wasser zu jagen und zehn Meter Fels und Stahlbeton zu durchschlagen. Dann wurde das winzige Containment, das bis dahin in komplizierten Aufhängungen aus künstlicher Gravitation geschwebt hatte, hinauskatapultiert. Ein Kügelchen Antisilizium, zu klein, als dass man es mit dem bloßen Auge hätte sehen können, reagierte mit der Umgebung aus baryonischer Materie.

      Die Enthymesis war auf mehrere Kilometer Höhe aufgestiegen und dabei einige hundert Meter zur Seite geschert.

      Wir sahen einen Trichter im Wasser entstehen, dessen Rand sich konzentrisch nach außen wegbewegte.

      »Zündung«, sagte der WO fürs Protokoll.

      Ein unvorstellbar lange Sekunde geschah nichts.

      Dann brach das Meer auf und eine Fontäne stieg hundert Meter in die Höhe. Ein künstlicher Geysir, entstanden aus tausenden Tonnen verdampften Ozeans. In Rogers Quartier würde das Geschirr zu klirren anfangen und auch die Instrumente der Marquis de Laplace würden ausschlagen.

      Der riesige Pylon aus Wasser und Dampf stand weiß wie Diamantstaub im Licht der Morgensonne. Der Passat zupfte Strähnen heraus. Dann brach die turmhohe Säule in sich zusammen. An ihrer Stelle entstand ein zweiter Trichter. Die Randwoge des ersten war nach außen weggerollt und hatte dabei eine flache Schüssel ins Meer gepflügt. Jetzt bildete sich ein Strudel. Der riesige Hohlraum, den die Detonation in den Untergrund gerissen hatte, lief gurgelnd voll. Fünfzig Meter unter dem Wasserspiegel war ein Krater entstanden. Außerdem war die submarine Basis gesprengt. Über ihre Ausdehnung konnten wir nur Mutmaßungen anstellen. Wir hatten sie damals einige hundert Meter weit erkundet und dann den Rückzug angetreten. Vielleicht erstreckte sie sich über mehrere Kilometer? Das alles wurde nun weniger geflutet als zerquetscht und zerstampft. Das geheime Labor der Kaiserlichen Armee von Sina existierte