Termonia. Renate Doms

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Название Termonia
Автор произведения Renate Doms
Жанр Детская фантастика
Серия
Издательство Детская фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783944575124



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Markt, vorbei an unzähligen Ständen, Marktschreiern, Waschfrauen und weiteren Händlern. Sie alle traten einen gehörigen Schritt nach hinten und senkten furchtsam die Köpfe, als die Frauen an ihren Ständen vorbeieilten. Sobald ihnen die beiden jedoch den Rücken zukehrten, starrten sie der alten Salenga und ihrer Begleitung neugierig hinterher.

      »Ein edles Tuch aus zarter Seide für die schöne Dame?«, rief plötzlich ein Tuchmacher aus vollem Halse, als Youla seinen Marktstand passierte. Die Zauberin würdigte ihn keines Blickes.

      »Welch arrogantes Gehabe. Und was hat die wohl mit der alten Kräuterhexe zu schaffen?«, schnaubte er verbittert und legte das Seidentuch zurück auf den Stapel.

      »Lass sie lieber ziehen, Skolar. Du weißt, was beim letzten Mal geschehen ist«, riet ihm der Kerzenzieher vom Nachbarstand.

      »Diese Hexe schnappt uns die erhabene Kundschaft vor der Nase weg und für uns bleibt kein Tibar übrig. Ich lasse mir das nicht länger gefallen.«

      Salenga hatte des Händlers Worte vernommen und blieb abrupt stehen. Sie drehte sich zu ihm um und funkelte ihn mit glühenden Augen bösartig an.

      »Kusch dich, Tuchmacher, oder ich belege dich mit einem Fluch«, zischte sie in seine Richtung.

      Der untersetzte Mann zog es nun doch vor zu schweigen und tauchte hinter seinem Tuchstapel unter.

      Die Zauberin hielt in ihrer Bewegung inne. »Mir scheint, die hiesigen Leute zollen dir gehörigen Respekt«, bemerkte sie anerkennend.

      »Der Lohn jahrelanger Arbeit. Komm weiter!«, drängte Salenga und hielt auf die Mitte des Platzes zu, auf dem ein kleiner, aber sehr ansehnlicher Verkaufskarren stand. »Beerenweine & feinste Elixiere« stand in geschwungener Schrift auf einem Tuch, das vom Dach des Wagens über den Verkaufstisch gespannt war. Darunter reihten sich unzählige Flaschen, Phiolen, Gläser, Krüge eng aneinander und überall hingen duftende Kräuterbüschel von der Decke. Doch Youlas Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Zwei weiße Spitzhorn-Omihyns waren vor den Karren gespannt und mümmelten an einem Heuhaufen, der vor ihnen lag.

      Langsam ging Youla auf die Tiere zu, hielt jedoch respektvoll Abstand. Das Fell der Tiere glänzte silbrig in der Morgensonne. Eins der Omihyns hob den stolzen Kopf, auf dem ein goldenes Horn aus der langen Mähne hervorstach, und schaute Youla mit stahlblauen Augen an. Es legte seine Ohren an und gab ihr mit einem grimmigen Knurren zu verstehen, dass sie besser nicht näher kommen sollte. Fasziniert starrte Youla auf die Fabelwesen, die als lange ausgestorben galten. »Ich habe ja schon viel gesehen, Alte, aber das … Wie ist das möglich?«

      »Geh besser nicht so dicht ran. Sie mögen es nicht, wenn Fremde sich ihnen nähern. Es sind die letzten dieser Art, deshalb hüte ich sie wie meinen Augapfel.« Die unausgesprochene Warnung in diesen Worten war nicht zu überhören. Die Alte ging an die hintere Seite des Karrens und kam schlurfend, einen weiteren Heuballen hinter sich her ziehend zurück. Die Tiere schreckten hoch, als die Alte an sie herantrat, ließen sie aber gewähren.

      Salenga kraulte das eine Tier hinterm Ohr und es entspannte sich augenblicklich. »Nur die besten Kräuter sind in diesem Heu und sie danken es mir mit ihrer Zuneigung«, erklärte Salenga nicht ohne Stolz, während sie das Heu vor den stetig kauenden Mäulern ausbreitete. »Gehen wir rein und reden übers Geschäft.«

      Youla folgte der alten Kräuterhexe zur Rückseite des Karrens, die nun die zu einer kleineren Tür führende Trittleiter hochstieg.

      »Hereinspaziert, meine Schöne, und setz dich!« Salenga wies mit einer ausladenden Geste in den dunklen Innenraum.

      Als Youla den Wagen betrat, schlug ihr ein starker Kräutergeruch in die Nase, der ihr fast den Atem raubte.

      Unmengen von Kräuterbüscheln hingen mit Haken befestigt an der Wand oder von der Decke herab, einige lagen auf kleinerenund größeren Haufen. In zahlreichen Fläschchen brodelten Tinkturen, Arzneien und Säfte. Youla wagte nicht sich vorzustellen, was noch alles in den Gläsern und Gefäßen vor sich hin gärte und betrachtet angewidert ein Glas, das auf der Fensterbank stand. Ein Augenpaar schwamm in einer gelben Flüssigkeit und die Pupillen folgten gespenstig jeder ihrer Bewegung. In anderen Gläsern krabbelten hunderte von Käfern, Fliegen, Spinnen und anderes Kleingetier. Eine Kiste, die unter dem wackligen Tischchen stand, bewegte sich ruckartig.

      Salenga fegte mit dem Fuß eine staubige Decke von der Bank und schob ein paar Gläser und Töpfe, die auf der Tischplatte standen, beiseite. »Du musst das Durcheinander schon entschuldigen, aber ich versuche immer, so viel wie möglich in den Karren zu stopfen, wenn ich auf den Markt fahre. Nimm doch Platz.«

      Salenga wollte die Tür schließen, doch Youla hob abwehrend die Hand. »Lass sie offen, der Gestank ist ja unerträglich«, bestimmte die Zauberin und fügte mit einem unbehaglichen Seitenblick auf die sich bewegende Kiste hinzu: »Ich stehe lieber.«

      »Wie du willst.« Salenga zuckte mit den Schultern und ließ die Tür offen stehen, vergewisserte sich aber gründlich, dass sie vor neugierigen Augen und Ohren verschont bleiben würde, während sie mit der feinen Dame Geschäfte machte.

      »Nun, was kann ich für dich tun?«

      Youla wusste, dass sie hier genau richtig war. Diese alte Kräuterhexe konnte ihr ganz sicher das geben, was sie begehrte. Die Zauberin nahm das Glas mit dem Augenpaar von der Fensterbank, drehte sich zur offenen Tür und hielt es gegen die Sonne.

      »Mir scheint, dass du neben der Kräuterheilkunde auch eine Menge über, sagen wir mal, einzigartige Wesen weißt.« Youlas Augen glühten kurz auf und das Augenpaar im Glas schloss die Lider.

      Entsetzt riss Salenga ihr das Glas aus der Hand. »Was hast du mit ihnen gemacht? Wer bist du?« Verstört klopfte die Alte gegen den Deckel, doch die Augen blieben geschlossen.

      »Ich mag es nicht, wenn man mich beobachtet. Keine Bange, sie schlafen nur. Mein Name ist Youla und ich komme von weit her, um dich aufzusuchen.«

      Beim Klang dieses Namens hoben sich Salengas müde Lider, teils aus Angst, teils aus Ehrfurcht.

      »Youla?? Die Youla?«

      Youla lächelte zufrieden. Es überraschte sie nicht, dass sie auch hier nicht unbekannt war, trotzdem gab sie sich bescheiden. »Wie mir scheint, eilt mein Ruf mir voraus.«

      »Bei Hedog und das mir! Du bist eine der mächtigsten Zauberinnen. Wie könnte ich dir denn helfen?« Untertänigst beugte Salenga ihren betagten Rücken.

      »Ich mag in der Tat eine gewisse Macht besitzen, dennoch gibt es etwas, dass ich nicht vermag. Aber du kannst das.«

      »Was sollte das sein? Ich habe meine Kräuter und braue Tinkturen und Heilmittel daraus. Nicht mehr und nicht weniger.«

      Youla ging einen Schritt auf das kleine Fenster zu, durch das man den Kutschbock und die zwei davor gespannten weißen Omihyns sehen konnte, die noch immer genüsslich das Heu mit ihren Zähnen zermahlten.

      »Du bist im Besitz dieser edlen und einzigartigen Geschöpfe da draußen …« Die Zauberin wandte sich vom Fenster ab und warf einen sorgenvollen Blick auf den noch immer zuckenden Korb am Boden. »… und ich möchte lieber nicht erfahren, was sich in dieser Kiste verbirgt. Magische Geschöpfe waren mir schon immer ein Rätsel und ich ziehe es vor, ihnen weitestgehend aus dem Weg zu gehen. Es gibt allerdings ein Geschöpf, das ich aufzusuchen gedenke. Und damit dieses Zusammentreffen gut ausgeht, benötige ich deine Hilfe.«

      »Welches Geschöpf sollte das denn sein?«

      Youla schaute Salenga fest in die Augen. »Ein Lauerfisch.«

      Salenga lachte spitz auf, aber dadurch konnte sie nicht verhindern, dass Youla ihr angsterfülltes Gesicht sah.

      »Der Lauerfisch ist ein Mythos. Jeder weiß das. Ebenso wie Nemelist. Glaubst du tatsächlich an das Märchen von diesem Wasserschloss und dem Schleier der Schatten? Schleier, Schloss und Lauerfisch existieren nicht«, behauptete die Alte felsenfest, doch etwas an ihr zeigte, dass da ein Fünkchen Glaube an diese Dinge aufkeimte.

      »Du