Arbeitsrecht für Handwerksbetriebe in Frage und Antwort. Mina Bettinghausen

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Название Arbeitsrecht für Handwerksbetriebe in Frage und Antwort
Автор произведения Mina Bettinghausen
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783778312810



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im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs begründet noch keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (vgl. BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12).

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       Hinweis

      Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einer aktuellen Entscheidung die „rigide“ Entscheidung des BAG hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers angezweifelt. In der Entscheidung des LAG heißt es, dass es wenig nachvollziehbar sei, warum es nicht ausreiche, dass der Arbeitnehmer im ersten Prüfungsschritt die Leistung der Überstunden darlege. Überwiegend werden Überstundenklagen, so das LAG weiter, deswegen abgewiesen, weil der Arbeitnehmer bezogen auf den zweiten Prüfungsschritt insbesondere die Duldung von Überstunden nicht darlegen könne. Das BAG begründet die Notwendigkeit für diesen weiteren Prüfungspunkt damit, dass die geleisteten Überstunden dem Arbeitgeber zuzurechnen sein müssten. Dieser müsse sich nach Auffassung des BAG Überstunden nicht aufdrängen lassen. Das LAG führt jedoch aus, dass der Arbeitgeber „Herr im eigenen Betrieb“ sei. Sehe man von Alternativbetrieben ab, in denen eventuell jeder mache, was er wolle, so das LAG weiter, könne ein Arbeitgeber mithilfe seiner Betriebshierarchie „aufgedrängte“ Überstunden schon einfach dadurch vermeiden, dass nach Ableistung der regulären Arbeitszeit die Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden. Setze ein Arbeitgeber seine Betriebsorganisation hierfür nicht ein, dann gebe er damit zu erkennen, dass ihm die Leistung weiterer Stunden egal ist. Dann sei es allein deswegen konsequent, die geleisteten Stunden dem Arbeitgeber auch zuzurechnen (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Teilurteil vom 28. Juni 2017 – 15 Sa 66/17).

      Ob das BAG von seiner Entscheidung abrücken und sich der Auffassung des LAG anschließen wird, bleibt allerdings abzuwarten.

      Regelmäßig möchten Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nur für eine bestimmte Dauer oder einen bestimmten Zweck einstellen. Die Gründe dabei sind ganz unterschiedlich. Um diese Möglichkeit wahrzunehmen, besteht die Möglichkeit einer befristeten Beschäftigung.

      Befristungsformen

      Ein befristeter Arbeitsvertrag liegt vor, wenn

      • seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag) oder

      • sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag).

      Eine Zeitbefristung liegt vor, wenn die Dauer des Arbeitsverhältnisses kalendermäßig bestimmt ist. Eine Zweckbefristung hingegen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll.

      Grundsätzlich ist aber auch die Kombination aus einer Zeit- und Zweckbefristungsabrede zulässig.

       [B]

       Fallbeispiel aus der Rechtsprechung(vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2009 – 7 AZR 768/07)

      Arbeitnehmerin A wird im Unternehmen des B befristet für die Elternzeitvertretung der Kollegin K eingestellt.

      A und B vereinbaren, dass die Stelle kalendermäßig bis zum 11.01.2007 befristet wird, das Beschäftigungsverhältnis jedoch dann endet, wenn die Kollegin K nach der Elternzeit ihren Dienst wieder aufnimmt. Die Parteien haben vorliegend eine Kombination aus einer Zeit- und Zweckbefristung vereinbart, wonach das Arbeitsverhältnis von A bei Beendigung der Elternzeit von der Kollegin K, spätestens aber am 11. Januar 2007 enden sollte.

      Grundsätzlich bedarf die Befristung von Arbeitsverträgen eines sachlichen Grundes, § 14 Abs. 1 TzBfG.

      a.) Befristungen mit Sachgrund

      Befristungen mit Sachgrund

      Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn:

      1.der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht (Beispiel: bei Saisonarbeit).

      2.die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.

      3.der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird (Beispiel: Elternzeitvertretung oder Vertretung eines erkrankten Mitarbeiters).

      4.die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt (Beispiel: Im Bereich von Rundfunk und Fernsehen für die programmgestaltenden Mitarbeiter angenommen; vgl. BAG, Urteil vom 4. Dezember 2013 – 7 AZR 457/12).

      5.die Befristung zur Erprobung erfolgt.

      Da das Gesetz selbst keine konkrete zeitliche Vorgabe zur Befristungsdauer für die Erprobung enthält, ist nach der Rechtsprechung einzelfallbezogen zu prüfen, ob die vereinbarte Dauer der Erprobungszeit in einem angemessenen Verhältnis zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit steht. Hierbei werden aus der sechsmonatigen Wartezeit in § 1 Abs. 1 KSchG und aus § 622 Abs. 3 BGB Anhaltspunkte gewonnen. Branchenüblichkeit und Person des Arbeitnehmers können kürzere, aber auch längere Probezeiten rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07).

      6.in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen (Beispiel: Die Beschäftigung von Studenten vor Aufnahme des Studiums).

      7.der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird.

      8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

      Nach der BAG-Rechtsprechung ist das Tatbestandsmerkmal lediglich dann erfüllt, wenn der die Befristung enthaltende Vergleich zur Beilegung eines Rechtsstreits über den (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird (vgl. BAG, Urteil vom 12. November 2014 – 7 AZR 891/12).

      aa.) Wie oft kann der Arbeitsvertrag befristet werden?

      Mehrmalige Befristung

      Erfolgt die Befristung aus einem Sachgrund, kann das befristete Arbeitsverhältnis mehrfach hintereinander verlängert werden (sog. Kettenbefristungen). Eine Höchstgrenze gibt es dabei nicht.

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       Hinweis

      Die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium ist allerdings nur einmalig möglich. Weitere (Anschluss-)Befristungen können nicht auf diesen Sachgrund gestützt werden (vgl. BAG, Urteil vom 10. Oktober 2007 – 7 AZR795/06).

      bb.) Wann sind Kettenbefristungen rechtsmissbräuchlich?

      Kettenbefristungen

      Kettenbefristungen können nach ständiger Rechtsprechung des BAG jedoch rechtsmissbräuchlich sein. Für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind von besonderer Bedeutung die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Von Bedeutung kann ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche