Der arme Trillionär. Georg Ransmayr

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Название Der arme Trillionär
Автор произведения Georg Ransmayr
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783990404263



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      Die Stunde, 22. 7. 1923; Ufermann, 83.

      Die Börse, 11. 11. 1926.

      Interview mit der US-Historikerin Gertrude Schneider. Ihr Vater Pinkas Hirschhorn erwarb in den 1920er Jahren durch seine Bekanntschaft mit Sigmund Bosel eine 2%ige Beteiligung an der Femina. Die Anteilsscheine warfen Zinsen ab, die von einer Bankfiliale in der Wiener Thaliastraße periodisch ausgezahlt wurden. Die jüdische Familie Hirschhorn hatte dadurch nach dem „Anschluss“ noch drei Jahre lang ein kleines finanzielles Zubrot. 1941 wurde die Femina-Bar von den Nazis geschlossen. Siehe zur Femina auch Frischauer, European Commuter, 116.

      Die Stunde, 14. 2. 1924; Prager Tagblatt, 14. 2. 1924; Neuigkeits-Welt-Blatt, 14. 2. 1924.

      SchobA, „Bewilligt“, Erpresserbrief vom 18. 12. 1924; Die Stunde, 7. 4. 1925.

      Die Stunde, 11. 1. 1925.

      Bettauer, Der Kampf um Wien, Nachwort von Murray G. Hall (2012); Hall, Der Fall Bettauer, 78; Pauley, Eine Geschichte des österreichischen Antisemitismus, 147 ff.; taz, 30. 1. 2013.

      Neue Freie Presse, 26. 3. 1925, Habe, Ich stelle mich, 111; Franz, Siegmund Bosel, 14 u. 27.

      WStLA, Vr 2562/​37 3/​226C, „Prüfungszeugnis von Eduard Landskron für Julchen Bosel, III. Klasse“.

      Interview mit Julie Marks, 17. 2. 2012, Gespräch mit Julie Marks, 25. 3. 2016.

      Interview mit Julie Marks, 17. 2. 2012.

      „My father was definitely a self-made man“, sagt Julie Marks. An ihrem Tonfall hört man, dass sie noch immer ungemein stolz ist auf die Lebensleistung ihres Vaters. Für Frau Marks ist es das erste Interview, das sie einem österreichischen Journalisten gibt. Am Abend davor hat sie mir beim Vorgespräch eine kleine Zigarettendose gezeigt, in der die Buchstaben „SB“ eingelassen sind. Neben einigen Briefen und alten Fotos ist die braune Holzschachtel das einzige Erinnerungsstück an den Vater. Ja, der Papa habe ziemlich viel geraucht, diese Gewohnheit sei ihr von ihm geblieben, meint Julie mit einem scherzhaften Augenzwinkern. Wie es überhaupt ganz schön hart gewesen sein müsse, dass er als starker Raucher aus religiösen Gründen jeden Freitagabend und den ganzen Samstag über keine Zigaretten angerührt hat.

      Von der Fifth Avenue kommt ein hupendes Brummen herauf ins Wohnzimmer. Dennis, der Tontechniker, presst mit beiden Händen die Kopfhörer an die Ohren. Unten auf der Straße ist die Müllabfuhr vorgefahren. Ärgerlich, wo doch Julie beim Erzählen gerade so richtig in Fahrt war und angefangen hat, von ihrer Mutter zu berichten. Und davon, wie sich die Eltern kennengelernt haben dürften. Ein Blick des Tontechnikers sagt mir, dass wir das Interview leider unterbrechen müssen. Julie merkt, dass wir Tonprobleme haben, doch sie redet noch eine Weile weiter. Bis sie auf einmal „Yeah, I can hear it“ sagt und aufsteht, um sich eine von ihren dünnen langen Damenzigaretten zu holen.

      Immer wieder hätten sie das in New York, meint Scott, der Kameramann, dass bei Fernseh-Interviews der Straßenlärm von draußen akustisch durchkommt. Ich gehe vom Wohnzimmer hinaus auf den Balkon. Der Blick hinunter auf den Central Park und hinüber zur Skyline der Upper Westside von Manhattan ist großartig. Das Wetter ist mild, der Park liegt in einem zarten Winterlicht. Die Müllabfuhr hat sich mittlerweile einige Blocks nach vorne gearbeitet. Während der Drehpause hat Julie langsam ihre Zigarette geraucht. „I can have a look in the mirror and put a little more lipstick on, if you want“, sagt sie vor einem kurzen Abstecher ins Badezimmer. Dann können wir weitermachen.

      Die alte Dame sitzt für unsere Aufnahmen vor einer Kommode, über der ein großes Gemälde hängt, auf dem ein Herr mit gezwirbeltem Schnurrbart und dem Habitus eines altösterreichischen Industriekapitäns in die Ferne blickt. „He was a good-looking guy, wasn’t he, our grandpa!“, sagt Julie Marks freudig, während sie für eine Nahaufnahme zu ihrem Großvater Leopold hinaufschaut. Bosel senior posiert in eleganter Kleidung, mit dunkler Plastron-Krawatte und einem weißen Hemd mit Vatermörderkragen. Die linke Hand hält er lässig am Hosenbund. Das Bildnis seines Vaters hat Sigmund Bosel einst für viel Geld beim berühmten Porträt-Maler John Quincy Adams bestellt. Dieser hat Leopold Bosel, der ein schlecht verdienender Handelsvertreter war, nobel in Szene gesetzt. Wollte Bosel seinen eigenen Lebensentwurf dadurch stylen, dass Quincy Adams dem armen Vater nachträglich eine großbürgerliche Statur überstülpte?

      Nicht mal ein Jahrzehnt hat Sigmund Bosel gebraucht, um es vom kleinen Textilunternehmer im Schicksalsjahr 1914 zum überlebensgroßen Banker des Jahres 1923 zu schaffen. Von Null auf Hundert in nur neun Jahren. Eigentlich eine amerikanische Tellerwäscher-Karriere, nur halt in Bosels Fall auf Wienerisch. Der Papa sei eben brillant gewesen, meint Frau Marks, und wirklich clever.

      Ein Lehrbub macht Karriere