Название | Blutige Maiglöckchen zum Hochzeitstag |
---|---|
Автор произведения | Manfred Eisner |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961457076 |
Nachdem der als Vorspeise gereichte schmackhafte Büsumer Krabbencocktail von den Gästen genüsslich konsumiert worden ist, ergreift Nili das Wort und bedankt sich für die nette Eloge ihrer Freundin. Dann kündigt sie eine kleine Überraschung an. Die Lichter im Salon werden gedimmt, eine große Leinwand fährt von der Decke herab und ein starker Beamer projiziert die Grüße und Glückwünsche der damaligen Unterstützer aus den nahen und fernen Ländern, die diese Kitt zum besonderen Anlass gesendet haben. Die Gratulationen, die neben Deutsch teilweise auch auf Flämisch, Französisch, Englisch und Spanisch formuliert sind, hat Nili übersetzt und mit der Hilfe ihres ehemaligen Oldenmoorer Vorgesetzten und begabten Videohobbyisten Boie Hansen als Lauftexte eingebracht. So erscheinen jetzt nacheinander in Wort und Bild auf der Leinwand jene wackeren Polizeibeamten und Helfer aus Antwerpen, Rotterdam, Las Palmas de Gran Canaria, Bogotá, Lima und La Paz, mit denen sie teilweise sehr spannende Episoden durchlebt haben. Sie übermitteln ihre allerherzlichsten Grüße sowie beste Wünsche für Kitts bevorstehende Juristenkarriere. Sehr geschickt hat der routinierte Polizeihauptkommissar zwischen den Texten einige der Clips mit den markantesten Episoden des Abenteuers eingeblendet, und so erhalten die Gäste einen guten Einblick in die teilweise sehr risikoreiche Expedition der beiden jungen Frauen. Besonders aufschlussreich sind die Aufnahmen von den ideenreichen Verstecken, mit denen die Drogenschmuggler ihr schändliches Gewerbe betreiben, zumal sie stets bestrebt sind, das verhängnisvolle Kokaingift in Europa einzuschleusen. Spannend ebenso die nimmer enden wollende Jagd auf illegale Plantagen des Cocastrauchs und die primitiven Labors im undurchdringlichen Dschungel, in denen der Blättersaft in eine todbringende Droge verwandelt wird. Nicht zuletzt werden kurze Szenen von ihrer Geiselnahme durch die FARC-Rebellen eingeblendet, ebenso Ansichten, die sie während der Gefangenschaft in dem in der kolumbianischen Wildnis gut getarnten Guerillacamp zeigen. Trotz der Gefahr, in der sie sich befanden, konnten sie diese Szenen mit ihrer verdeckten Minikamera drehen. Die etwa zwanzigminütige Vorführung wird mit großem Interesse verfolgt und viel Applaus belohnt. Die Lichter gehen wieder an.
Zutiefst gerührt und mit Tränen in den Augen geht Kitt zu Nili und umarmt sie. »Was für eine tolle Idee, Nili! Du hast uns allen damit eine unheimlich große Freude gemacht. Vielen Dank an dich und ebenso an Boie Hansen für dieses wunderbare Video.«
»Es war auch für uns ein Riesenspaß, liebe Kitt! Aber das war ja noch nicht alles! Siehst du dort die markante Figur mit dem Camcorder im Hintergrund?« Nili deutet mit einem breiten Lächeln in Richtung der Theke.
Als Kitt sich suchend umdreht, richtet der Kameramann sein Objektiv auf die beiden und winkt ihnen freundlich zu.
»Ich habe Boie Hansen – natürlich mit Erlaubnis deines Vaters – hier hereingeschmuggelt, damit er einige Aufnahmen von deiner prachtvollen Feier macht. Daraus schneidet er für dich ein Erinnerungsvideo, das du dann auch an all die Freunde versenden kannst, die dir so herzlich gratuliert haben. Du müsstest nur noch ein paar Dankesworte hinzufügen.«
Als Nächstes folgt ein erlesenes Fünf-Gänge-Menü, mit dem die Gastgeber die Anwesenden verwöhnen. Den Anfang macht eine edle Steinpilz-Consommé, gefolgt von frittierten pikanten Rind- und Hühnerfleisch-Blätterteigtäschchen als Tramezzini. Nach dem Intermezzo mit Flieder-Champagner-Sorbet reicht man den Gästen zartrosa gebratene Rehmedaillons mit Spargelröllchen im Schinkenteig und Käsespätzle als Hauptgang. Bereits während der Vollendung des Diners mit einem ausgefallenen Erdbeertiramisu spielt im Hintergrund eine Fünfmann-Combo leise Unterhaltungsmusik. Zu den standesgemäßen Klängen des Blaue-Donau-Walzers eröffnet Kitts Vater Hinrich Harmsen den Tanz mit Ehefrau Hannelore. Nach einigen Takten trennen sich die beiden und holen Professor Traube und Kitt auf die Tanzfläche; der Professor wechselt kurz danach wiederum zu Nili, während sich Kitt deren Waldi schnappt – denn so wird Doktor Walter Mohr allgemein von Kollegen und Freunden genannt. Nach und nach kommen weitere Paare hinzu und bald kreisen sie alle im beschwingten Dreivierteltakt umher.
Professor Traube zeigt sich besonders begeistert von dem gezeigten Video. »Wäre es möglich, sehr geehrte Frau Masal, von diesen Aufnahmen eine lehrreiche Reportage für unseren ›No-to-Drugs‹-Verein anzufertigen? Ich denke, eine solche würde zur Untermauerung unserer Arbeit zur Drogenbekämpfung besonders hilfreich sein.«
»Selbstverständlich, Herr Professor, sehr gern! Ich glaube auch, Sie haben da eine sehr gute Idee. Am besten, ich mache Sie gleich mit meinem früheren Vorgesetzten, dem Polizeihauptkommissar Boie Hansen, bekannt, der das Video für uns produziert hat und gerade einige Aufnahmen von dieser Feier macht. Sie könnten alles mit ihm direkt besprechen.«
Nachdem sie die beiden Herren zusammengeführt hat, lässt sie ihren Blick durch das Lokal schweifen, um ihren Waldi in der Menge ausfindig zu machen. Dieser begleitet soeben Nilis langjährige Intimfreundin Melanie Westphal nach dem Tanz zu ihrem Tisch. Da an diesem zwei Plätze frei werden, setzen sich die drei zusammen und unterhalten sich so lange, bis das Paar, das gerade aufgestanden ist, wieder vom Tanz zurückkehrt. Waldi fordert Nili auf und beide gehen auf die Tanzfläche. Nilis Liebster ist nicht gerade das, was man einen begnadeten Tänzer nennen würde, aber er gibt sein Bestes, um beim Cha-Cha-Cha im Takt zu bleiben und Nili nicht allzu oft auf die Füße zu treten. Als jedoch anschließend eine noch flottere Salsa ertönt, streicht er mit leidender Miene die Segel und Nili hilft ihm galant aus der Bredouille, indem sie sich bei ihm einhakt, damit er sie zurück an ihren Tisch führen kann.
Des Öfteren wird Nili zum Tanz aufgefordert. In der Zwischenzeit unterhält sich Waldi der Höflichkeit halber mit den beiden etwas trocken wirkenden Tischnachbarn – ein emeritierter Richter und seine mindestens zehn Jahre jüngere, noch praktizierende Arztehefrau – und beobachtet dabei mit sichtlichem Behagen die grazilen rhythmischen Tanzbewegungen seiner besonders attraktiven Gefährtin. Wie so oft bewundert er die groß gewachsene hübsche Frau mit den kurz gestylten, brünetten Haaren. Das immer noch betont jugendlich wirkende Gesicht, in dem zwei alert und zumeist lustig blickende braune Augen über der perfekt geformten Nase und den vollen roten Lippen auffallen, harmoniert bestens mit dem grünschwarzen, eng taillierten Kleid, das den Busen und ihre weiblichen Rundungen betont. Derart in seine anhimmelnde Betrachtung vertieft, vernimmt er nur am Rande die abschätzigen Äußerungen seines Gegenübers, der sich mit Bedauern über die schleppende Arbeitsleistung seiner gegenwärtig amtierenden Kollegen und Staatsanwälte auslässt.
»… so etwas wie gerade in der letzten Woche geschehen«, donnert der frustrierte Kadi a. D., »dass zwei in Untersuchungshaft sitzende Täter unverrichteter Dinge erzwungenermaßen laufen gelassen wurden, weil man nicht imstande war, innerhalb der vorgeschriebenen Frist die Klageschrift vorzulegen. Ist doch unhaltbar, oder? So etwas hat es während meiner Amtszeit niemals gegeben!«
Als Waldi ihm zustimmt und ebenfalls bedauert, dass es aufgrund des strikten Sparkurses der Bundes- und Landesregierungen auch bei der Polizei zu einem eklatanten Personalmangel gekommen sei, erntet er allerdings ein »Papperlapapp, mein geschätzter Herr Erster Kriminalhauptkommissar! Dann müssen sich die werten Herren eben etwas länger auf den Hosenboden setzen und sich mit ihrer Arbeit an den Riemen reißen! Uns hat damals auch niemand gefragt, ob wir mehr Personal brauchen, wir haben eben unsere Aufgaben gewissenhaft und effizient erledigt und haben erst danach Feierabend gemacht oder sind in den Urlaub gefahren, wenn überhaupt! Kein Wunder, dass sich die Aktenstöße der unerledigten Fälle türmen! Da hätte man uns von oben ganz schön die Leviten gelesen, das kann ich Ihnen versichern!«.
Zu Waldis Glück kommen Nili und ihr Tanzpartner in diesem Augenblick an den Tisch zurück, sodass er aufsteht, um ihr den Stuhl anzubieten, und dadurch den hohlen Law-and-Order-Sermon des aufgebrachten Emeriten beenden kann. Er wendet sich Nilis Begleiter zu, dem Kriminalrat Dr. Ronald Lindner vom BKA, mit dem er damals Kitts und Nilis ›Operation Coca-Trail‹ koordiniert und geleitet hatte, den er aber ebenso von verschiedenen Treffen und Seminaren in Wiesbaden gut kennt.
»Endlich hatte ich Gelegenheit, Ihre charmante Kriminalhauptkommissarin persönlich kennenzulernen und sogar mit ihr tanzen zu dürfen, mein geschätzter Doktor Mohr. Ich danke Ihnen sehr, geehrte Frau Masal! Es war mir ein besonderes Vergnügen!« Der Kriminalrat verbeugt sich förmlich vor Nili. Selbstverständlich kommt im anschließenden Small Talk das hochaktuelle Umzugsthema des BKA nach Berlin zur Sprache; sehr ungern wolle der Kriminologe