Название | Die Rosenlady und der Sekretär |
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Автор произведения | Christine Meiering |
Жанр | История |
Серия | |
Издательство | История |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961456291 |
Lady Ethel ergreift wie immer ihr Monokel. Das ist ihr bereits in Fleisch und Blut übergegangen; jeder noch so kleinste Schriftzug wird von ihr genauestens inspiziert. Und das geschieht durch ihr kleines Einglas, das auf einem Auge festgeklemmt wird.
„Ach was, meine liebe Enkeltochter, ich gebe dir hiermit die Kunde, dass unsere große britische Queen Victoria an dieser Stelle abgebildet erscheint. Es ist eine Two-pence-halfpenny-Marke! Nun steck’ sie mir bitte wieder sehr sorgfältig in jene Schublade hinein, aus der du sie herausgeholt hast. Weißt du was?“
Adelaide blickt ihre Großmutter erstaunt an. „Ja, was soll ich denn wissen?“
„Moment mal, gerade ist es mal kurz weggehuscht, das was ich dir sagen wollte. Wie dumm! Warte mal einen kleinen Moment, gleich taucht es sicher wieder an der Oberfläche auf!“
Als Adelaine die Schublade mit der Schreibplatte dank des glänzenden Griffes – ach, ja, das sind die griechischen Elemente, fällt ihr dabei ein – als sie sie wieder schließt, ruft Grandma ihr schon freudestrahlend entgegen: „Ich hab’s! Jamaika ist wieder da! Großvater und sein Jamaika! Nachdem er auf Malta gedient hatte, wurde er anschließend nach Jamaika beordert. Er begleitete Sir Henry Storks dorthin, um wichtige Militärreformen durchzusetzen. Diese waren nach dem Krimkrieg bitter notwendig geworden. Großvater, der hat immer seine Meinung gesagt. So ist er nun einmal gewesen! Unsere Armee hat sich im Krimkrieg nicht mit Lorbeeren geschmückt, genau so hat er es viel später ausgedrückt. England und Frankreich waren den Osmanen zu Hilfe gegen die Russen geeilt. Jetzt muss ich mal nachdenken.“ Lady Ethel stützt wieder einmal ihren schweren Kopf in ihre Hände. „Mein Gott, was muss dort auch alles drin einquartiert sein. Ja, mein Kind, wenn ein Mensch so viel erlebt hat wie ich, dann quillt der Kopf bald über. Ja, wenn ich mich recht entsinne, dann war es zu jener Zeit, es muss so Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts gewesen sein, da ging es in Jamaika hoch her!“
„Grandma, du machst mich neugierig! Erzähl!“
„Soweit ich mich entsinne, ist da auch der Aufstand der Sklaven, der Landarbeiter, gewesen, meistens Schwarze. Sie haben damals sogar einen Brief an Queen Victoria geschrieben, dass sie Land zum Bebauen beanspruchen. Weil die Queen ihnen keine Hilfe angedeihen ließ, kam es zum blutigen Aufstand und viele Engländer erzürnten sich schrecklich darüber, dass die englische Armee den Aufstand niedergeschlagen habe. Das war vielen Briten zu radikal, zumal die Benachteiligung der Sklaven offiziell schon längst abgeschafft worden war.“ Die alte Lady stutzt für einen kurzen Moment, so dass Adelaine das Ruder übernehmen kann.
„Na, und wie war’s dort eigentlich mit deiner neuen Liebschaft?“
„Du bist mir ja die Richtige! Solch’ eine Frage geziemt sich einem anständigen Wesen eigentlich nicht! Hast du nur Liebelei im Kopf, Adelaine?“
„Aber, nein, nein!“ Ein bisschen verschämt lässt das Mädchen vornüber ihren Kopf herunterhängen – wie kann ich nur? Wie neugierig darf ich überhaupt sein? Jetzt bin ich wohl zu weit gegangen? Gedanken, die sich wie eine düstere Wolke in ihrem Inneren auftun, aber andererseits sind da Großmutters Augen, die wie vom Sonnenstrahl getroffen in höchster Lebendigkeit blinken, so registriert es das junge Mädchen jedenfalls beruhigt und mit sich und der Welt wieder im Reinen. Sieh’ mal da, registriert ihr aufmerksames Auge, greise Pupillen weiten sich und um zerfurchte Mundwinkel herum zuckt es verdächtig, wie bei einem jungen Mädchen, das verschmitzt seine kleinen Sünden beichtet, so amüsiert sich die Enkelin, natürlich ohne auch nur den kleinsten Mucks von sich zu geben.
„Der erste Kuss, ja, das war ein Jamaika-Kuss und der schmeckte nach der Süße des Jamaika-Rums, aber eigentlich schmeckt das Getränk gar nicht süß, oder? Egal, in der strahlenden Sonne und am blauen glitzernden Meer erschien mir alles voller Süße. Mein Herr Papa musste mich natürlich begleiten und für wenige Minuten haben wir uns dann doch aus seiner Umklammerung lösen können. Meinen Papa sehe ich noch deutlich vor mir. Mit Hut und Schirmstock bewaffnet, einen leichten knielangen Stoffmantel über seine Schultern gelegt, es war ja ziemlich warm, so flanierte er neben uns beiden her – wahrhaft majestätisch. Und Evels Orden an seinem Uniform-Frack befestigt, glänzten mit den Sonnenstrahlen um die Wette. Und die wunderbaren Mangrovenbäume, die an einigen Stellen ein wenig Schatten spendeten, die waren uns eine höchst willkommene Labsal! Einfach himmlisch!, und nun hocke ich hier mit meinem runden Buckel, mit meinen kaputten Knien, mit dem Monokel im Auge und bin so müde …“ Ein herzhaftes Gähnen überfällt sie, noch bevor sich ihre schweren