Über den Missouri. Liselotte Welskopf-Henrich

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Название Über den Missouri
Автор произведения Liselotte Welskopf-Henrich
Жанр Исторические приключения
Серия
Издательство Исторические приключения
Год выпуска 0
isbn 9783957840103



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Laut aus. Unaufhörlich zog seine feine Nase die Witterung ein.

      »Ohitika!«

      Der Hund sprang den Dakota an, so dass dieser sich einstemmen musste, um nicht umgeworfen zu werden. Laut jaulte das Tier auf. Der Falbe hatte den schwarzen Wolfshund auch erkannt. Er schnaubte und begann, an dem dürren Gras zu rupfen.

      »Nun frisst er wieder«, sagte der Delaware.

      Spät ritten die Indianer zu der Station zurück. Sie blieben außerhalb der Palisaden in der Koppel bei den Pferden. Die Wache kümmerte sich nicht um sie.

      Der Delaware gab dem Dakota den zweischneidig geschliffenen Dolch mit dem geschnitzten Griff zurück. »Hier«, sagte er, »das ist die einzige erlaubte Waffe für dich. Ich habe sie aus Oberst Jackmans Gepäck herausgenommen, als er die Station verließ. Er wird es erst in der Garnison bemerkt haben und konnte nicht mehr nachforschen.«

      Der Dakota steckte die vertraute Waffe in die Scheide.

      Noch ehe die Angehörigen der Garnison am nächsten Morgen erwachten, standen die beiden Indianer am Flussufer und legten die Kleider ab, um sich zu baden. Einer der Posten bei den Pferden kam zu ihnen her. Es war ein älterer Mann mit einem dichten Vollbart.

      »Lass das sein«, sagte er zu dem entlassenen Gefangenen. »Der Fluss ist eisig, und du bist krank. Willst du gleich krepieren, nachdem sie dich freigelassen haben? Komm rüber in das Blockhaus! Ich gebe dir warmes Wasser. Das geht keinen anderen dort was an!«

      Der Häuptling beantwortete und beachtete die Warnung nicht, sondern sprang in den Fluss und schwamm.

      »Hat man schon eine solche Unvernunft gesehen!« Der Vollbärtige schüttelte bedauernd den Kopf. »Die Wilden haben doch keinen Funken Verstand.«

      »Die Dakota kennen das nicht anders«, erklärte Tobias dem Mann. »Sie nehmen zwar Dampfbäder; aber das Ende ist immer das Schwimmen im Fluss.«

      »Das Ende, ja, richtig gesagt!« Der gutmütige Mann ging zu den Pferden zurück.

      Tobias sprang dem Dakota nach in die seichten Fluten. Dann rieben sich beide am Ufer mit Sand ab. Der Körper des Dakota schauerte im Fieber, und sein Herz kämpfte, aber als er allen Schmutz, wo es nicht anders ging, samt der Haut abgeschürft hatte, fühlte er sich wie ein Mensch, der aus der Folter entlassen ist. Der Delaware gab dem Dakota neue indianische Leggings und Mokassins und ein Gürteltuch. Der junge Häuptling nahm das alles. Aber seinen Wampumgürtel und den blutbesudelten Festrock gab er nicht her, sondern legte beides wieder an.

      Da die beiden Indianer unter sich waren, fragte der Dakota in seiner Muttersprache: »Wie konnte mein Name bis Washington dringen?«

      »Der Maler Morris, den ihr Dakota Weitfliegender Vogel Geheimnisstab nennt, hat für dich gesprochen. Er war immer ein Freund der Dakota und wollte wenigstens dich retten, wenn er auch sonst nichts für euch zu tun vermag.«

      »Was macht Cate Smith?«

      »Sie hat vor zehn Tagen eine Gelegenheit gefunden, mit einer Händlerfamilie wegzureiten. Roach gab die Erlaubnis dazu; er war froh, das Mädchen nicht mehr zu sehen. Unterwegs wird Adams, der Rauhreiter, sie treffen und ihr weiterhelfen. Ich, denke, er nimmt sie zu seiner Frau.«

      Als der Morgen hell und die Station lebendig wurde, hatten die Indianer ihren Ritt zur Reservation schon begonnen. Der schwarze Wolfshund lief mit ihnen. Tobias hatte die Richtung angegeben, aber der Dakota führte, um dem Falben den gewohnten ersten Platz in der Reihe zu gönnen. Wie gut kannten Reiter und Pferd das Gelände! Das waren die Wiesen und Sandstrecken, die Hügel und Bodenwellen, durch die der Kriegshäuptling der Bärenbande seine Männer mehr als zwei Jahre hindurch zu ihren erfolgreichen Angriffen auf die Truppe am Niobrara geführt hatte.

      Der Delaware, dessen Schecke von selbst in der Spur des Vorreiters lief, schaute während des Rittes auf diesen Reiter und seinen falben Mustang. Er konnte nur den schwarzen Schopf des Dakota sehen, der im Wind trocknete, den blut- und schmutzgefärbten Rock, die magere muskulöse Hand, die hin und wieder den Falben zügelte, damit der Schecke nicht zurückbleiben musste. Was sollte aus diesem Mann werden? Was dachte er? Wie lange würde er es ertragen, auf der Reservation im Zelt zu sitzen und auf Rationen zu warten?

      »Das allmächtige Geheimnis hat mich zu einem Indianer geschaffen, aber nicht zu einem Agentur-Indianer«, hatte Tatanka-yotanka in den Verhandlungen mit den Langmessern ihren Generalen geantwortet. Das war ein Wort, das auch für Tokei-ihto galt.

      Als die Reiter ihre Pferde mittags kurz rasten ließen und der Dakota sich neben Tobias auf die Felldecke warf, sagte der Kundschafter, und er glaubte, dass er dies sagen müsse: »Wenn du fliehen willst, Tokei-ihto, ehe wir auf die Reservation gelangen, ich hindere dich nicht.«

      »Glaubst du, dass ich aus der Reservation nicht mehr entfliehen könnte?«

      Der Delaware versuchte, in den Augen des Dakota zu lesen. Es war irgendeine Kraft und eine Bestimmtheit darin, die er nicht deuten konnte. Daher sagte er nur: »Fliehen könnten viele. Aber sie wissen nicht wohin.«

      »Wo stehen die Zelte meiner Brüder? Weißt du es?«

      »Oben im Nordwesten der Reservation in den Bad Lands.«

      »Also nahe der Reservationsgrenze nach den Black Hills zu?«

      »Ja.«

      Der Dakota schloss einen Moment die Augen. Nach dem, was er eben gehört hatte, wollte er nicht weiter fragen und auch nichts mehr gefragt werden.

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