Der ermordete Gärtner. Uwe Schimunek

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Название Der ermordete Gärtner
Автор произведения Uwe Schimunek
Жанр Исторические детективы
Серия
Издательство Исторические детективы
Год выпуска 0
isbn 9783955520564



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…»

      «Na ja, wenn ich nach den Spuren gehe, haben sie bei uns wohl die Kommode durchsucht.»

      «Spuren?»

      «Es sammelt sich immer eine Menge Staub an über den Winter. Wenn darauf jemand herumtatscht, kann man das gut sehen.»

      Der Wirt kam mit einer Trommel voll frischem Bier und stellte ungefragt zwei Bembel auf den Tisch. Eggebrecht trank hastig den Rest aus dem anderen Humpen und schob ihn beiseite – aus alter Gewohnheit. Keine drei Tage in Lindenau, und schon verhielt er sich wie früher. Nun gut, da fiel er wenigstens nicht auf. Katzmann hingegen hatte nun zwei Bembel vor sich stehen, und das schien ihn nicht zu stören.

      «Was lagert ihr denn für Schätze in eurer Laubenkommode?», fragte Katzmann.

      «Geschirr, Besteck …»

      «Das Tafelsilber von Oma?»

      «Nee, eher so Blechnäpfe und rostige Messer.»

      «Hm, das klingt nicht nach einem Paradies für Diebe … Aber ihr fühlt euch wohl in dem Garten?»

      Eggebrecht zog an der Zigarette und überlegte, warum Katzmann so sarkastisch war. Was war nur mit dem alten Kumpel los? Bis jetzt hatten ein paar Monate oder Jahre, in denen sie sich nicht gesehen hatten, ihrem freundschaftlichen Verhältnis nichts anhaben können. Dieses Mal vermisste Eggebrecht das Gefühl, kein Problem der Welt könne sie beide aus der Ruhe bringen. Vielleicht brauchten sie mehr Zeit, in ihrem Alter. Eggebrecht drückte die Kippe aus. «Ich gehe mal an die Rinne. Währenddessen kannst du ja überlegen, wer der Mörder ist.»

      Als er aufstand, drückte sich der dünne Kerl an ihm vorbei und torkelte zu einem Tisch am anderen Ende des Gastraums.

      «Die reden über uns.» Manni zeigte zu dem Tisch neben dem Tresen.

      «Der Pinkel, der da alleine sitzt?»

      «Der hat noch so ’nen Knilch dabei. Der ist gerade auf dem Klo», sagte Manni.

      Hotte guckte, als glaube er kein Wort. Ralle trank Bier.

      «Ich hab extra ein bisschen langsam gemacht, als ich an denen vorbeigelaufen bin. Ich hab das genau gehört!»

      Hotte sah zu dem Pinkel hinüber. Manni folgte seinem Blick. Der Mann saß mit dem Rücken zu ihnen. Sein Jackett warf nicht die kleinste Falte. Das hatte bestimmt mehr gekostet als Mannis Kleidertruhe samt Inhalt. Seine Haare waren nach hinten gekämmt und glänzten. Die Frisur hielt nicht durch Wasser aus dem Hahn, so viel stand fest. Was wollte so einer in dieser Kneipe? Gerade trank der feine Herr aus einem Krug, dann setzte er gleich mit einem zweiten an. Der konnte wohl nicht genug kriegen.

      «Was soll das für einer sein? Ein Polyp? Ein Hehler? Konkurrenz? Wenn du mich fragst, sieht er nach nichts von alldem aus», sagte Hotte.

      Vielleicht hatte Hotte recht. Doch warum hatte der Kerl im feinen Zwirn dann über sie geredet? Manni guckte noch einmal hinüber. Der Pinkel schien nervös zu sein. Er zündete sich eine Zigarette an und zog daran, als wolle er sie aussaugen.

      «Was willst du denn gehört haben?», fragte Hotte.

      «Zwei bis drei Typen sind in Lauben eingebrochen und haben am Ende einen Gärtner umgebracht.» Manni nahm eine Zigarette und ließ sie wie einen Zeigestock über den Tisch kreisen. «Der hat uns gemeint. Oder was glaubst du, wie viele Gärtner in letzter Zeit abgemurkst worden sind?»

      Hotte prustete. Ralle trank. Manni zündete seine Zigarette an.

      «Und nun?», fragte Hotte.

      Manni zuckte mit der Schulter und trank einen Schluck. Hotte spielte sich stets wie ein Bandenchef auf, da sollte er sich jetzt auch einmal etwas einfallen lassen.

      «Also gut, noch ist ja nichts passiert. Nur weil zwei Schmalzlocken über uns reden, müssen wir nicht gleich die Nerven verlieren.» Hotte richtete sich auf und strich sein Haar nach hinten. Er sprach wie ein Fabrikbonze. «Wir müssen uns ein paar Tage unauffällig verhalten. Die Beute, die wir bis jetzt nicht losgeworden sind, bleibt erst mal, wo sie ist.»

      Tolle Idee, dachte Manni. Und wovon sollte er sein Brot bezahlen? «Du hast das olle Werkzeug wohl schon verhökert …»

      «War heute gleich bei Wolf in der Pfandleihe. Alles weg. Und der alte Wolf hat mir versprochen, dass er die Ware erst in ein paar Wochen verkauft. Geld hab ich trotzdem sofort gekriegt.» Er pochte gegen seine Jackentasche. Es klimperte. «Und ich habe gehört, du bist bei Höker-Hannes abgeblitzt.»

      Woher wusste Hotte das schon wieder? Gerade mal vor ein paar Stunden hatte Manni versucht, die Wumme loszuwerden, und schon schien die halbe Stadt Bescheid zu wissen. Vielleicht sollte er die Bleispritze tatsächlich zu Hause unter den Dielen versenken und ein paar Wochen abwarten. Manni fragte: «Wenn ich stillhalte, kann mir dann jemand ein paar Mark pumpen?»

      Hotte runzelte die Stirn. Ralle trank Bier.

      «Mal ehrlich, ist ja ’ne tolle Idee, dass wir die Beute zu Hause behalten … Nur klingelt in meiner Tasche nichts.» Manni zeigte auf Hottes Jacke.

      «Ich hab dir ja gleich gesagt, dass eine Walther PP nichts für dich ist.»

      Ja, ja, Hotte, der große Waffenexperte! Als würde der die Wehrmacht beliefern … Manni sagte: «Das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Ich werde das Ding schon los.»

      «Du wirst das Ding schon los.» Das klang, als würde Hotte ihn nachäffen. «Da lachen ja die Straßenköter! Pass lieber auf, dass du nicht bald Vollverpflegung bekommst. Mehrmals täglich frei Haus. In die Zelle.»

      Manni trank einen großen Schluck Bier. Vielleicht hatte Hotte recht. Diese Besserwisserei ging ihm trotzdem auf die Nerven. «Du hast ja bloß Schiss. Wenn die mich kriegen, sitzen sie dir auch im Nacken.»

      «Hört mal auf mit diesem verdammten Mist!» Ralle knallte seinen Bembel auf den Tisch. «Ihr müsstet euch mal hören! Wie zwei Waschweiber!»

      Die Männer an den Nachbartischen guckten herüber. Manni schaute durch den Gastraum. Ausgerechnet der Pinkel saß weiter mit dem Rücken zu ihnen und blies Rauchkringel in die Luft. Der Wirt kam. Er fragte, ob alles in Ordnung sei. Hotte, Ralle und Manni nickten. Der Wirt stellte neues Bier ab und trollte sich.

      «Was ist denn mit dir los, Ralle?» Hotte fand die Fassung offenbar am schnellsten wieder. «Erst sagst du den ganzen Abend nichts, und dann so ein Theater …»

      «Ach, Mist!», rief Ralle und trank Bier. Durch den Wutausbruch schien seine Lust auf Gespräche schon wieder aufgebraucht zu sein.

      «Jetzt komm schon, sag was!» Hotte ließ nicht locker.

      «Ich kannte den Typen.» Ralle murmelte die Worte und führte sofort wieder den Humpen zum Mund.

      «Den feinen Pinkel?», fragte Hotte.

      «Nein, verdammt, den Toten.»

      «Was?», riefen Manni und Hotte gleichzeitig. Und erneut guckte die halbe Kneipe zu ihnen.

      Ralle hob seinen Humpen und prostete in den Gastraum. Die Männer an den Nachbartischen kümmerten sich wieder um ihren eigenen Kram. Ralle stellte den Bembel ab und flüsterte: «Der Mann hieß Gebhardt. Er war Vorarbeiter in der Fabrik. Bei Bleichert. Da, wo ich bis vor ein paar Monaten gearbeitet habe. Ihn haben sie gefragt, wer gehen soll. Wegen ihm sitze ich hier und muss diesen Mist machen: Gärten ausnehmen, Zeug verhökern.»

      «O Mann …» Hotte klopfte auf den Tisch. Zum Glück leise. Keiner guckte her.

      «Das hättest du uns aber gleich sagen können», fand Manni.

      «Aber hätte das etwas geändert?»

      Manni überlegte. Hätte er Ralle dann für einen Mörder gehalten? Kaum. Andererseits: Was wusste er schon von Ralle?

      «Sagt mal», Hotte zeigte mit dem Daumen zum Pinkeltisch, «wo bleibt denn der Kerl mit den Locken. Ist das doch ein Polyp? Und holt der Verstärkung?»

      «Oh, Mist!» Ralle sprang