Stills Faszienkonzepte. Jane Stark

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Название Stills Faszienkonzepte
Автор произведения Jane Stark
Жанр Медицина
Серия
Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783941523548



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zitierten in ihren Texten zwar Stills Gedanken zum Thema Faszien, unternahmen aber kaum je den Versuch, deren Bedeutung zu interpretieren.

      Zu den prominentesten Osteopathen, die sich zu Stills Faszienkonzepten schriftlich geäußert haben, gehören Arthur Becker, Fredrick Becker, Roland Becker und Angus Cathie. Harold I. Magoun senior DO, stellte in seinem berühmten Abhandlung über Stills physische Faszienkonzepte fest, dass Still damals das Faszienproblem sogar besser verstanden habe als einige Spitzenleute in der heutigen Forschung.2 Weniger bekannt, obgleich einer der bedeutendsten Unterstützer von Still, ist Charles H. Kauffmann DO, der in den 1940er- und den frühen 1950er-Jahren ein Dutzend Artikel zu Stills Faszienkonzepten schrieb. Kauffmann besaß Zugang zu Stills seltenem dritten Buch The Philosophy and Mechanical Principles of Osteopathy.

      Keinerlei osteopathische Literatur liegt zu Stills philosophischen und spirituellen Faszienkonzepten vor. William Garner Sutherland äußerte zu Stills Sicht des Lebensprinzips,3 das dieser im Kontext der Faszien erörtert hat: „Dr. Still gab sein Bestes, um uns in das Phänomen einzuführen. Doch wir waren dafür nicht aufnahmefähig“4. Und auch Rollin E. Becker DO zitierte Sutherland in diesem Sinne: „Ich habe oft darauf hingewiesen, dass wir in der Osteopathie etwas verloren haben, das Still mitzuteilen versuchte, und zwar das Spirituelle, das er in die Wissenschaft der Osteopathie einschließen wollte“.5

      Einst wurden Stills Faszienkonzepte als wichtig betrachtet. Das Publikationskomitee der Academy of Applied Osteopathy, dem damals Dr. Alan R. Becker, Dr. Kenneth E. Little, Dr. George W. Northup. Dr. Ralph W. Rice, Dr. Charles K. Smith und Dr. Thomas L. Northup angehörten, unternahm 1946 den Versuch, Stills Werk speziell auf dem Gebiet Faszien wieder in den Lehrplan für die osteopathische Ausbildung zu integrieren. Um die Mitglieder der Academy of Applied Osteopathy davon zu überzeugen, dass es notwendig sei „ eine klare Auffassung von Dr. Stills Geisteshaltung in den Gründerjahren“ zu bekommen, legte man seinerzeit auch Stills zweites Buch Philosophy of Osteopathy neu auf, stellte es allen Mitgliedern zur Verfügung und verwies sie, was das Erlangen dieser „klaren Auffassung“ betraf, vor allem auf das in jenem Werk enthaltene Kapitel X, Die Faszien.

      1952 empfahl Thomas L. Northup D.O., man solle „das Faszienkapitel in Dr. Stills Buch über die Prinzipien der Osteopathie nicht nur sorgfältig lesen, sondern dessen Inhalt Absatz für Absatz, Satz für Satz bedächtig studieren.“6 Danach vergingen 30 Jahre, bis der erste Versuch unternommen wurde, die Wurzeln von Stills Theorie und Philosophie der Osteopathie freizulegen. Obgleich er selbst kein Osteopath war, nahm der Soziologe und Forscher Norman Gevitz als Student an der Universität von Chicago eine absatz- und satzweise, gelegentlich sogar wortweise Durchsicht von Stills Werk vor, um u. a. herauszufinden, ob und gegebenenfalls wie die Geistesströmungen des ländlichen Amerika in der Mitte des 19. Jahrhunderts Stills Sichtweisen und Philosophien beeinflusst haben. Als Ergebnis dieses Prozesses konnte er eine Reihe wahrscheinlicher Einflüsse nennen, zu denen auch Stills Beziehung zum Spiritismus gehörte.

      „Ich fand u. a. heraus, dass er [Still] den Ausdruck Banner der Osteopathie verwendet hat. Er sagte: ‚Wir wollen das Banner der Osteopathie weben.‘ Da stieß ich zufällig auf die Zeitschrift Banner of Light …, Ich erwog, ob das Banner der Osteopathie auf jenes Banner of Light bezogen sein könnte, und ging deshalb diese Zeitschrift, die ich in der großen Sammlung der Universitätsbibliothek von Michigan einsehen konnte, seitenweise durch, bis ich irgendwann einen Leserbrief entdeckte, der von Still mit unterschrieben war.“7

      Für Gevitz war das der entscheidene Beweis, denn Still selbst hat nichts über seine Einflüsse mitgeteilt, zitierte nur wenige Quellen und zog es dagegen vor, „Gott und die Erfahrung“8 bzw. die „Gesetze der Natur“9 zu zitieren.

      Den Empfehlungen der Academy of Applied Osteopathy aus dem Jahr 1946 folgend beschäftigt sich die vorliegende Studie mit dem Kapitel Faszien in Stills Werk. Zunächst jedoch wird auf die Arbeiten von Gevitz und der Historikerin und jüngsten Still-Biografin Carol Trowbridge (1991) eingegangen. Das ist notwendig, weil man, um Stills Faszienkonzepte zu verstehen, seinen einzigartigen Charakter, der sich in seiner Ausdrucksweise und Wortwahl widerspiegelt, vor dem Hintergrund zeitgenössischer Einflüsse und Strömungen betrachten muss.

       „Er [Still] war ein komplexer Mensch. Seine Schriften sind oft schwer zu verstehen. Sie sind in der Sprache seiner Zeit geschrieben und enthalten viele Allegorien.“ 10

       „Sein symbolischer und allegorischer Schreibstil erlaubt es nur einem geneigten Leser, die Bedeutung seiner Sprache und den darunterliegenden eigentlichen Sinn zu erfassen. Und es gibt einen Sinn, auch wenn Andersdenkende diese Werke nicht verstehen können.“ 11

      Der erste Absatz des Kapitels Faszien in Stills Philosophy of Osteopathy lautet:

       „Krankheit wird offensichtlich als Gas-, Flüssigkeits- oder Feststoffatome gesät. Zunächst ist eine geeignete Stelle zum Deponieren des aktiven Lebensprinzips nötig, was immer dies sein mag. Dann muss das Lebewesen, das entwickelt werden soll, eine ansprechende Art von Ernährung bekommen. Folglich müssen wir den Teil des Körpers finden, der durch Aktion und geeignete Ernährung mithelfen kann, das Lebewesen im fötalen Leben zu entwickeln. Vernunft weist den Verstand zunächst auf die Regeln des menschlichen Lebens während der Schwangerschaft hin und wir betrachten, als Denkbasis, das sich bewegende Atom, das werdende Lebewesen, dessen Lebenskeim wir nur durch das stärkste Mikroskop sehen können. Es sieht aus wie ein Atom weißer Fasern oder ein abgelöstes Teilchen einer Faszie. Es verlässt einen Elternteil als Faszienatom und muss, um leben und wachsen zu können, in einem freundlichen Umfeld hausen und mit solcher Nahrung versorgt werden, wie sie in Eiweiß, Fibrin und Lymphe sowie in den Nerven generierenden Kräften und Qualitäten enthalten ist, während es auf der Stelle mit dem Aufbauen einer geeigneten Form beginnt, in der es leben und gedeihen kann. Und da die Faszien bestens mit Nerven, Blut und weißen Korpuskeln ausgestattet sind, ist es nur logisch, den Teil zu suchen, der überwiegend aus Faszie besteht, und anzunehmen, dass der Keim sich dort zum Ernährtwerden und Wachsen aufhält.“ 12

      Liest man diesen Absatz, entstehen sofort eine Reihe von Fragen. Wovon spricht Still im ersten Satz? Was meint er mit dem aktiven Lebensprinzip? Wieso spricht er in einem Kapitel über Faszien vom fötalen Leben? Was heißt menschliches Leben während der Schwangerschaft? Wie definiert Still den Ausdruck Keim und was ist dann ein vitaler Keim? Am wichtigsten aber ist die Frage, was dies alles mit dem zu tun hat, was wir heute unter Faszien verstehen. Der Rest des Still’schen Faszien-Kapitels ist nicht weniger kryptisch, kaum mit Interpunktionen versehen und enthält einen 17 Zeilen langen Satz mit sehr vielen rätselhaften, für den heutigen Leser archaischen Metaphern.

      Dutzende von Zitaten aus Stills Werk belegen, dass er den Faszien nicht nur in Krankheit und Gesundheit, sondern auch in der dreifach differenzierten Natur des Menschen, bestehend aus materiellem Körper, spirituellem Wesen und Verstandeswesen, eine bedeutende Rolle zuschrieb. So sagte er beispielsweise:

       „Die Seele des Menschen mit allen Strömen reinen lebendigen Wassers scheint in den Faszien seines Körpers zu wohnen.“ 13

       „ Sie [die Faszien] lassen es dem philosophisch Denkenden absolut einleuchtend erscheinen, dass sie [die Faszien] der „materielle Mensch“ sind und die Wohnstätte seines spirituellen Wesens. Sie [die Faszien] sind das Haus Gottes, die Wohnstätte des Unendlichen, soweit es den Menschen betrifft.“ 14

      Man findet in Stills Schriften jedoch ebenso viele Äußerungen, die besagen, dass die Faszien nicht wichtiger sind als andere Gewebe oder Körpersysteme.

      In einem Leitartikel, der nach Stills Tod 1917 im Journal of the American Osteopathic Association erschien, steht:

       „Dr. Still hinterließ keinen Nachfolger … Philosophen, die ihr Werk vollendet haben, brauchen keine Nachfolger … Sein Werk [Stills Theorie und Philosophie] sollte analysiert und auf eine für die praktische Unterweisung geeignete Form reduziert werden und in jeder osteopathischen Ausbildungsstätte