Название | Gott, wo bist Du? |
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Автор произведения | Birgit Tcherbla |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961450022 |
Der Schutzpatron Dresdens im Zentrum, auch „Goldener Rathausmann“ genannt, ist das höchstgelegene Denkmal der Elbestadt. Es steht auf dem Rathausturm, hat eine Höhe von über fünf Metern und wiegt 34 Zentner. Seine Hülle besteht aus eineinhalb Millimeter starkem Kupferblech, mit der Hand getrieben und vergoldet. Den bärtigen Gesellen schuf Richard Guhr im Jahre 1910. Die linke Hand hält ein Füllhorn mit Äpfeln, der rechte Arm ist zu einer schützenden Geste erhoben, mit dem symbolisch das Böse ferngehalten werden soll. Eine Mauerkrone auf dem Kopf drückt den Zusammenhalt der Stadt aus. Die Bleikassette im Kopfinnern enthält Urkunden und Münzen. Durch den Bombenhagel wurde auch der Schutzpatron schwer beschädigt. Beim Wiederaufbau des Neuen Rathauses erhielt der restaurierte „Goldene Mann“ wieder seinen alten Platz.
Zur Mahnung an die Opfer des Zweiten Weltkrieges entstanden in Dresden mehrere Denkmale, eines für die Kämpfer der Sowjetarmee aus rotem Meißner Granit, enthüllt vom Bildhauer Otto Rost und von Gießern aus Lauchhammer in Metall gegossen, und in der Altstadt steht das 1952 errichtete Denkmal „Trümmerfrau“ vor dem Festsaalflügel des Rathauses. Der Bildhauer Walter Reinhold skizzierte die Arbeiterin Erika Hohlfeld, die bis 1956 Trümmer räumte, als die ersten Neubauten standen.
Auf der Ostseite des Dresdner Rathauses wird die Goldene Pforte von zwei schildtragenden Löwen flankiert, den Wappentieren der Stadt. Vor der Gaststätte „Ratskeller“ steht der Rathausesel. Beim Kellerabstieg bemerkt man die bekannte Skulptur „Bacchus auf dem trunkenen Esel“. Löwen und Esel stammen von dem Bildhauer Wrba Georg.
Zwischen dem Alter meines Vaters und meiner Mutter liegen fast dreißig Jahre. Als ich geboren wurde, war mein Vater 62 Jahre alt, und ich habe noch einen zwei Jahre jüngeren Bruder. Wir fünf Geschwister sind fast immer zwei Jahre auseinander.
Meine Mutter besaß in der Hitlerzeit das Mütterkreuz. Aus meines Vaters erster Ehe stammt nur eine Tochter. Sie war älter als meine Mutter und lebte in Schleswig-Holstein.
Im Jähzorn schlug mein Vater mit dem Ochsenziemer zu. Vor ihm fürchteten wir uns. Wenn wir nicht parierten, brauchte er uns nur anzusehen und wir wussten, was wir zu erwarten hatten.
Die übrige Zeit aber war er gutmütig. Manches Mal, wenn er so wütend war, konnte ich mich verstecken. Als wieder Ruhe eintrat, kam ich herausgekrochen und dann passierte nichts mehr. Ich glaube, ich war sein Liebling.
Trotz seines Alters war mein Vater 1944 noch berufstätig. Er war Abteilungsleiter der Kostümschneiderei am Dresdner Staatstheater und hat die Kleidung für die Schauspieler entworfen. Man nannte es Gewandmeister. Er wurde 1877 in Berlin-Oranienburg geboren und starb mit 77 Jahren in Schlegel bei Hainichen. Zur Zeit Kaiser Wilhelms fuhr er als Matrose zur See und kannte viele Matrosenlieder, das Lied vom Fritze Bollmann („Fritze Bollmann wollte angeln, doch da fiel die Angel rin, Fritze Bollmann wollt sie langen, doch da fiel er selber rin“ usw.) und ein Lied vom Kaiser und der Kornblume. Es geht so: „Unser Kaiser liebt die Blumen, denn er hat ein zart Gemüt, doch vor allem liebt er eine, die in keinem Garten steht. Nicht nach Rosen geht sein Sehnen, stetig pflückt er sie im Feld, diese kleine blaue Blume, die er für die schönste hält.“
Unser Vater war ein uneheliches Einzelkind. Sein Vater blieb im Deutsch-Französischen Krieg. Die ganzen Ersparnisse, die seine Mutter für ihn in die Bibel gelegt hatte, sind durch die Inflation verfallen, denn er war Atheist und hat die Bibel nicht benutzt. Er sagte höchstens zu uns, das Gute im Menschen sei der liebe Gott.
Mit unserer Mutter haben wir manchmal gebetet: „Ich bin klein, mein Herz mach rein, lass niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Sie hatte es nicht leicht mit uns, denn wir waren alle sehr lebhaft. Sie war eine mutige und furchtlose Frau, hatte vor nichts Angst. Gehauen hat sie uns fast nie, ganz selten. Nur, wenn es ihr gar zu viel wurde, bekam man plötzlich einen Schlag wie aus heiterem Himmel. Mich als Einzige hat sie lieber ans Tischbein gebunden, ich war zu wilde und der größte Schreihals im Krankenhaus. Sie hat uns gut versorgt, aber wenn wir uns in den schlimmen entbehrungsreichen Nachkriegsjahren über etwas beklagten, dann sagte sie: „Hängt euch doch auf.“
Die ersten Erinnerungen meines Lebens gehen zurück in eine Nacht in Dresden. Wie alt ich da war, weiß ich nicht genau, vielleicht zweieinhalb oder drei Jahre. Es war eine wunderbare Sternennacht. Schnee lag keiner, es muss Sommer gewesen sein. Meine Mutter lief mit uns drei Kleinsten in der Dunkelheit durch einen Park. Mein jüngster Bruder schlief im Sportwagen, wir anderen zwei trippelten nebenher. Zeitweise durfte auch ich mit im Wagen sitzen. Die Nacht war so schön, aber schauerlich. In mir war ein Gefühl, als lauere irgendwo Gefahr. Es war Krieg.
Meine Eltern gingen am Wochenende meistens ins Theater. Das brachte uns viel Vergnügen. Sobald sie fort waren, stellten wir die Bude auf den Kopf, wie man so sagt, und spielten im Dunkeln Gespenster oder anderes mehr.
Meine Mutter besaß eine Nachthaube voller kleiner nackter Porzellanbabys. Einmal bekam mein jüngster Bruder Franz einen Wutanfall und zerschmetterte sie alle.
Unser großer Bruder Horst leistete sich manchmal einen Jux mit uns Mädchen. Wir mussten heulen und wenn Erwachsene uns fragten, warum, mussten wir sagen, wir hätten das Geld verloren und könnten nicht mehr heimfahren, dann gaben sie es uns. Das vernaschten wir.
Sonntags besuchten wir mit den Eltern manchmal das Grüne Gewölbe und den Dresdner Zwinger, machten Ausflüge in die Dresdner Heide und pflückten Blaubeeren oder wir fuhren mit der Straßenbahn zum Wilden Mann. Meine älteste Schwester Charlotte war dort Eiskunstläuferin und wir sahen ihr beim Schlittschuhlaufen zu. Sie war die Sportlichste und Unternehmungslustigste von uns, ein richtiger Junge. Sie hatte die Sammelbüchse beim Spendensammeln immer zuerst voll. Mit neun Jahren schon sprang sie im Schwimmbad vom Zehn-Meter-Turm. Das erregte großes Aufsehen. Soldaten knipsten sie und schrieben darunter: „Wer kennt diese beiden Mädchen?“ Meine Schwester Gerda war auch mit auf dem Bild. Von mir guckten nur die Füße unter der Decke hervor.
Mein Bruder Horst war feiger und traute sich nicht so hoch. Überhaupt war er etwas ruhiger. Mit den Hitlerjungen hatte er Probleme. Mein Vater musste ihn manchmal von der Schule abholen. Bis zur fünften Klasse war er ein ziemlich fauler Schüler, und wenn unser Vater nicht darauf bestanden hätte, wäre er nicht in die Oberschule aufgenommen worden. Dann hat er sich so gut entwickelt und ist heute Dr. päd.
Es ist komisch, von meiner Schule weiß ich gar nichts mehr, nicht, wo sie stand und wie sie aussah, nicht, wer meine Lehrer oder Mitschüler waren, weiß nichts von einer Einschulung oder ob ich eine Zuckertüte bekommen habe. Nur zur Einschulung meiner zwei Jahre älteren Schwester Gerda bekam ich eine kleine.
Es war ja Krieg. Bei jedem Voralarm hatten wir schleunigst die Schule zu verlassen, mussten von Haus zu Haus flüchten, bis wir daheim angekommen waren. Ich kann mich nur an ein Lesestück erinnern, das wir üben sollten. Mein Vater war in der Stube beschäftigt und ich las. Nun wollte ich gern wissen, wie oft ich die Geschichte lesen würde, konnte aber nicht weit zählen. Der Vater sagte: „Mach jedes Mal einen Strich, wenn du durch bist, ich zähle dann zusammen.“ Ich kann heute noch nicht begreifen, dass ich das Stück 85-mal gelesen habe. Es ist verrückt und heute muss ich darüber lachen. Geduldsarbeiten sind meine Stärke und mein Sohn spottet, ich sei die geborene Erbsenzählerin. Er ist genau das Gegenteil.
Dann kann ich mich noch auf ein „Erholungsheim“ in Dresdens Nähe erinnern, wohin ich mit fünf Jahren kam. Es war dort eine Qual für mich. Wenn man nicht essen wollte, bekam man das Essen hineingestopft. Ich weiß nicht mehr, ob das gestimmt hat, es ist mir so, als musste man das Erbrochene erneut essen. Dort bin ich auch ohnmächtig geworden. Ein größerer Junge kam vom Hügel genau auf mich zugestürzt und riss mich um. Als ich wieder zu Bewusstsein kam, standen viele Erwachsene und Kinder um mich herum.
Dann kam der 13. Februar 1945. Es war Fasching. Wir wohnten zuletzt in der Bergmannstraße. In einer angrenzenden kleinen Grünanlage, wo sich ein Bunker befand, hatten wir Karneval gespielt. Mein Vater kam spätabends, als wir schon schliefen, aus der Versammlung gehetzt und rief: „Alles raus