Der Engel an meiner Seite. David Frei

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Название Der Engel an meiner Seite
Автор произведения David Frei
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783941435827



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stießen erst später hinzu) und wurden dazu benutzt, für die Menschen zu arbeiten - vom Wachhund über den Schlittenhund bis hin zum Rattenfänger. Manchmal leisten Tiere sogar außergewöhnliche Heldentaten, wie zum Beispiel ihre Familie aufwecken und sie so vor einem Feuer zu bewahren oder sie vor wilden Tieren oder Kriminellen zu beschützen.

      Und als zusätzlicher Vorteil dieser liebevollen Beziehung wurde das emotionale Band zwischen Mensch und Tier gestärkt. Einfach ausgedrückt ist es eine »Wohlfühlbeziehung«: Wir streicheln unseren Hund oder unsere Katze, wir sprechen mit unserem Vogel oder wir reiten unser Pferd und fühlen uns besser. All die Jahre hindurch haben diese scheinbar simplen Handlungen mit unseren Tierkameraden uns dazu gebracht, zu lächeln, unsere Probleme zu vergessen und uns ein bisschen besser zu fühlen. So war es ganz einfach und niemand suchte nach einer tieferen Erklärung.

      Vor ungefähr 200 Jahren benutzte eine Gruppe von Quäkern in England Tiere, um Patienten in Heimen zu helfen, ihren Alltag zu meistern. Doch Tiertherapie wurde erst ab dem Zweiten Weltkrieg richtig dokumentiert, als Krankenhäuser Tiere zur Heilung der körperlichen und psychischen Verletzungen und Traumata einsetzten, die die Mitglieder der Streitkräfte erlitten hatten. Die Dokumentation basierte jedoch nicht auf wissenschaftlichen Berichten. Es wurde ganz einfach beobachtet, dass Tiere den Menschen halfen, sich wieder besser zu fühlen, egal ob zu Hause oder in einem Krankenhaus.

      Die ersten Behindertenbegleithunde wurden vor ungefähr 70 Jahren als Blindenhunde eingesetzt. Später wurden Begleithunde auch für andere Funktionen ausgebildet, wie zum Beispiel zur Frühwarnung vor Anfällen, als Hörstützen, als Bewegungshilfe und als körperliche Unterstützung. Die Rolle und Vorteile der Begleithunde liegen auf der Hand: Die Tiere ermöglichen es ihren Menschen, wieder zu arbeiten und ein normales Leben zu führen, was ihnen die emotionale Unterstützung und Würde zurückgibt, die sie bisher vermissten. Doch Behindertenbegleithunde brauchen eine intensive Ausbildung und ihr Einsatz beschränkt sich auf eine spezielle Funktion und auf Menschen mit spezifischen Behinderungen.

      Erst vor ungefähr 25 Jahren fing man an, die Tiertherapie ernst zu nehmen. Der Heilprozess von Patienten konnte häufig durch Interaktionen mit Tieren gefördert werden, und Therapeuten sowie medizinische Fachleute fingen an, dies zu dokumentieren. Tiere halfen Patienten, sich von Schlaganfällen zu erholen oder mit Behinderungen zurechtzukommen - Patienten lernten, sich wieder zu bewegen, indem sie eine Katze streichelten, einem Hund einen Ball zuwarfen, oder auf ein Tier zuzugehen, um ihm ein Leckerchen zu geben.

      Die Motivation, sich mit einem Tier zu befassen, ist oft größer, als nur die Anleitungen des Therapeuten zu befolgen - das trifft vor allem auf Kinder zu. Unter den psychischen und spirituellen Vorteilen findet man verbale Interaktion, Aufmerksamkeit schenken, ein stärkeres Selbstbewusstsein, Abbau von Angstzuständen und Verringerung der Einsamkeit. Wenn ein Haustier in die Behandlung mit einbezogen wird, befassen sich Patienten tendenziell auch mehr mit anderen Menschen. Und Tiere können als Grundlage für das Erlernen von Vokabular, Gedächtnistraining und Konzepten wie Größe und Farbe dienen. Einfache Untersuchungen ergaben, dass ein Haustier den Blutdruck senken kann und dass Senioren, die sich einen Hund halten, seltener zum Arzt gehen als Senioren, die keinen Hund haben.

      Der Erfolg der Therapie durch Tiere basiert auf dem Gedanken, dass unsere Tiere frei von Werturteilen sind und großartige Zuhörer abgeben, und dass sie uns bedingungslose, schwanzwedelnde Liebe schenken. Anders ausgedrückt: Lächeln, Unterhaltungen und Erinnerungen, die von unseren Tieren ausgelöst werden, bieten wahrhaftig heilende Momente.

      Kapitel Vier

      Wir können etwas bewirken

      Mir war klar, dass Dakota und ich bei Menschen in Not etwas bewirken konnten. Allmählich kehrte mein Selbstvertrauen zurück und meine Ängste wurden weniger - langsam dämmerte mir, dass ich wieder nützlich und unabhängig sein konnte. Es war die erste große Aufgabe, die ich seit meinen Herzinfarkten und der Operation anging. Während Dr. Attar und Nancy mich begeistert unterstützten, mussten sie mich daran erinnern, auf Erschöpfungsanzeichen und meine Gesundheit zu achten. Da ich immer noch mit Herzattacken und anderen Problemen zu kämpfen hatte, musste ich sämtliche Aktivitäten gelassen angehen.

      Einer der ersten Orte, die Dakota und ich besuchten, war das Shriners Kinderkrankenhaus. Es wurde für mich das beeindruckendste Erlebnis von allen. Die bedingungslose Liebe eines Hundes trug deutlich zur emotionalen und körperlichen Heilung der kleinen Patienten und ihrer Familien nach lebensbedrohenden Krankheiten und Radikaloperationen bei.

      Wenn es darum ging, mit solchen Kindern umzugehen, zeigte Cody mehr Stärke als ich. Für mich war es fast unerträglich, an ein Kind zu denken, das solche Herausforderungen meistern sollte. Die eigenen Probleme seiner Familie, angefangen beim Kampf gegen die Schmerzen des Kindes über ihre eigenen Schuldgefühle, weil sie nicht mehr für ihr Kind tun konnten, bis hin zu der unsicheren Zukunft, der sie alle ausgesetzt waren, konnte ich noch nicht einmal anfangen zu verstehen. Doch Cody und ich taten, was wir konnten, um den Kindern und ihren Familien zu helfen.

      Der technische Begriff für das, was Dakota und ich taten, ist »Aktivitäten und Therapie unterstützt durch Tiere«. Bei den »Aktivitäten« besuchen die Tiere Patienten und Familien und versuchen, sie aufzuheitern und von ihren Problemen abzulenken. Die Theorie ist einfach: Ein Tier zu streicheln und sich mit ihm zu befassen hilft, die Nöte und Sorgen des Menschen zu erleichtern, und senkt seinen Blutdruck. Dies beschleunigt oftmals den Heilungsprozess.

      Bei der Tiertherapie arbeiten die Tiere und ihre Halter unter der Anleitung eines Arztes, einer Krankenschwester oder eines Therapeuten (Physio-, Sprach-, Beschäftigungstherapie und ähnliches) in einem für den einzelnen Patienten ausgearbeiteten individuellen Programm. Das kann in Wesen und Zielsetzung körperlich, emotional oder spirituell sein. Die Zielsetzung kann zum Beispiel sein, einen Patienten dazu zu bringen, ein bestimmtes Körperteil zu bewegen - den Arm zu bewegen, um ein Spielzeug zu werfen, das der Hund wiederbringen soll, oder um eine Katze zu bürsten oder ein Tier zu streicheln. Patienten können auch dazu gebracht werden, einen Schritt zu machen oder auf ein Tier zuzugehen, um ihm ein Leckerchen zu geben. Das Tier kann auch einen Menschen motivieren, zu sprechen oder etwas zu lernen - zum Beispiel Lesen oder Zeichnen. Und all diese Aktivitäten können zur emotionalen und seelischen Heilung des Patienten beitragen, was genauso wichtig wie ihre physische Rehabilitation ist.

      Im Shriners Hospital war es immer eine Mischung von allem und Dakota meisterte alles. Da war zum Beispiel die kleine siebenjährige Linda. Sie hatte Krebs und ihr rechtes Bein war amputiert worden. Wie die Stationsschwester mir sagte, hatte Linda starke Schmerzen, war verwirrt und psychisch am Ende.

      Ich holte tief Luft und ließ mich von Cody ins Krankenzimmer führen. Lindas Eltern saßen am Bett ihrer Tochter. Sie standen auf, um uns zu begrüßen. Ich sah, dass Linda lächelte, und das reichte mir schon - ich war sowieso schon den Tränen nahe.

      »Schau mal, Linda - ein Hund!«, sagte ihre Mutter. »Ist der nicht schön?«

      Linda nickte.

      »Möchtest du ihn streicheln?«, fragte ich, während ich immer noch gegen meine Tränen ankämpfte.

      Wieder nickte sie.

      Ich führte Dakota neben ihr Bett, so dass sie ihn streicheln konnte. »Er heißt Dakota«, erzählte ich ihr.

      »Hi, Dakota.«

      »Er kommt sehr gerne hierher«, sagte ich ihr. »Er liebt es, wenn die Kinder ihn anlächeln.«

      Lindas Eltern lächelten und auch Dakota schien zu lächeln, während er sanft mit dem Schwanz wedelte. Wie ich merkte, spürte er Lindas Schmerzen.

      »Hast du zu Hause auch einen Hund, Linda?«, fragte ich.

      »Nein, wir haben eine Katze.«

      »Wie wär’s, wenn wir uns Dakota teilen, solange du hier bist?«

      »Okay«, sagte sie und strahlte.

      Dakota stellte sich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf Lindas Bett. Für mich war das Ganze noch neu und so war ich nicht sicher, was ich tun sollte. Ich nahm ihn etwas fester an der Leine, damit er ihr nicht zu nahe