50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss. Reinhard M. Czar

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Название 50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss
Автор произведения Reinhard M. Czar
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783990404089



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Wasserfall

      Über steile Stufen, teils „natürlich“ von den Wurzeln zahlreicher Bäume geschaffen, großteils aber künstlich in Form von hölzernen Leitern und Stegen, einmal auch als eine in den Wald betonierte Stiege, kann man den Wasserfall entlang in die Höhe steigen. Immer wieder spritzt uns die Gischt ins Gesicht, nachdem wir am Willkommensgruß vorbeimarschiert sind:

      „Freudig tosend stürz ich zu Tal

      Und grüße Euch alle viel tausendmal“

      So steht es ein wenig holprig auf einer Tafel geschrieben, die an einem der mächtigen Felsen befestigt wurde, von denen das senkrechte Bachbett begrenzt wird. Mehr als 100 Jahre empfängt der Günster Wasserfall seine Besucher nun schon auf ausgesprochen freundliche Art und Weise – sprich mit den genannten künstlichen Aufstiegshilfen versehen, die es erst ermöglichen, in unmittelbarer Nähe des Wassers zu seinem Ursprung hinaufzusteigen. 1959 wurde ihm das Prädikat Naturdenkmal verliehen, auch um ihn vor der Nutzung zur Elektrizitätsgewinnung und damit wohl vor der Zerstörung zu schützen.

      Wie findet man den längsten steirischen Wasserfall nun? Bester Ausgangspunkt ist der Hirschenwirt in Schöder, der im Zentrum der kleinen Gemeinde an der Südseite der Niederen Tauern nicht zu verfehlen ist. Von diesem traditionsreichen Gasthaus aus fährt man die Straße Richtung Krakaudorf entlang, um nach rund 3 Kilometern zur erwähnten Abzweigung mit den Hinweistafeln zu gelangen. Wer beim Marsch entlang des Günster Wasserfalls so richtig auf den Geschmack nach Abkühlung gekommen ist, der möge danach nochmals rund 3 Kilometer nach Krakaudorf weiterfahren, wo ein naturbelassener Badesee, eingebettet in das wunderschöne Hochplateau der Krakau, zu einem Sprung in die Fluten einlädt.

      Der Hirschenwirt selbst verdient übrigens ebenfalls aus mehrerlei Sicht Erwähnung. Zum einen kam er zu TV-Ehren. In der Fernsehserie „Die Leute von St. Benedikt“, die im Jahr 1993 über die Bildschirme flimmerte, war der gemütliche Gasthof das gleichnamige Wirtshaus im Film. Noch heute erinnern daran eine Tafel an der Hauswand und das St.-Benedikt-Schnitzerl in der Speisekarte. Zum anderen schlägt sich der Hirschenwirt tapfer im inoffiziellen Wettbewerb um den Titel des ältesten steirischen Gasthauses. Bereits im Jahr 1423, so entnimmt man der Hauschronik, wurde er im Lehensbuch der Liechtensteiner, die damals Herren auf Burg Murau waren, als „taver gelegen ze Schedern“, also Taverne, gelegen in Schöder, erwähnt. Neben dieser offiziellen Lesart gibt es noch eine weitere, erklärte uns Wirt Anton Petzl: Bereits auf einer noch älteren Skizze sei an der Stelle des Hirschenwirts eine Taverne eingezeichnet, urkundliche Erwähnung sei das allerdings natürlich keine. Und so gebührt der Titel der „ältesten steirischen Gaststätte“ dem Gasthaus Winter in Bodendorf mit einer nachweisbaren Geschichte ab dem Jahr 1040 – vom Hirschenwirt in Schöder gerade einmal 20 Kilometer entfernt. Das obere Murtal war offensichtlich immer schon eine besonders gastliche Gegend …

      Der Günster Wasserfall liegt am Rande der Krakau. Dieses romantische Hochtal auf mehr als 1000 Metern Seehöhe erreicht man von der Murtalstraße B96 entweder über Schöder oder auch ab Murau. Circa auf halber Strecke zwischen Schöder und Krakaudorf befindet sich der Günster Wasserfall und dieser ist bereits ab Schöder gut ausgeschildert.

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      KLAMMHEIMLICH

      Die Raabklamm

      Dort, wo man es eigentlich nicht erwarten würde, am Übergang des Berglandes in die oststeirische Hügellandschaft, fließt die Raab durch die längste Klamm Österreichs.

      Klammheimlich und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat sich die Raabklamm einen beachtlichen Rekord gesichert: Sie ist die längste Klamm Österreichs. Und das an einer Stelle der Steiermark, wo das zerklüftete wilde Bergland bereits der sanfteren Hügellandschaft der Oststeiermark zu weichen beginnt. Der Längenrekord mag kaum jemandem in der Steiermark bekannt sein, man wird sich seiner allerdings bald bewusst, wenn man die gesamte Klamm durchschreiten will. Dies dauert allein für die sogenannte Große Raabklamm von Arzberg bis zum Gasthaus Jägerwirt in Mortantsch gute dreieinhalb Stunden oder auch mehr – in eine Richtung, ohne Rückmarsch wohlgemerkt. 10 Kilometer ist allein dieser Weg lang (für alle, die nicht hin und retour gehen wollen, wurden Rückholmöglichkeiten mittels Taxi eingerichtet).

      Für die Große Raabklamm wird Trittsicherheit empfohlen, nicht ohne Grund, denn an manchen Stellen geht es über steiniges Terrain, gelegentlich helfen Seile zum Festhalten dabei, Engstellen zu passieren. Und wenn es kurz vorher geregnet hat, dann sind nicht nur die Steine glitschig, sondern laden auch die Wurzeln der unzähligen Bäume zur unfreiwilligen Rutschpartie ein. Schon in einem Reiseführer aus dem Jahr 1931 wurden vor allem die weiblichen Besucher der Klamm ausdrücklich gewarnt: „Für schreckhafte Damen ist der Weg nicht geeignet, denn wohl zehnmal muss man die junge, schäumende Raab auf hohen, schwankenden Brückenstegen überqueren.“ Ob heute die Damen weniger schreckhaft sind oder der Weg besucherfreundlicher gestaltet wurde, sei dahingestellt. Auf jeden Fall finden sich genug Damen und auch viele Kinder, die die Raabklamm mutig durchschreiten. Während der erste Teil der Klamm (aus Richtung Arzberg) eher felsiger Natur ist, präsentiert sich der untere Teil von au- und hochwaldähnlichem Charakter. Einmal geht es direkt die Raab entlang, dann steigt man wieder an den Abhängen der Klamm hoch hinauf und erahnt vom Weg aus die Raab nur mehr tief unten als ein im Waldesdunkel fast verborgenes Bächlein.

      Einmal abgesehen von gelegentlichen Hochwässern, die in der Vergangenheit mehrmals das Zeug dazu hatten, die Klamm zu verwüsten und die Wege zu zerstören, zeigt sich die Große Raabklamm heute weitgehend friedlich, wenngleich wie gesagt ziemlich lang. Da es aber unterwegs einige Einstiegsmöglichkeiten in das enge Tal der Großen Raabklamm gibt, kann man sich die Leistung, in der längsten Klamm des Landes marschiert zu sein, auch in kürzerer Zeit auf die Fahnen heften. Man wählt einfach einen Teilabschnitt! Ab dem Jägerwirt erstreckt sich in weiterer Folge die Kleine Raabklamm bis Mitterdorf an der Raab. Sie ist um einiges kürzer, leistet mit 7 Kilometern aber immer noch einen beträchtlichen Beitrag zur Gesamtlänge der Raabklamm von insgesamt 17 Kilometern. Beide Varianten – ob Große oder Kleine Raabklamm – können in beide Richtungen gegangen werden. Beginnt man mit der Großen Raabklamm allerdings in Arzberg bzw. mit der Kleinen Raabklamm in Mortantsch, genießt man einen Startvorteil: man wandert flussabwärts …

      Im Jahr 1970 wurde die Raabklamm zum Naturschutzgebiet erklärt. In ihr fühlen sich nämlich nicht nur Menschen wohl, sie stellt auch so etwas wie eines der letzten Paradiese für allerlei vom Aussterben bedrohtes Getier dar. Genauso haben einige seltene Pflanzen hier ein Rückzugsgebiet gefunden. Und die unzähligen Höhlen entlang des Weges schätzen die ebenfalls selten gewordenen Fledermäuse. Die Höhlen nicht zu betreten ist also nicht nur eine Frage von Anstand und Vernunft, sondern auch verboten. Für Höhlenforscher gibt es allerdings im Umfeld der Raabklamm dennoch viel zu tun: Mit Grasslhöhle und Katerloch warten zwei Tropfsteinhöhlen auf Entdecker. Diese beiden sind ebenfalls Rekordhalter: Österreichs tropfsteinreichste Schauhöhle angeblich die eine, die andere die älteste Schauhöhle des Landes.

      Ab Gasthaus Jägerwirt in Mortantsch oder ab Arzberg dem Weg 765 folgen, der direkt durch die Große Raabklamm führt.

       www.raabklamm.at

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