Die Schuhleiche. Michael Schlinck

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Название Die Schuhleiche
Автор произведения Michael Schlinck
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783960085027



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wende ich mich an meine Kollegin: „Laura, melde du uns bitte bei der Spedition an. Dann fahren wir beide nach Godramstein und versuchen herauszufinden, wie die Leiche in die Kiste auf der Palette kam.“

      „Schau mal da“, meldet sich Timo, der damit beschäftigt ist, einen Computer auf das Protokoll vorzubereiten.

      „Was hast du denn? Haben die Kollegen der Schutzpolizei den Bundesinnenminister als Hintergrundbild auf ihrem Bildschirm?“, versuche ich einen Witz zu machen.

      „Nee, aber ich sehe, dass die Kollegen in Annweiler heute Früh schon eine Vermisstenanzeige aufgenommen haben.“

      Jetzt ist meine Neugier geweckt. Schon stehe ich hinter Timo und überfliege die Anzeige, die er auf dem Bildschirm hat. Peter Wagner, männlich, 52 Jahre, römisch-katholisch, verheiratet, ohne Kinder, im Ruhestand, Ortsvorstand von Annweiler-Gräfenhausen, steht in der Kurzbeschreibung.

      „Das könnte unser Mann sein“, meine ich. Das Alter würde ja passen.

      Lara, die gerade ein Telefonat beendet hat, kommt auch zu uns zum Monitor. „Die Geschäftsführer der Spedition Bock können uns leider erst nach 10 : 00 Uhr empfangen, da sie noch auf einem Außerhaustermin sind“, informiert sie uns.

      „Kein Problem“, sag ich. „Wir fahren trotzdem gleich los und schauen in der Annweilerer Inspektion vorbei. Mit etwas Glück können wir dort unsere Leiche identifizieren.“

      Ich schnappe mir meine Jacke und Lara, wie soll es auch anders sein, kontrolliert das Magazin ihrer Dienstwaffe. Eigentlich ist in unserem Job das Tragen einer Waffe und einer geschossabweisenden Weste Vorschrift. Aber ich mag das Zeug nicht mit mir herumtragen. Zudem ist meine Waffe oben in Schrank eingeschlossen und da will ich wirklich jetzt nicht mehr hochlaufen.

      Im Hof fällt mir erst jetzt der alte, verbeulte Kombi mit der Aufschrift „Willi Schnutz Hausmeisterei aller Art“ auf. Und just in dem Moment schüttet ein mir bekannter Arbeiter zwei Eimer Bauschutt, die sicher aus meinem Büro stammen, in den offenen Kofferraum.

      „Isch des alles aus meim Büro (Mag es den Tatsachen entsprechen, dass der Inhalt der beiden Eimer bisher Bestandteile meiner Arbeitsstätte waren)?“, rede ich ihn an.

      „Hä??? (Entschuldigen Sie, Ihre Ansprache hat mich dermaßen überrascht, dass ich den Inhalt Ihrer Frage gar nicht wahrgenommen habe)“, entgegnet er.

      „Kumm loss (Ich bin leider etwas unter Zeitdruck. Deshalb werde ich mich später nach den Fortschritten Ihrer Arbeit erkundigen)!“

      Ohne weitere Konversation wende ich mich ab und gehe zu meinem Dienstwagen.

      Um diese Zeit ist es ein Leichtes, Landau zu verlassen. Reinzukommen ist deutlich schwerer, da der ganze Berufsverkehr in Richtung Innenstadt rollt.

      Wir haben von der Wache aus innerhalb von fünf Minuten die B10 erreicht und stellen weitere zehn Minuten später den Mini in Annweiler vor der dortigen Wache ab.

      Am Infoschalter beim Eingang sitzt Karlheinz Müller. Mit ihm war ich früher, als ich noch als Schutzpolizist eingesetzt war, regelmäßig auf Streife. Unzählige Nachtdienste haben wir zusammen verbracht. Mit unseren gemeinsamen Erlebnissen könnten wir Bücher füllen.

      „Servus, Kalle, wie geht es dir?“, begrüße ich meinen Kollegen aus alten Tagen.

      „Ach nee, der Didi. Was treibt dich denn zu uns in die Provinz?“, lacht er mich an.

      „Dienstlich, Kalle. Dienstlich. Wir haben gestern in Hauenstein eine männliche Leiche gefunden. Jetzt hab ich heute Morgen gesehen, dass ihr eine männliche Person vermisst. Wenn ich eins und eins zusammenzähle, könnte das doch zusammenpassen.“

      „Kommt erst einmal rein“, sagt Karlheinz und drückt auf den Türöffner. Nachdem wir die Eingangstür passiert haben, trennt uns nur noch ein hoher Tresen von ihm.

      „Nur herein in die gute Stube“, lädt uns der große, vollbärtige Mann ein und zeigt dabei auf die Schwingtür, die in den Tresen integriert ist. Gerne nehmen wir das Angebot an und sitzen wenig später in dem geräumigen, hellen und freundlichen Büro.

      „Lass mich noch schnell Kaffee holen, dann können wir in Ruhe reden“, sagt Karlheinz und verschwindet hinter einer Tür.

      Jetzt scheint dieser Morgen nun doch eine Wende zum Guten zu nehmen. Ein gemütlicher Plausch mit einem ehemaligen Kollegen. Dazu eine schöne Tasse Kaffee. Ach, wie wohl ich mich doch fühle. Karlheinz hat an alles gedacht. Auf seinem Tablett ist alles, was mein Herz begehrt: dampfender Kaffee, Milch, Zucker und sogar eine ganze Schüssel Gebäck.

      „Sag mal, Didi, liest du eigentlich deine E-Mails?“, fragt er zu meiner Verwunderung.

      „Heute noch nicht. Du musst wissen, dass ich einen Handwerker im Büro habe, um mein Internet zu richten“, sag ich, während ich mir einen Kaffee eingieße.

      „Deshalb weißt du nicht, dass deine Leiche unsere vermisste Person ist? Er wurde auf der Pathologie identifiziert.“

      Haben die wirklich schneller gearbeitet als ich? „Wie haben die das herausgefunden?“ Jetzt bin ich schon neugierig.

      „Na, sagen wir mal, dass sie eins und eins zusammengezählt haben. Als sie heute Morgen die Leiche obduzieren wollten, haben sie in der Kleidung sein Handy gefunden. Also hat der Arzt einfach ein Ladegerät angeschlossen und sich selbst angerufen. Mit der Rückwärtssuche im Internet kam er auf Peter Wagner.“

      Schei … Das Telefon. Jetzt ist wieder so ein Moment, in dem ich sämtliche Kontrolle über meinen Körper verloren habe. Meine Kinnlade hängt so tief, dass mein Gegenüber ohne Anstrengung die gesamte Arbeit meines Zahnarztes in Ruhe begutachten kann. Kann man so blöd sein wie ich? Da erzählt mir noch der Wachmann, dass der Warnton des schwachen Akkus ihn erst auf die Leiche aufmerksam gemacht hat, und ich komm nicht auf so eine simple Idee, den Akku zu laden. Jetzt bin ich mir ganz sicher, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann! Erst der Chaot in meinem Büro, der sich Handwerker schimpft, und nun bin ich noch blamiert bis auf die Knochen. Insgeheim wünsche ich mir, dass sich eine Grube auftut, in der ich versinken kann.

      „Mach dir nichts daraus“, tröstet mich mein ehemaliger Kollege, „wir haben doch alle schon mal was übersehen.“

      „Ist die Identität schon bestätigt?“, versuche ich leise meine Sprache wiederzufinden.

      „Meine Kollegen sind gerade mit Frau Wagner auf dem Weg in die Pathologie“, sagt Karlheinz.

      „Wann kann ich mit ihr reden?“ So langsam erholt sich meine Stimme.

      „Ich denke, dass sie am Nachmittag wieder zu Hause sein wird. Ich habe heute Morgen die Vermisstenanzeige aufgenommen. Ich hab sie hier, wenn du sie lesen willst.“

      Klar will ich das. Viel steht nicht drin, aber was drinsteht, macht mich neugierig. „Hier steht, dass Frau Wagner ihren Mann vor über einer Woche zum letzten Mal gesehen hat. Warum meldet sie ihn dann jetzt erst vermisst?“

      „Weil sie mal wieder die ganze Woche bei ihrer Mutter war. Es ist, nein besser, es war so, dass es Peter Wagner mit der Treue nicht so genau nahm. Und jedes Mal, wenn er nachts nicht nach Hause kam, packte seine Frau ihren Koffer und ging zu ihrer Mutter. Spätestens zwei bis drei Tage später stand er dann vor ihrer Tür und bekniete sie, wieder nach Hause zu kommen. Dieses Mal war es anders. Er kam nicht. Dann ist sie eben in das gemeinsame Haus, um nachzuschauen. Als sie dann sah, dass seit letztem Montag weder der Briefkasten geleert noch der Anrufbeantworter abgehört wurde, bekam sie es mit der Angst zu tun und hat bei uns eine Anzeige erstattet. Den Rest kennst du ja.“

      „Was muss ich über Peter Wagner wissen?“, interessiert mich als Nächstes, während Laras Handy einen Gong von sich gibt. Sie drückt darauf herum und liest dann angestrengt etwas auf dem Display.

      „Also, er war Ortsvorsteher von Gräfenhausen. Da Gräfenhausen eigentlich ein Stadtteil von Annweiler ist, nannte sich