Die Kolonie Tongalen. Chris Vandoni

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Название Die Kolonie Tongalen
Автор произведения Chris Vandoni
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783939043652



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jungen Frau zusammen, die gerade um eine Ecke bog.

      »Oh, entschuldigen Sie«, sagte sie verlegen und sah Christopher lächelnd an.

      »Ich habe mich zu entschuldigen«, antwortete er nicht minder verlegen, während er sie musterte. Sie war ungefähr einen Meter siebzig groß und schlank, ja sogar ziemlich dünn und hatte ein schmales Gesicht, das von schwarzen, fast kurzen, leicht gelockten Haaren umrahmt wurde, und aus dem ihn ein Paar strahlend blaue Augen spitzbübisch entgegenblickten. Das breite Lächeln gab ihre makellosen Zähne preis. Am rechten Ohr steckten drei und am linken zwei kleine Ohrringe. »Wenn ich mich nicht so gedankenverloren und schnell fortbewegt hätte, wäre das bestimmt nicht passiert.

      »Ach was, Sie konnten ja nicht ahnen, dass ich in dem Moment um die Ecke biegen würde.«

      »Trotzdem, hätte ich besser aufgepasst, wäre der Zusammenstoß zu vermeiden gewesen.«

      »Wir können natürlich noch weiter über die Gründe dieses kleinen Unfalls diskutieren und darüber rätseln, wer daran schuld ist, oder …«, sagte sie und sah ihn schelmisch an.

      »Oder was?«, fragte er scheinbar nichts ahnend und grinste leicht.

      »Oder ich könnte Ihnen in der Bar als Wiedergutmachung einen Drink spendieren.«

      »Kommt gar nicht in Frage«, antwortete er mit gespielter Empörung. »Wenn jemand etwas spendiert, dann bin ich es.«

      »Dann sind wir ja wieder gleich weit wie vorher. Am besten gehen wir einfach rein und jeder bezahlt seinen Drink selbst.«

      »Das ist wirklich die beste Lösung«, antwortete Christopher lachend.

      Sie drehte sich um und betrat mit entschlossenen Schritten das Lokal, ließ die Theke gleich links liegen und begab sich in den hinteren Teil der Bar. Dort setzte sie sich an ein Tischchen in einer Nische, etwas abseits vom allgemeinen Geschehen. Christopher folgte ihr und setzte sich ihr gegenüber in den Sessel.

      Es dauerte nicht lange, bis ein androider Kellner neben ihnen stand und sie nach den Getränkewünschen fragte. Sie bestellten beide jeweils ein Glas Champagner.

      »Wohnen Sie in diesem Hotel?«, fragte Christopher, als ihm nichts Besseres einfiel, womit er ein Gespräch beginnen konnte.

      »Nein, ich hatte mich hier mit jemandem getroffen und wollte gerade wieder gehen«, antwortete sie etwas ärgerlich.

      »Scheint nicht gerade eine erfreuliche Begegnung gewesen zu sein.«

      »Da haben Sie allerdings recht.«

      »Ach übrigens, mein Name ist Vanelli. Christopher Vanelli. Aber Sie können mich auch einfach Christopher nennen. Ich bin nicht so für Förmlichkeiten.«

      »Freut mich, ich bin Michelle Evans. Meine Freunde nennen mich einfach Mickie.«

      »Ist mir auch ein Vergnügen, Mickie«, antwortete Christopher und streckte ihr die Hand entgegen.

      Sie drückte sie bereitwillig. Christopher spürte die Wärme, die ihre schlanke Hand und ihre dünnen Finger ausstrahlten.

      »Und? Wohnst du denn in diesem Hotel?«, fragte sie darauf.

      »Eigentlich nur für diese eine Nacht. Ich habe mich mit zwei Freunden, die gleichzeitig auch meine Arbeitskollegen sind, und unserem Vermittler zu einer Besprechung getroffen.«

      »In einem Hotel?«, fragte sie erstaunt. »Ich dachte, so was tut man in einem Büro oder Arbeitsraum.«

      »Wir haben eigentlich keine Arbeitsräume oder Büros in diesem Sinn, da wir dauernd unterwegs sind. Die administrativen Angelegenheiten erledigt unser Vermittler.«

      Christopher hoffte, dass sie ihn nicht weiter über seine Arbeit ausfragen würde, denn er war sich darüber im Klaren, dass er mit Fremden nicht über ihre Aufträge sprechen durfte. Gerade für den Auftrag von Norris & Roach mussten sie sich zu Verschwiegenheit verpflichten. Trotzdem wollte er auf keinen Fall die angenehme Stimmung trüben.

      »Wohnst du in Geneva?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.

      »Ja, seit gut drei Jahren. Aber mein Französisch hat sich in der Zeit nicht viel verbessert. Zum Glück verstehen die meisten auch Deutsch, Englisch und Unilingua.«

      Unilingua hatte sich in den letzten Generationen zu einer Art Weltsprache entwickelt, die dem britischen Englisch am nächsten stand, jedoch auch einige germanische, romanische und fernöstliche Einflüsse aufwies. Unilingua galt in allen irdischen Kolonien als offizielle Umgangs- und Amtssprache.

      »Stimmt, mit Unilingua kommt man tatsächlich überall weiter. Ich war in meinem Leben bisher immer ziemlich sprachfaul. Nebst Unilingua hab ich andere Sprachen so nach und nach gelernt, weil es für meinen Job manchmal unerlässlich war. Aber natürlich nicht in vollem Umfang.«

      Er hätte sich auf die Zunge beißen können, dass er seinen Job angesprochen hatte, wo er sich doch solche Mühe gegeben hatte, davon abzulenken.

      »Was ist dein Job?«, fragte sie sogleich und lächelte.

      »Ich bin Mitglied eines Transportunternehmens«, antwortete er scheinbar gelangweilt. »Nichts Spektakuläres.«

      »Was transportiert ihr denn so?« Sie ließ nicht locker.

      Er hätte sich die Haare raufen können, ließ sich jedoch nichts anmerken.

      »Dieses und jenes. Verschiedene Sachen. Was unsere Kunden halt transportiert haben möchten«, antwortete er so gelassen wie möglich.

      »Aha, klingt furchtbar langweilig.«

      »Von irgendetwas muss man leben.«

      »Da hast du auch wieder recht.«

      »Was machst du so?«

      »Ich arbeite als Laborassistentin in einem großen Pharmakonzern«, antwortete sie missmutig.

      »Klingt aber nicht gerade begeistert?«

      »Ich hatte gerade großen Ärger.«

      »Das tut mir leid.«

      »Mir nicht, ich würde am liebsten kündigen.«

      »Warum das denn?«, fragte Christopher und war froh, dass das Gespräch eine andere Wendung nahm.

      »Darüber möchte ich jetzt lieber nicht reden«, antwortete sie leicht gereizt.

      »Okay.«

      »Entschuldige, wenn ich etwas verärgert bin, du kannst ja nichts dafür.«

      »Ist schon gut.«

      »Wie viele seid ihr denn in eurem Transportunternehmen?«, fragte sie und lächelte erneut.

      »Zu dritt«, antwortete er und freute sich, dass sich ihre Stimmung wieder gebessert hatte. Weniger freute es ihn jedoch, dass das Gesprächsthema erneut bei seinem Job gelandet war. »Da ist unser Senior, für uns so etwas wie ein Vater. Er heißt Ernest und ist hundertneunundzwanzig Jahre alt.«

      »Wahnsinn!« Sie blickte ihn mit großen Augen an. »Das ist doch fast nicht möglich.«

      »Das Erstaunliche daran ist, er sieht nicht älter aus als siebzig und ist gesund und topfit.«

      »Das ist tatsächlich sehr erstaunlich. Gibt es eine Erklärung dafür?«

      »Die gibt es bestimmt, aber weder Ärzte noch Wissenschaftler haben den Grund dafür gefunden. Um ihn ranken sich einige Gerüchte, aber ich habe keine Ahnung, ob davon etwas wahr ist.«

      »Was sind das denn für Gerüchte?«

      »Einerseits sagt man, es könnte etwas mit Strahlungen aus irgendeiner Region des Weltraums zu tun haben. Andererseits wurde schon gemunkelt, er sei vor vielen Jahren von Außerirdischen entführt worden.«

      Sie lachte kurz auf. »Das ist nun wirklich ein Klischee, das man schon seit beinahe Jahrhunderten kennt. In der Vergangenheit haben schon viele Menschen genau das von sich behauptet, aber niemand