Der Weg zur Energiewende. Fritz Dieter Erbslöh

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Название Der Weg zur Energiewende
Автор произведения Fritz Dieter Erbslöh
Жанр Математика
Серия
Издательство Математика
Год выпуска 0
isbn 9783816900382



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aus ihrer Sicht historisches Energie- und Klimaprogramm geschnürt.

      Mit dem beschlossenen Paket verdoppelte Deutschland den bisherigen Klimaschutz: 2007 stand die Bundesrepublik bei einer Treibhausgasreduktion von etwa 18 % gegenüber 1990, mit dem Programm sollten etwa 36 % erreicht werden. Damit konnte ein Minderungsziel von 40 % bis 2020 festgeschrieben werden.

      Im Energiekonzept aus dem Jahr 2010 wurde dieses Ziel durch einen „Entwicklungspfad“ ersetzt:

2020 - 40 %
2030 - 55 %
2040 - 70%
2050 - 80 – 95%

      Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch sollte betragen:

2020 18%
2030 30%
2040 45%
2050 60%

      und der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch:

2020 35 %
2030 50 %
2040 65 %
2050 80 %7

      Diese Ziele wurden auch im Jahr 2014 im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 der Bundesregierung wiederholt und im Jahr 2016, dem Jahr nach dem Abkommen von Paris, im Klimaschutzplan 2050 festgeschrieben und mit Maßnahmen hinterlegt, s. auch Kap. 8, Politik der (deutschen) Energiewende.

      In Deutschland wurden von der Industrie große Anstrengungen unternommen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. So gelang es Im Zeitraum 1990‒2015, die CO2-Emissionen insgesamt um 22,4 % zu reduzieren. Das muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Emissionen weltweit im gleichen Zeitraum um rund 57,5 % zugenommen haben. Einschränkend kommt allerdings hinzu, dass seit 2011 die Emissionen in Deutschland stagnierten, teilweise sogar leicht wieder angestiegen sind. Erst im Jahr 2018 gab es wieder eine nennenswerte Reduktion, s. Abb. 5‑17.

      Im Klimaschutzbericht 2017 vom 18. Juni 2018 musste dann die Bundesregierung bekannt geben, dass die deutschen Treibhaus-Emissionen bis 2020 nur einen Rückgang von rd. 32 % aufweisen werden. Die Bundesregierung ging damit davon aus, dass Deutschland seine eigenen Klimaschutzziele für 2020 verfehlen wird, was in der nationalen wie der internationalen Öffentlichkeit zu hämischen bis böswilligen Kommentaren führte. Denn das frühere Musterland Deutschland war nun nicht mehr Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Im Ranking des Umweltschutz-Verbandes CAN Europe vom Juni 2018 fiel Deutschland sogar weltweit auf Platz 27 zurück, s. Abb. 5‑18.

      Abb. 5‑17:

      Treibhausgasemissionen für Deutschland seit 1990, gestaffelt nach Bereichen: bei Trendfortsetzung werden die Ziele verfehlt; Quelle: Umweltbundesamt 2019

      Als Grund für das Nichterreichen des Ziels wurden mehrere Faktoren benannt: das mit der guten Konjunktur verbundene Wirtschaftswachstum, der Verkehrssektor mit seinem stark zunehmenden Anteil PS-starker Fahrzeuge (SUV), die zu langsame Umsetzung der energetischen Gebäudesanierung.

      Abb. 5‑18:

      Das in der Klimakonferenz von 2018 in Kattowitz vorgeführte Klimaranking führt Deutschland nur auf Platz 27; Quelle: CAN Europe

      Die Prognosen der Bundesregierung wurden allerdings von der Realität überholt: nach ersten deutlichen Reduktionen in 2017 und 2018 kam es im Jahr 2019 zu einer Minderung von 6, 9 %. Neuere Übersichten über die THG-Emissionen geben damit ein anderes Bild, s. Abb. 5‑19.

      Hinzu kam 2020 die Auswirkung der Covid 19-Pandemie, deren Beginn für Deutschland mit Februar 2020 anzusetzen ist, und die national wie auch international wegen der deutlich abnehmenden Wirtschaftsleistung eine neue und ganz unerwartete Wendung brachte. Inzwischen ist davon auszugehen, dass das deutsche Minderungsziel von -40 % mit -42,3 % sogar übererfüllt wird (Stand Jahreswende 2020/2021).8 Kritische Kommentare prognostizieren allerdings einen deutlichen Wiederanstieg der Emissionen nach der für das zweite Hj. 2021 erwarteten wirtschaftlichen Erholung.

      Ein Meilenstein des Pariser Abkommens war, dass es auch von China und den USA ratifiziert wurde. Für die USA galt dies jedoch nur temporär: Im Juni 2018 verkündete Präsident TRUMP, dass die USA 2020 den Klimavertrag verlassen würden. Hintergrund für diesen Sinneswandel war, dass die amerikanische Industrie nach dem Motto „America first“ von jeder Belastung freigehalten werden sollte, um so zu alter Stärke zurückzufinden. Es ist jedoch zu erwarten, dass sein im November 2020 gewählter Nachfolger J. BIDEN den seit dem 4. November 2020 rechtlich wirksamen Austritt wieder rückgängig machen wird.

      Im Dezember des gleichen Jahres 2018 wurde schließlich auf der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz (COP 24) das sogenannte Regelbuch verabschiedet, nach dem die Klimaziele von Paris erreicht werden sollten. U. a. wurden hierin für alle Staaten einheitliche Standards und Transparenzregeln vereinbart, damit die Fortschritte bei der Verringerung der CO2-Ausstöße vergleichbar sind. Für Länder des Globalen Südens gilt eine Übergangszeit, in der sie die technischen Voraussetzungen dafür schaffen können.

      Abb. 5‑19:

      Übersicht über die Entwicklung der THG-Emissionen in Deutschland nach Stand Sept. 2020, mit Ausblick auf 2-Grad-Scenario; Quelle: BKW Jahresausgabe 2020, S.64

      Die Übereinkunft von Paris 2015 lief darauf hinaus, dass die 195 Staaten der Welt alles tun wollen, um den Anstieg der Oberflächentemperatur zu begrenzen. Was dort und später als freiwillige Zusagen angekündigt wurde, ist hierfür keinesfalls ausreichend, was auch kaum jemand bestreitet. Genaues wird man wissen, wenn nach 5 Jahren Umsetzung der erste Rechenschaftsbericht verfügbar ist und diskutiert wird. Zwar haben im September 2019 am Rande der UN-Vollversammlung 68 kleinere und mittlere Staaten weitere Zusagen angekündigt, jedoch ist darunter keiner der großen Emittenten. Der Austritt der USA aus dem Abkommen belastet zusätzlich, sodass die Skepsis zunimmt.

      Das Thema insgesamt sollte die COP 25 beschäftigen, die als UN-Klimakonferenz vom 2. −16. Dezember 2019 in Madrid stattfand. Sie gilt nach den vorliegenden Berichten als misslungen, wenn nicht gar gescheitert. Dass Deutschland hier die gerade vom Kabinett verabschiedeten Klimagesetze 2019 vorstellen konnte, war einer der wenigen Lichtblicke. Auch die EU will hier Profil gewinnen. Sie hatte bisher zugesagt, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 gegenüber 1990 um 40 % zu reduzieren. Die neue Kommissionspräsidentin U. VON DER LEYEN hat sich im Nachgang zur Konferenz für minus 50 bis 55 % ausgesprochen, die sie mit hohen Etatansätzen und einem „Green Deal“ zwischen den beteiligten Regierungen erreichen möchte, s. auch Kap. 8, Die (deutsche) Energiewende.

      Auch hier hat Covid-19 neue Akzente gesetzt. Nachdem die Pandemie zunächst dafür sorgte, dass die Klimathemen weitgehend aus dem Blick der Öffentlichkeit gerieten und von der Tagesordnung der Politik verschwanden, sind mit der Verabschiedung der umfangreichen nationalen und europäischen Hilfsprogramme und deren zumindest partieller Ausrichtung auf den Klimaschutz wieder neue Impulse zu beobachten.

      Covid-19 traf auch die für Glasgow vorgesehene UN-Klimakonferenz 2020. Sie sollte der kritischen Auseinandersetzung mit den im Pariser Abkommen vereinbarten Zielen und den erreichten Fortschritten dienen. Sie wurde vorläufig auf das Jahr 2021 verschoben.

      6 Handlungsoptionen

      Die Aussagen