Calisthenics X Mobility 2.0. Monique König

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Название Calisthenics X Mobility 2.0
Автор произведения Monique König
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783840337536



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lasse mich kurz klarstellen, dass du keine Turnerbrücke, keine Kniebeuge und keinen Spagat können musst, um fortgeschritten zu sein. All das wirst du ja erst in diesem Buch lernen.

      Da diese „Skills” jedoch Zeit, Geduld und Mühen brauchen, solltest du bereits wissen, was Mobility ist. Du solltest dich regelmäßig mit deinem Körper und deiner Beweglichkeit auseinandersetzen. Du solltest Gewohnheiten eingerichtet haben, die es dir erlauben, das, was du in diesem Buch lernen wirst, direkt in die Tat umsetzen zu können.

      Fortgeschritten ist man dann, wenn man nicht mehr jammert, dass man keine Zeit habe, dass man doch ein steifer Bock sei und nie beweglich sein würde und dass du alle diese selbstlimitierenden Gedanken abgelegt hast. Diese halten dich nur auf, deinen Zielen näherzukommen.

      Fühlst du dich gerade ein bisschen ertappt, denke an Folgendes:

      Die meisten von uns sind in einer Zeit groß geworden, in der auch der Letzte beim Wettkampf eine Medaille bekommen hat. Absoluter Nonsense, unsere Weichspül- und Gleichstellungsgesellschaft. Du wirst keine Medaille bekommen dafür, dass du an deiner Beweglichkeit arbeitest. Das ist reiner Selbstzweck. Du machst das, damit du besser wirst. Und besser zu werden, heißt, dafür zu arbeiten, auch wenn keiner an der Seite steht und applaudiert. Demnach wird auch keiner die Ausreden hören, die du dir selbst die ganze Zeit erzählst. Also entscheide dich hier und jetzt, ob es dir wichtig genug ist, die Kniebeuge, den Spagat, den Handstand oder den Muscle-up zu lernen und bleibe bei der Entscheidung. Wer eine Entscheidung gefällt hat, wird einen Weg finden. Die Zweifler sind es, die ständig nur nach Ausreden suchen, weil sie sich nicht einer Sache vollends verschreiben.

      Wenn ich als ehemaliger Fußballer und König der Unbeweglichkeit es geschafft habe, beweglicher zu werden, kannst du es auch schaffen. Ich will nicht wie ein YouTube®-Motivationsredner klingen, von dem alle Phrasen gleich abgedroschen klingen. Doch steckt hinter solchen Platitüden eine Menge Wahrheit. Wenn ich einen Vorteil hatte, der es mir einfach gemacht hat, dass ich dieses Ziel erreicht habe, dann ist es mein Ehrgeiz. Was mich wieder auf den ersten Punkt kommen lässt: Zeit, Geduld und Fleiß, weil du es willst!

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       What is the difference between an amateur and a pro? They make hard things look easy! (Einen Profi erkennst du daran, dass er schwierige Dinge leicht aussehen lässt!)

      Du bist fortgeschritten, wenn du dir selbst nicht mehr im Weg stehst, sondern deinen Weg gehst. Den Weg, der dich zu deinem Ziel bringt. Gehe ihn entschlossen und habe Freude daran, dass du ihn gehst, ich begleite dich!

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      2Lerne die Kniebeuge

      Die Mutter aller Übungen. Die Königsdisziplin. Die Ganzkörperübung, die in jedem Home-Workout zu finden ist. Die Kniebeuge wird immer als unabdingbar und notwendig beschrieben. Sie sollte in jedem Trainingsplan zu finden sein, weil sie eine der Grundübungen für einen starken Körper darstellt. Wie mit allen Generalisierungen sollte man auch hierbei wieder relativieren.

      Ich bediene mich des Konzepts der Kniebeuge und des Spagats, um dir die relevanten Übungen für mehr Hüftbeweglichkeit und um dir gleichzeitig den Übertrag auf das Training mit dem eigenen Körper näherzubringen. Ich werde in diesem Buch also weniger auf die Ausführung der Kniebeuge mit Langhantel eingehen (hierzu gibt es bereits großartige Bücher, z. B. von Pürzel und Pürzel).

      2.1DIE EVOLUTION DER HOCKE

      Als ich vor ca. fünf Jahren mein erstes Seminar bei Ido Portal besuchte, kam ich zum ersten Mal mit dem Thema der Hocke in Kontakt. Er erzählte davon, dass wir uns als Menschen in vielerlei Hinsicht zurückentwickelt haben. Am Beispiel der Kniebeuge wurde mir dann deutlich, was er meinte, als wir 10 Minuten lang in der Hocke zig verschiedene Übungen gemacht haben.

      Nach bereits einer Minute brannten meine Schienbeine, als wäre ich gerade 10 km gelaufen. Nach einer weiteren Minute brannten mein unterer Rücken, meine Knie und meine Sprunggelenke. Ich bin nach nicht einmal zwei Minuten in Schweiß ausgebrochen und mein ganzer Körper gab mir das Zeichen, aufzuhören.

      Natürlich durften wir nicht aufstehen und sobald man umfiel, hieß es:

       „Come back up, that’s the price you got to pay!” („Setze dich wieder auf, das ist der Preis, den du zahlen musst!”)

      Wenngleich es nicht die sinnvollste Trainingsmethode ist, komplette Anfänger von null auf hundert durch unbekannte Bewegungsmuster zu drillen, wurde mir ein Punkt mehr als deutlich. Ich durfte für mein jahrelanges einseitiges Training als Leistungsfußballer Tribut zahlen.

      2.1.1WAS DU NICHT BENUTZT, VERLIERST DU

      Manche Menschen zahlen ihn früher, manche später. Unsere Degenerationsgesellschaft ist darauf getrimmt, mit so wenig Bewegung und so viel Komfort wie möglich zu leben. Aufzüge, die eigentlich für die Menschen gedacht sind, die durch körperliche Einschränkungen darauf angewiesen sind, verkommen zum einfachen Weg für die Faulen, der Menschen näher dahin bringt, irgendwann auch auf einen Aufzug angewiesen zu sein.

      Wo wir noch als kleine Kinder im Sandkasten in der Hocke spielen, können manche Jugendliche schon keine Rolle vorwärts mehr. Die Kniebeuge ist ein perfektes Beispiel für das Verlieren von körperlichen Fähigkeiten, wenn wir diese nicht mehr benutzen.

      Der Satz „use it, or lose it” („Benutze es oder verliere es”) ist zwar sehr populär geworden durch Bücher wie Sitzen ist das neue Rauchen. Dennoch sind wir uns meistens nicht bewusst, wie groß das Ausmaß unserer Einschränkung wirklich ist, bis wir diese Fähigkeit auf einmal wieder brauchen.

      Nehmen wir die Kniebeuge als Beispiel. Die Hocke (quasi eine isometrische Kniebeuge) ist eine Bewegung, die jedes Kleinkind beherrscht. Im Kindergarten bekommen wir nette, kleine Stühlchen, damit wir am Tisch sitzen können. Dort beginnt unsere Karriere als hauptberufliche Sitzer.

      Je größer wir werden, desto seltener benutzen wir die Knie und die Hüfte, um unter die 90° zu kommen, die uns unser Stuhl vorgibt. Wir kommen im nächsten Kapitel noch darauf zu sprechen, warum wir uns als Erwachsene nicht unbedingt an Kleinkindern orientieren können, wenn es um die Hüftbeweglichkeit geht.

      Vorher schauen wir einmal kurz nach Asien oder Osteuropa. Dort ist es Usus, dass man in der Kniebeuge sitzt, wartet, auf dem Boden isst. Ido erzählte auf dem Seminar von seiner Reise nach Asien. Er saß in einem Café gegenüber von einer Bushaltestelle. Dort saß ein älterer Mann, schätzungsweise 70 Jahre alt, in einer tiefen Kniebeuge, eine Zigarette rauchend.

      In dem Dorf kam der Bus alle 30 Minuten und der Mann wartete. Er erzählte, dass der Bus nach weiteren 20 Minuten kam und als Ido wieder zum Mann sah, saß der immer noch seelenruhig in der Hocke, stand gemütlich auf und stieg in den Bus.

      Was klingt wie eine langweilige Beschreibung einer alltäglichen Situation in einem kleinen asiatischen Dorf, wird zu einer Tragikomödie, wenn man sich dieselbe Situation in Berlin vorstellt. Opa Bernd würde gar nicht erst in die Kniebeuge kommen, sondern mit seinem Rollator auf der Wartebank sitzen. Sein Enkel Tim kommt eventuell noch in die Hocke, jedoch würde er nicht mehr den Bus bekommen, wenn dieser vorfahren würde. Nachdem er 20 Minuten gewartet hat, wird Tim, im Versuch, aufzustehen, einfach der Länge nach hinten umfallen und erst mal nicht mehr hochkommen, weil seine Beine eingeschlafen sind.

      Lange Rede, kurzer Sinn, mir und auch vielen meiner Klienten ergeht es lange Zeit so. Damit du deine Lernkurve verkürzen kannst, zeige ich dir auf den folgenden Seiten, wie ich, als stocksteifer Fußballer, eine tiefe Kniebeuge gelernt habe.