Название | Die Kindermörderin. Ein Trauerspiel |
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Автор произведения | Heinrich Leopold Wagner |
Жанр | Языкознание |
Серия | Reclams Universal-Bibliothek |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783159609652 |
V. GRÖNINGSECK.
Desto besser! (sachte) für mich. (ruft ihnen nach) Soll ich die Kammermagd vorstellen? ich kann perfekt mit umgehn. –
[8]FR. HUMBRECHT.
Ey ja! das wär mir schön. Nein so eine Kammermagd wär uns viel zu vornehm.
EVCHEN.
Wir könnens ohne sie, Herr Blaurock! (schabt ihm hinterrücks der Mutter ein Rübchen, und schlägt die Thür zu.)
V. GRÖNINGSECK.
Wo führt denn dich das Donnerwetter hierher, Marianel? bist nicht mehr im Kaffehaus dort an der Eck? – das kleine Stübchen war sehr bequem –
MARIANEL.
Gar recht, daß du selbst davon anfängst, du Teufelskind – gar recht! bist mir auch noch’s Christkindel schuldig, gleich gib mirs, oder ich verrath dich. –
V. GRÖNINGSECK.
Ich – dir schuldig? hab ich dir nicht jedesmal deinen kleinen Thaler gegeben, wenn –
MARIANEL.
Ja schön allemal bezahlt! wie oft hab ich dir borgen müssen? gelt du weist es nit du Saufigel, wie er den Sonntag vor Weihnachten noch des Nachts um zwölf einen Lerm machte, als wollt er das Haus stürmen, und wie ich ihn heimlich zur Hinterthür herein ließ, und wie ich ihm Thee kochte, und wie er mich über und über bespie, und –
V. GRÖNINGSECK.
Und – und – halts Maul zum – hier sind sechs Livres du Schindaas – Aber eins must du mir zu Gefallen thun –
MARIANEL.
Alles, alles mein Kostbarle! sag! red! (will ihn liebkosen.)
V. GRÖNINGSECK
(stößt sie von sich.) Das ist heut überflüßig: wenn der Soldat Eyerweck hat, frißt er kein Kommißbrod.
MARIANEL.
Denk doch, Kostbarle bist sehr verschleckt; wirst froh seyn und von selbst wiederkommen.
V. GRÖNINGSECK.
Das denk ich auch, Narr! so bös ists nicht gemeynt! – sieh, da ist ein Päckchen das nimm, und wenn ich um Punsch ruf, so thu das Pulver, das drinn ist, ins erste Glas voll, das du auf den Tisch stellst. –
[9]MARIANEL.
Geh du zum lüftigen Teufel mit samt deinem Pulver, du tausendsakerment! willst mich die Leut vergiften machen? – meynst ich hab kein Gewissen, du Höllenhund? –
V. GRÖNINGSECK.
So hör mich doch an Marianchen! sakerment hör mich, oder – Es ist kein Gift, ein kleiner Schlaftrunk ists, wenns doch wissen willst – und hier ist noch ein großer Thaler –
MARIANEL.
Ja so! das ist was anders – so gib nur her. (Sie greift nach dem Geld, er steckts wieder ein.)
V. GRÖNINGSECK.
Hier ist das Pulver – mach deine Sachen ja klug! wenn ich fortgeh, kriegst du den großen Thaler.
MARIANEL.
Warum nicht gleich?
V. GRÖNINGSECK.
Einer Hur ist niemals zu trauen –
MARIANEL
(im Fortgehn.) Keinem Schelmen auch nicht, und wenn keine Hurenbuben wären; so gäbs lauter brave Mädels. – Darfts wohl noch schimpfen ihr – erst schnitzt ihr euch euren Herrgott, dann kreuzigt ihr ihn. –
V. GRÖNINGSECK.
Halts Maul! und thu was ich dir sagte.
MARIANEL.
’S wird einen Dreck nutzen. (ab)
V. GRÖNINGSECK.
Das ist meine Sorge! Es müßte toll hergehn, wenn ich die Alte nicht über den Gänsmist führen sollt. – (zu Evchen, die zurück kommt, die Mutter hinter drein.) So, ma chere, das ist recht, das ist schön, sehr schön! – le diable m’emporte – siehst so recht appetitlich aus! so dünn und leicht angezogen! – bist auf mein Ehr recht hübsch gewachsen, so schlank! alles so markirt! –
FR. HUMBRECHT.
Na, Herr Leutenant, wie seh denn ich aus? gelt! zum Spektakel –
V. GRÖNINGSECK
(ohne sie anzusehn.) Superb, superb! das Neglische steht ihnen recht gut.
FR. HUMBRECHT.
Ja, das sagt er so: Gedanken sind zollfrey, denkt er; – wenn nur ein Spiegel da wäre! –
V. GRÖNINGSECK.
Wie göttlich schön dir das derangirte Haar läßt, mein Liebchen! kann mich nicht satt [10]an dir sehn: – die Zöpfe so flott! (küßt sie und führt sie, den Arm um ihren Leib geschlungen, dem Tisch zu, setzen sich nebeneinander.)
FR. HUMBRECHT
(sich mittlerweil betrachtend.) Du hast fast recht, Eve, ich hätte den Domino wieder umwerfen sollen – jetzt seh ichs erst, bey der Lampe hab ichs nicht so bemerkt – mein Mantlett ist fast gar zu schmutzig.
EVCHEN.
Habs ihr ja gleich gesagt, aber da hat sie keine Ohren gehabt.
V. GRÖNINGSECK.
Es ist gut, Leutgen! ’s ist gut! Frau Humbrecht ’s ist gut, sag ich.
FR. HUMBRECHT.
Na denn! wenns nur ihnen gut genug ist, – (geht zu ihm und spielt ihm an der Epaulette) – ich hab eben gedacht, unter der Maske sieht mans ja nicht, obs rein oder schmutzig ist, und thust du ein weißes an, dacht ich, so wirds doch auch verkrumpelt.
V. GRÖNINGSECK.
Eine vortrefliche Haushälterinn, bey meiner Treu! (läßt Evchens Hand gehen, packt ihre Mutter um den Leib, und stellt sie zwischen seine Beine) très bonne ménagère! – sind sie denn nicht müde geworden auf dem Ball, mein Weibchen?
FR. HUMBRECHT.
Ey wer kann denn da müd werden, es gibt immer etwas zu sehn! immer was neues! ich hätt, glaub ich, noch die ganze Nacht und den ganzen Tag durch ohngegessen und ohngetrunken auf einem Fleck sitzen können.
EVCHEN.
Ich nicht! am Zusehn hätt ich gar keine Freud.
V. GRÖNINGSECK.
Du machst lieber selbst mit, nicht wahr?
EVCHEN
(unschuldig.) Ja!
FR. HUMBRECHT
(lacht; sich recht auszulachen bückt sie sich vorwärts an des Lieutenants Brust, das Gesicht von Evchen abgekehrt: Er spielt ihr am Halsband, sie drückt ihm die Hand, und küßt sie.) Das hat sie nicht [11]verstanden: müssen ihr ihre Dummheit nicht übel auslegen. (Sich aufrichtend.) Sie sind auch gar zu schlimm, daß sie es nur wissen.
MARIANEL
(bringt Essen, hernach Wein und Gläser, setzt es hin, geht ab.)
V. GRÖNINGSECK.
Allons fix! Platz genommen meine Lieben! Das Frühstück ist da; – zugegriffen! – (sie setzen sich, er legt vor) Hier Madam –
FR. HUMBRECHT.
Pfui doch! ich habs ihnen ja schon oft gesagt, ich mag nicht Madam heißen; ich bin halt Frau schlechtweg – sorgen sie aber auch für sich. –
EVCHEN.
Wo denken sie hin? was soll ich mit alle dem Essen anfangen? (will wieder in die Schüssel legen.)
FR. HUMBRECHT.
Laß