Название | 2020 hatte ich anders geplant |
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Автор произведения | Esteban Luis Grieb |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783709501320 |
Ich selbst lebe seit 7. Mai 2012 mit der sozialen Unterstützungsform der „Persönlichen Assistenz“, einer GmbH in Linz. Ihre Dienste sind für mich unentbehrlich und unersetzbar geworden. Ich kann mir als beeinträchtigter Mensch keine bessere Unterstützungsform vorstellen und wünschen. Die Persönlichen Assistenten sind „meine gesunden Hände und Füße“ – und daher bin ich so gut wie selbstständig. Dieser Tag damals im Mai hat sich mir eingeprägt, da mein neues Leben damit begonnen hat.
2016
Für mich als Sportfan fing dieses Jahr ganz toll an, und zwar mit einem österreichweiten Basketballturnier in Wels. Es war ein Nachwuchsturnier der unter 14-Jährigen im 3x3-Format, mit dem ich seit 2012 bei dem von mir selbst organisierten Turnier in Steyr, dem Resthofer Basketball-Event, spielte. Ich habe mir zwar nicht gemerkt, wer bei den Mädels bzw. Burschen gewann, doch war es eine sehr gelungene Veranstaltung, die vom Österreichischen Basketballverband in Zusammenarbeit mit unseren Freunden vom FCN Baskets Wels organisiert wurde. Zum Event war ich mit meinem Schwager Jörg gefahren, ebenfalls ein Basketball-Verrückter, der als Schiedsrichter aushalf.
Gesundheitlich war bei mir alles stabil, denn seit einiger Zeit stagnierte mein Zustand. Ich hatte es schon einige Male erlebt, dass der sonst schlechter werdende Verlauf der FA gebremst wurde und sich körperlich nichts gravierend verschlechterte. Immerhin war ich sehr aktiv und trainierte meinen Körper so gut es ging. Ich hatte bzw. habe eine Weltklasse-Physiotherapeutin – Andrea, die so gut wie niemand anderer weiß, was für mich die besten Übungen sind, um so gut wie möglich gegen die FA anzukämpfen. Darüber hinaus trainierte ich fast täglich mit meinen grünen Schwungringen, ein Gesundheits- und Trainingsgerät aus meiner Heimatstadt Steyr. Die Schwungringe tun mir sehr gut und unterstützen mich dabei, beweglich zu bleiben. Schließlich war bzw. bin ich zweimal wöchentlich in der Kraftkammer der Physikalischen Medizin im Krankenhaus Steyr aktiv, um einige Muskelpartien zu stärken. Zwei meiner Lebensmottos sind: „Wer rastet, der rostet“ und „Bewegung ist Leben“. Das Wichtigste ist, etwas zu tun, und es geht definitiv etwas weiter, auch wenn man eingeschränkt ist. Immer aktiv sein, nie den Mut verlieren.
Unglaublich, in diesem Jahr wurde ich 40. Mit diesem Alter wäre man offiziell alt, dachte ich noch als Jugendlicher. Nun sehe ich das natürlich anders. Man ist so alt, wie man sich fühlt, und die Zeit vergeht sowieso viel zu schnell. Ich wollte meinen Geburtstag gebührend feiern und sprach mich dazu mit meinem Persönlichen Assistenten (PA) ab, der auch Autobusfahrer war. Dank ihm konnte ich eine Ausflugsfahrt in die Stadt Salzburg organisieren, bei der meine Familie, außer den Kids, und Freunde dabei waren. Zuerst ging es in die Stiegl-Brauerei, um gut zu essen, einige Bierchen zu genießen und das Biermuseum zu besuchen. Im Anschluss besuchten wir noch den Hangar-7, eine Ausstellungshalle mit historischen Flugzeugen und Formel-1-Autos von Red Bull. Es war ein cooler runder Geburtstag, der wie alles, was schön ist, viel zu schnell verging.
Nochmals zu den vorhin erwähnten Schwungringen: Mit zwei Freunden arbeitete ich in diesem Jahr ein Trainingsprogramm mit diesen Ringen für Menschen mit Beeinträchtigungen aus. Wir stellten unser Projekt vielen Menschen vor, unter anderem bei einer großen Feier im Stadtsaal Steyr, in der Regionalzeitung, bei einigen Auftritten sowie direkt in einer Einrichtung für beeinträchtigte Menschen in Linz. Ich engagierte mich sehr, das Fitnessgerät so vielen Menschen wie nur möglich zu präsentieren. Die Ringe sind eine tolle Möglichkeit, auf einfache Weise etwas für seine Gesundheit zu tun. Auch zu Hause und allein kann man damit super trainieren. Wir machten unser Trainingsprojekt mit den Schwungringen auch im Internet publik und erhielten ein gutes Echo darauf.
Wie jedes Jahr fuhr ich in die Uniklinik nach Innsbruck, die die einzige Ataxie-Ambulanz in Österreich betreibt, um mich wiederum durchchecken zu lassen und vielleicht Neuigkeiten über die Erforschung der Krankheit aufzuschnappen. Seit zehn Jahren bin ich dort in Behandlung. Ich nahm bereits an einigen freiwilligen Studien teil, denn ich sage immer, dass ich damit auch einen Beitrag zur Forschung bzw. möglichen Heilung der Krankheit leiste. Solange ich in die Studienkriterien hineinpasse und mir keine Arme und Beine abgenommen werden (das sage ich immer mit einem Schmunzeln dazu), nehme ich gerne daran teil.
In Innsbruck gab es leider keine Neuigkeiten zur Forschung, nichts anderes, als man bereits im Internet finden konnte, und auch neue Studien waren nicht geplant. Also ging es für mich nach vier Tagen wieder zurück nach Hause.
In Sachen Job tat sich einiges: Ich arbeitete zehn Stunden pro Woche für die Persönliche Assistenz GmbH in Linz! Also bezog ich nicht nur deren Leistung, sondern war auch aktiver Teil des Sozialunternehmens, das wunderbare Hilfsangebote für Menschen mit Beeinträchtigung anbietet, wie ich finde. Vorrangig ging es darum, die Leistungen unseres Unternehmens bekannt zu machen. Viele Leute, darunter auch Menschen mit Beeinträchtigung, wissen leider bis heute nicht, dass es diese tolle Unterstützungsform der Persönlichen Assistenz überhaupt gibt. Wie alle zwei Jahre, hatten wir auch dieses Jahr einen Stand bei Österreichs größter Fachmesse für Pflege, Reha und Therapie, der integra in Wels. Es ging in erster Linie darum, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Viele Menschen kamen vorbei und informierten sich über unser Angebot. Es war ein ereignisreicher Tag.
Es ist bekannt, dass ich sehr gerne reise. Kurz nach der Fachmesse ging es mit meinem Persönlichen Assistenten (PA) nach Nordrhein-Westfalen. Da nahm ich also wieder die Leistung des Unternehmens als sogenannter Auftraggeber in Anspruch. Ich wollte dort unbedingt eine nette Familie besuchen, die ich im Vorjahr auf einer großen Veranstaltung kennengelernt hatte, nämlich auf der Convention der grünen Schwungringe, die sie in Norddeutschland vertrieben. Wir hatten also auch ein gemeinsames Interesse. Ich verbrachte extrem schöne Tage bei der Familie, sie wohnte in Moers, in unmittelbarer Nähe zu Duisburg, auf der anderen Seite des Rheins, im westlichen Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet ist riesig, viele Großstädte sind dort zu finden, es zählt zu den größten Ballungszentren Europas.
Wir unternahmen einiges zusammen, ich war aber auch allein mit meinem PA unterwegs. Unvergesslich war der Tag, als ich als Fußballfan total auf meine Kosten kam. Zuerst besuchten wir den Fanshop des FC Schalke 04 in Gelsenkirchen und anschließend jenen von Borussia Dortmund. Bei der zweiten Station war es sogar ein Spieltag, sehr viele Leute waren auf den Beinen. Ich wollte bereits im Vorfeld Eintrittskarten für dieses Spiel besorgen, hatte aber keine Chance. Im Shop gab es auch eine Ticket-Verkaufsstelle, und ich dachte mir, ich frage einfach nach, denn fragen kostet ja nichts. Was für ein Glück! Es gab noch Karten für mich als Rollstuhlfahrer samt Begleiter. Was für eine Freude! Ich konnte ein super Fußballspiel im größten und lautesten Fußballstadion Deutschlands genießen. Gemeinsam mit über 80.000 Zusehern feierten wir einen Sieg der Heimmannschaft und schlossen den Tag mit einem guten Bier ab.
Auch der nächste Tag war sehr cool, denn wir entschieden spontan, einen Tagesausflug zu zweit nach Amsterdam zu machen. Ich war als Kind schon einmal in der Hauptstadt der Niederlande und habe kaum noch eine Erinnerung daran. Dort angekommen, gingen wir zuerst einmal gut essen, waren im Anschluss am riesigen Museumsplatz und besuchten das Van-Gogh-Museum mit Werken des weltbekannten Malers. Für mich waren dieser Stadtteil und das Museum komplett rollstuhlgerecht, alles war eben, also konnte ich in jeder Hinsicht alles hundertprozentig genießen.
Nach den vielen herrlichen Eindrücken, die ich während der gesamten Reise sammeln konnte, ging es wieder zurück in die Heimat. Nach nur wenigen Wochen der „Normalität“ mit Training, Therapie und natürlich Arbeit ging es wieder auf Achse, und zwar nach Berlin, in die Hauptstadt Deutschlands. Mit meinen Eltern hatte ich schon seit Längerem beredet, wieder einmal einen gemeinsamen Kurzurlaub zu machen. Wir fuhren schließlich alle mit dem Auto nach Berlin. Auf der Hinfahrt legten wir einen Zwischenstopp in Prag ein, der wunderschönen Hauptstadt Tschechiens. Wir stärkten uns in einem argentinischen Restaurant und besichtigten einen Teil der historischen Altstadt in unmittelbarer Nähe des Restaurants. Mit dabei war auch mein PA, denn ich wollte