Seewölfe - Piraten der Weltmeere 201. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 201
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395378



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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-537-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

      1.

      Noch niemals, solange die Eingeborenen denken konnten, war auf Bali das Kecakfest des heiligen Affenkönigs verschoben worden. Der Affenkönig Hanuman wäre tödlich beleidigt gewesen, aber selbst er mußte diesmal ein Einsehen haben.

      Die Vorbereitungen hatten begonnen, und die jungen Mädchen tanzten den anmutigen Legong-Tanz.

      Der Balian, der Medizinmann, hob gerade beschwörend die Hände und rief den heiligen Gott Shiwa an – da begann ein zartes Rumoren.

      Anfangs klang es, als würde ganz zart eine große Trommel gerührt, deren Schall sich durch den Boden fortpflanzte. Gleich darauf folgte jedoch ein Vibrieren.

      Die Legong-Tänzerinnen mit den Mandelaugen ließen die Arme sinken. Der anmutige Tanz wurde unterbrochen, in die Gestalten kam ruckartige Bewegung, dann blieben sie entsetzt stehen.

      Durch den Boden lief nun ein hartes Grollen, und jenseits der sanft ansteigenden Berge kräuselte sich hellgrauer Rauch ganz zart in die Luft.

      Die Augen des Balian wurden groß und rund, auch er erstarrte vor Schreck.

      Doch dann ließ er sich auf den Boden fallen, kniete nieder und reckte flehend die Arme hoch.

      „Shiwa!“ rief er laut und flehend. „Herr über Leben und Zerstörung! Was haben wir getan, um uns deinen Zorn zuzuziehen? Sei gnädig, Herr, wir fürchten deinen Zorn. Verschone uns Demütige!“

      Auch die anderen, Tänzerinnen und Tänzer, Junge und Alte, fielen auf die Knie und baten mit zitternder Stimme um Verschonung.

      Die Rauchfahne des kegelförmigen Berges Gunung Agung wurde größer und dichter. Aus dem zarten Hellgrau wurde tiefes Dunkel, dann begann es tief unter der Erde donnernd zu hallen, schrecklich laut wurde das Getöse.

      Die Insulaner hörten es mit steigendem Entsetzen, sahen den schwärzlichen Rauch, vernahmen das Rumoren und versuchten verzweifelt, den wilden Gott zu besänftigen, indem sie noch lauter beteten und ihn anflehten.

      Lange Jahre hatte Shiwa geschwiegen, bis auf ein gelegentliches leises Knurren und den leichten Rauch, den er aus seinem Thron blies.

      Jetzt, gerade beim Beginn des Kecakfestes, mußte etwas seinen Zorn geweckt haben. Würde er auch diesmal wieder mit brüllenden Lavaausbrüchen Tod und Verwüstung schikken?

      Der Balian überlegte angstvoll und sah sich nach irgendwelchen Zeichen um, aber er fand keine.

      Es gab nichts, was gerechtfertigt war, Shiwas Zorn zu beschwören. Und doch war der Gott ergrimmt!

      Jetzt blies er vom Gunung Agung wieder eine schwarze Rauchwolke in die Luft, noch größer und gräßlicher als die erste, und begleitete den Rauch mit tiefem, lang anhaltendem Grollen.

      Da hielt auch den Balian nichts mehr, als ein schwerer Stoß den Boden erschütterte und die Palmen schwanken ließ. Die Teilnehmer des Festes rannten davon und verstreuten sich in alle Richtungen, wobei sie sich immer wieder zu Boden warfen und laut flehten.

      Der Medizinmann lief zum Berg und blieb am Fuße des Gunung Agung mit ausgebreiteten Armen stehen. Seine Lippen verzogen sich, er murmelte vor sich hin, beschwörend, beschwichtigend.

      Noch ein anderer war ihm gefolgt: Atun, der Priester, der jetzt ebenfalls versuchte, den zürnenden Gott zu besänftigen.

      „Sag, Herr, was haben wir getan?“ fragte der Priester. „Gib uns ein Zeichen, Herr!“

      Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der Berg schwieg, doch aus seinem Kegel drang ein Zischen, das immer mehr anschwoll.

      Shiwa schleuderte eine Handvoll roter und schwarzer Brocken aus dem dampfenden Schlund, die rollend und polternd den Hang hinabkullerten. Weder der Balian noch der blinde Priester rührten sich. Der Balian sah das Unheil, Atun hörte es, aber er lief nicht weg.

      Das Poltern der Steine wurde lauter und schwoll zu einem Getöse an, als die großen Steine sich ihren Weg suchten. Sie sprangen hoch, hüpften in langen Sätzen, kullerten oder rollten und sprangen erneut hoch in die Luft.

      „Der Herr schickt die Dämonen“, sagte der Priester, aber der Balian verstand die Worte nicht, die im Rollen der Steine untergingen. Er wußte nur, daß der Berg ein Opfer wollte – ihn oder den Priester.

      Und so geschah es auch.

      Einer der polternden Steine traf Atun, und der Priester starb, ohne zu klagen, ohne ein Wort auf den Lippen.

      Danach war alles vorbei. Der blinde Atun war tot, er lag still und friedlich auf dem Boden, dicht neben dem Stein, der ihn erschlagen hatte.

      Der Gunung Agung wurde ruhig, bis auf eine kleine weißgraue Rauchfahne, die immer noch seinem Kegel entströmte. Das Rumpeln und Dröhnen, Poltern und Zittern hörte auf.

      Dafür aber sah der Balian etwas anderes, als er aufs Meer blickte.

      Es schien am Horizont zu kochen und zu brodeln, und es wurde immer unruhiger.

      Lange, schäumende Wellen liefen auf den Strand.

      Etwas später bewegte sich eine Prozession zum Strand hinunter, die von dem Balian angeführt wurde.

      Die Leute drehten sich immer wieder scheu um und warfen heimliche Blikke zu dem Berg, von dem Shiwa gesprochen hatte. Shiwa, der Herr, hatte dem eigentlichen Vulkangott Basaki den Ausbruch befohlen, aber Shiwa war mächtiger, und der Balian hielt sich in seinen Gebeten immer an ihn.

      Es schien, als seien alle beide besänftigt, denn noch immer drang nur eine schwache Rauchfahne aus dem Krater.

      Dafür war das Meer um so wilder und aufgepeitschter, obwohl nicht viel Wind wehte.

      Die Prozession schritt zum Wasser, wo sich der große Seetempel befand, der den Seefahrern Schutz vor Dämonen bot.

      Obwohl Ebbe herrschte und der Seetempel sich dann auf Land befand, stand er diesmal tief im Wasser. Eine langgezogene Dünung rannte gegen ihn an, und weiße Schaumkronen brachen sich an ihm. Gischt stäubte auf, in langen dünnen Schleiern, die wie Spinnweben pausenlos in der Luft hingen.

      Vor dem heiligen Seetempel verharrte die Menge, jung und alt blieben stehen und sahen auf den Balian, der geistesabwesend einen vierfachen magischen Kreis andeutete und erst dann mit hoch erhobenen Armen den Seetempel betrat.

      Er wirkte wie in Trance, sein Blick war veschleiert, seine Bewegungen waren marionettenhaft.

      Dann verschwand er in dem Merus, dem Seetempel, der aus sieben übereinandergestellten Dächern bestand.